Ein Benidorm ohne Briten
Eins muss man der englischen Nationalmannschaft lassen: solidarisch sind sie. Frei nach dem Motto „Wenn schon, denn schon“ließen sie sich am Montag von Island aus der EM kicken. Vielleicht hatten die Fußballer den Brexit auch einfach nicht verstanden. Wie anscheinend auch der Rest der Briten. Wussten die Spieler denn überhaupt, was sie da tun? Und gibt es schon eine Petition, in der die Wiederholung des Spiels gefordert wird?
Wie Jugendliche nach einer langen Partynacht kommen die Briten langsam zur Besinnung und fragen sich: „Was ist der Brexit überhaupt?“Wenn Donald Trump zu einer Entscheidung gratuliert, der britische Sender BBC, Noch-Premierminister James Cameron in Bauchbinden als „menschliches Desaster“betitelt und die zweithäufigste Google-Suchanfrage im Königreich nach der Wahl plötzlich „Was ist die EU?“lautet, fangen anscheinend sogar die Engländer an, sich Gedanken zu machen, wofür sie da denn eigentlich ihr Kreuzchen gesetzt haben.
Nun folgt der große „Bregret“. Die Reue. Wie Kinder, die sich zwischen Eis und Fernsehen entscheiden müssen und nach dem Eis feststellen, dass Fernsehen doch die bessere Wahl gewesen wäre, versuchen sie händeringend ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Davon kann sich jeder selbst überzeugen, der in Benidorm ein paar Worte mit britischen Touristen wechselt. Sie scheuen gar nicht erst davor zurück, das Klischee zu erfüllen und setzen noch die obligatorische Kirsche auf die Sahnehaube.
Aussagen wie „Ich dachte, meine Stimme sei nicht wichtig“oder „Ich hab’ für raus gestimmt, würd’ jetzt aber doch gern drin bleiben“sind Standard. Dass man mit Anfang 20 noch keine eigene Meinung hat anscheinend Voraussetzung. Doch was kommt als Nächstes? Verlassen die Briten auch die Costa Blanca? Aller guten Dinge sind drei. Man stelle sich Benidorm vor. Leergefegt. Kein Mensch auf der Straße. Oder wäre das die Chance endlich Weltkulturhaupstadt zu werden? Vielleicht wollen ja auch die Isländer übernehmen. Für die sind jedenfalls alle Daumen gedrückt. Wer weiß, vielleicht klappt’s ja erst mit der EM und dann mit der EU. Ein Platz ist jetzt schließlich wieder zu vergeben.