Nicht allein ins Meer
Tödliche Badeunfälle häufen sich – Rettungschwimmer warnt davor, alleine ins Wasser zu gehen
Schon zwölf Badetote im Juni: Rettungsschwimmer in Calp warnt vor Gefahren im Wasser
Die starke Strömung an Calps Playa Borumbot ist berüchtigt. Ob sie Mitschuld am Tod eines 79-jährigen Madriders am Donnerstag, 23. Juni, hat? Vielleicht. Fest steht, dass der erfahrene Schwimmer sich trotz gelber Flagge an jenem Morgen entschloss, ins Wasser zu gehen – ein folgenreicher Fehler.
Rettungsschwimmer Rafa Espejo aus Córdoba, der in dieser Saison an der Cala Puerto Blanco im Einsatz ist, kann ältere Badegäste gar nicht oft genug davor warnen, sich nicht alleine ins Wasser zu wagen. „Selbst wenn man ein guter Schwimmer ist, das ist fahrlässig“, sagt der 29-Jährige. „Die größte Gefahr zu ertrinken, besteht meiner Erfahrung nach für Ältere, noch vor den unbeaufsichtigten Kleinkindern.“
Der Mann, der am Donnerstag ertrank, hatte sich am Morgen in die Fluten gestürzt. „Unglücklicherweise hatte zu dieser Uhrzeit der Dienst der Kollegen dort noch nicht begonnen“, erklärt Espejo. Er ist seit sechs Jahren als Socorrista im Einsatz, es ist sein erstes Jahr in Calp.
Auffällig viele Badetote
Dass es in der Gegend schon jetzt zu Beginn der Saison so viele Badetote gegeben hat, lässt ihn aufhorchen. Auch in Dénia, Moraira und Benidorm hat es bereits Badeunfälle gegeben. Alle Verunglückten waren ältere Schwimmer.
Dem 79-Jährigen in Calp könnte die starke Strömung zum Verhängnis geworden sein, sagt Espejo und deutet auf eine dunkle Stelle im Wasser, die man von der Cala Puerto Blanco aus gut sehen kann. Auch hier gibt es gefährliche Strömungen, genau wie am BorumbotStrand zwischen Puerto Blanco und Arenal-Bol. „Je dunkler das Wasser, desto mehr bewegt es sich und desto gefährlicher ist damit die Strömung“, sagt Espejo.
„Wer bemerkt, dass er in einen Sog geraten ist, sollte versuchen, parallel zum Ufer herauszu- schwimmen und erst dann Richtung Strand zu steuern.“
Während er erklärt, ist sein Blick konzentriert aufs Wasser gerichtet. „Sehen Sie die Leute, die da drüben an den Felsen klettern?“, fragt er und deutet ans Ufer auf der linken Seite der Cala. „Auch die muss ich im Auge behalten. Sie könnten auf die Idee kommen, von dort aus ins Meer zu springen“, sagt der 29-Jährige.
Das, und beispielsweise auch das Vorhaben, zur letzten Boje zu schwimmen, die den Badebereich markiert, gehöre zu den Mutpro- ben, die Schwimmer lieber bleiben lassen sollten, erklärt Espejo. Dann ist da noch ein Sonnenstich, der sich mit der Anstrengung im Wasser nicht gut verträgt und der Klassiker, mit vollem Magen ins Wasser zu gehen.
Wer einem Ertrinkenden helfen muss, sollte zuerst einen Notruf absetzen und niemals einfach hinterherspringen. „Wer ertrinkt, ist so in Panik, dass er sich an allem festkrallt, was er fassen kann und den Helfer mit unter Wasser zieht“, so der Rettungsschwimmer, der deshalb auch niemals ohne sei- ne Rettungsboje ins Wasser gehen würde. Die wirft er dem Opfer zu, dann kann es sich daran festhalten.
Wer es tatsächlich schafft, das Opfer an Land zu bringen, sollte zuerst nachsehen, ob es bei Bewusstsein ist. „Ist das der Fall, heißt der erste Schritt stabile Seitenlage“, erklärt er. Ist das Opfer ohnmächtig, muss mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden. Empfohlen werden aktuell 30 Mal Herzdruckmassage, abgelöst von zweimal Beatmen. Wer Kontakt mit einer Qualle hatte, sollte die Verbrennung unter keinen Umständen mit Leitungswasser kühlen, warnt Espejo. „Besser sind einfach Meerwasser oder Essig.“
„Manche bedanken sich, andere siehst du nie wieder“
Espejo ist seit sechs Jahren leidenschaftlicher Rettungschwimmer, war unter anderem in Melilla und Málaga im Einsatz. „Gefährliche Rettungen habe ich bisher fünf erlebt, gestorben ist zum Glück niemand“, sagt er. „Manche Geretteten bedanken sich danach überschwänglich, von anderen hört man nie wieder was, aber das ist okay“, sagt er.
Um sich für den Ernstfall fit zu halten, schwimmt der 29-Jährige morgens vor Dienstbeginn eine Runde – auch, um gleich die Wasserbedingungen zu überprüfen. Die Verantwortung sei riesig, weshalb der 29-Jährige auch der Meinung ist, dass Rettungschwimmer in Spanien viel zu schlecht bezahlt seien.
„Vor einigen Jahren konnte man richtig gut davon leben, um die 2.000 Euro verdienen“, sagt er, „heute ist es nur noch die Hälfte“. Der Grund, meint Espejo, sei auch das Überangebot an nicht ausreichend qualifizierten Socorristas. Eine Gefahr, denn im Ernstfall muss der Rettungsschwimmer zunächst alleine entscheiden, muss jeder Handgriff sitzen.