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Sextoys, Fischköder, Plüschtiere: An spanischen Automaten bekommt man heutzutage mehr als nur Kaffee und Kaltgetränke
Rosen, Plüschtiere oder Fischköder lassen sich rund um die Uhr aus Automaten ziehen. Snacks und Getränke sowieso. Was von den Leuten gerne angenommen wird, killt auf der anderen Seite Arbeitsplätze. Das ist in einem Land wie Spanien nicht unproblematisch.
Sie haben keinen Ruhetag, geschweige denn Ferien, sie werden nicht krank und vor ihnen bilden sich im Normalfall auch keine langen Schlangen, in die man sich einreihen muss. Vor ein paar Jahren noch eine Rarität, findet man sie heute an fast jeder Ecke: Automaten, an denen man rund um die Uhr die verschiedensten Produkte kaufen kann. Die Zeiten, in denen das nur Zigaretten, Kaffee oder Kaltgetränke waren, sind längst vorbei.
Fischköder, Viagra, Minivibratoren, Handschellen, Liebeskugeln, eine Gummipuppe namens Romping Rosy (Bums-Rosy), Longpapers zum Drehen von Joints, Crusher (Mühlen) zum Zerkleinern von Gras, Alkohol- und Schwangerschaftstests, Tampons, Babypuder, Tabletten gegen Blähungen, Oliven, Popcorn, zum direkten Verschenken hergerichtete Blumen- stöcke, Plüschtiere, Babybrei, Blasenpflaster und Döner mit Kalbfleisch – das ist nur eine kleine Auswahl der Produkte, die man hierzulande 24/7 an den eigenständigen Mini-Märkten bekommt.
Kann Spanien mit dieser Bandbreite an Produkten schon bald mit Japan mithalten? Mit rund 5,5 Millionen Geräten im ganzen Land liegt der Inselstaat im Pazifik hinsichtlich der Quote der Verkaufsautomaten pro Kopf weltweit an erster Stelle. In Spanien gibt es zwar deutlich weniger Automaten, in den letzten Jahren sind die Zahlen dennoch angestiegen.
Das Geschäftsmodell, das immer mehr an Präsenz gewinnt, stellt eine interessante Alternative zu den traditionellen Läden dar, bringt gleichzeitig aber auch Gefahren für Letztere mit sich. Sara García, Gewerkschafts- und Gleichberechtigungssekretärin der Unión Sindical Obrera (USO), sieht die aktuelle Entwicklung des Automaten-Geschäfts für den Einzelhandel sehr kritisch. „Die Automatisierung vernichtet Arbeitsplätze, was angesichts der gegenwärtigen Arbeitslosenzahlen wenig da- zu beitragen wird, dass sich die Wirtschaft unseres Landes erholt.“Momentan liegt die Arbeitslosenquote in Spanien bei 20 Prozent. Damit ist das Land auf Platz zwei der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Nur in Griechenland ist es um den Arbeitsmarkt noch schlechter bestellt. Vor allem die Jugend ist in Spanien betroffen.
Von den unter 25-Jährigen haben 45,5 Prozent keinen Job. Alle sprechen daher von der Generation „Ni-Ni“(Weder-Noch-Generation). Die Abkürzung steht für „Ni estudian, ni trabajan“(Weder studieren sie, noch arbeiten sie).
Welchen Anteil hat das Automaten-Geschäft an den Arbeitslosenzahlen? Die Folgen der Verbreitung der „mechanischen Arbeitskräfte“sind laut García offensichtlich. „Je mehr Automaten es gibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass Unternehmen auf reale Arbeitskräfte verzichten und der Einzelhandel nach und nach verschwindet.“Laut der Gewerkschaftssekretärin werden von den Maschinen zwar in vielen Fällen keine wirklich notwendigen Dinge angeboten, sondern häufig solche, die nur wegen der Art, wie sie präsentiert werden, die Aufmerksamkeit des Käufers auf sich ziehen. Dennoch sei die Konkurrenz mit den Automaten für die Einzelhändler vor allem im Bereich Ernährung ein unfairer Wettbewerb.
Reale Nachfrage
Den größten Vorteil, den die realen Läden gegenüber den automatischen ohne Personal ihrer Meinung nach haben, sei die Beratung. Deswegen würden Kunden, wenn sie die Wahl haben, lieber in einem echten Laden statt am Automaten einkaufen. Auch um verschiedene Produkte präsentiert zu bekommen und sicher zu gehen, dass der Artikel, den sie kaufen, auch wirklich der richtige und preisgünstigste ist. Ein Automat biete einem weder eine vergleichbare Auswahl noch ei- nen solchen Service. Auch von Rabatten könnten Automaten-Käufer nicht profitieren. Trotz der Nachteile würde es vor allem in Einkaufszentren, öffentlichen Gebäuden, an Bahnhöfen, Flughäfen und Bushaltestellen eine reale Nachfrage für den Sektor geben, so Rubén Ranz, Sprecher des Handelssektors der UGT (Unión General de Trabajadores). Am rentabelsten seien in der Tat Automaten mit Essen, Süßem oder Getränken. Geräte mit sehr spezifischen und teureren Produkten aufzustellen, würde sich laut Ranz nicht lohnen. Potenzielle Kunden, so der Sprecher der UGT, würden vergleich- bar hohe Preise aufgrund mangelnden Vertrauens in die Technik der Geräte nicht zahlen. Auch Kleidung, Geschenk, Parfüm oder Druckerpatronen aus dem Automaten würden keine Abnehmer finden.