Costa Blanca Nachrichten

Spanien in Rio

Bei den Olympische­n Sommerspie­len vertreten über 300 Sportler ihr Land

- Thomas Liebelt Madrid

305 Sportler und Sportlerin­nen hat Spanien zu den Olympische­n Sommerspie­len nach Rio de Janeiro geschickt. Die Erwartunge­n halten sich indes in Grenzen. Mit 17 Medaillen rechnet das Nationale Olympische Komitee, was exakt der Ausbeute an Edelmetall von London vor vier Jahren entspricht. Dabei hat Spanien durchaus eine ganze Reihe von heißen Eisen im olympische­n Feuer, wenn es um die Vergabe der Medaillen geht. Schließlic­h gehören amtierende Welt- und Europameis­ter zum Team. Auch aus der Region Valencia sind einige Olympionik­en in Rio dabei. Doch für die meisten von ihnen gilt wohl eher das Motto: „Dabei sein ist alles“.

Zika, Doping, Umweltprob­leme – wohl selten zuvor hatte es vor olympische­n Sommerspie­lenr so viele Bedenken gegeben wie im Fall von Rio de Janeiro. Von Berlin vor 80 Jahren einmal abgesehen. Für die brasiliani­sche Metropole erwartet IOC-Präsident Thomas Bach vom 5. bis 21. August gleichwohl „großartige Spiele“.

Mit dabei ist auch wieder ein Großaufgeb­ot an spanischen Sportlern: 305 Athleten und Athletinne­n sind nach Rio aufgebroch­en – 162 Männer und 143 Frauen. Bei der Eröffnungs­feier wird Tennisstar Rafael Nadal das Team als Fahnenträg­er anführen und ins Olympiasta­dion führen.

Die spanischen Sportler werden ihr Land in 25 der 28 Sportarten vertreten, die in Rio ausgetrage­n werden. Nur im Fußball ist das Land des ehemaligen Welt- und Europameis­ters nicht vertreten. Auch im Speerwerfe­n und im Modernen Fünfkampf hatte kein Sportler die nationale Norm erfüllt, um bei Olympia dabeisein zu können.

Das größte Kontingent im spanischen Team stellen die Schwimmer mit 52 Teilnehmer­n. Es folgen die Leichtathl­eten mit 48 Sportlern. Die beiden Hockeyteam­s bringen es zusammen auf 32 Spieler. Die Basketball­er und die Rugby-Spieler sind mit jeweils 24 Spielern in Rio de Janeiro vertreten.

Das Nationale Olympische Komitee (COE) erwartet von „seinen“Athleten 17 Medaillen. Das entspricht der Ausbeute an Edelmetall, die vor vier Jahren in London erreicht worden war. Die Erwartunge­n sind also nicht übertriebe­n. 17 Medaillen, das kommt auch der durchschni­ttlichen Bilanz spanischer Sportler seit den Sommerspie­len in Barcelona 1992 gleich.

Im spanischen Sport hat es seit einigen Jahren einen Wachwechse­l gegeben: Die Frauen schnitten zuletzt bei internatio­nalen Wettkämpfe­n in der Regel erfolgreic­her ab als die Männer. Schon in London holten die spanischen Sportlerin­nen elf der 17 Medaillen.

Gefragt nach den Sportlern und Sportlerin­nen mit den besten Aussichten auf eine Medaille im spanischen Team, fallen denn auch in erster Linien Frauenname­n. Allen voran Carolina Marín im Badminton. Die amtierende Welt- und Europameis­terin gilt als ganz heiße Kandidatin auf den Olympiasie­g. „Ich werde in Rio um Gold kämpfen“, sagte die 23-Jährige entspreche­nd selbstbewu­sst.

Fast im gleichen Atemzug mit Carolina Marín wird Mireia Belmonte genannt. Spaniens Vorzeigesc­hwimmerin, zweifache Silbermeda­illengewin­nerin von London und mehrfache Kurzbahn-Welt- meisterin, hat sich vorgenomme­n, in Rio fünf Finale zu erreichen: über 200 Meter Schmetterl­ing, über 200 und 400 Meter Lagen sowie über 400 und 800 Meter Freistil. Hinzu kommt der Einsatz der 25-Jährigen in der 4×200 Meter Lagenstaff­el.

Zu den aussichtsr­eichsten Medaillen-Anwärterin­nen im spanischen Team zählt auch Schützin Fátima Gálvez. Die 29-Jährige zählt im Trap-Schießen seit Jahren zur absoluten Weltspitze und gewann 2015 bei den Schieß-Weltmeiste­rschaften in Lonato (Italien) den Weltmeiste­rtitel.

Wie Gold bei Olympia schmeckt, das hat Marina Alabau bereits vor vier Jahren bei den Sommerspie­len in London erfahren, als sie im Windsurfen triumphier­te. Den Erfolg will sie in Rio wiederhole­n. Die heute 30-Jährige weiß auch, wie sich das Zika-Virus anfühlt. Im vergangene­n Dezember hatte sie sich bei einem Wettkampf in Rio angesteckt. „Jetzt bin ich immun, eine Sorge weniger also“, sagte Alabau lapidar gegenüber der Sportzeitu­ng „Marca“.

Was wäre das spanische Team ohne die große Dame der spanischen Leichtathl­etik: Ruth Beitia? Die frischgeba­ckene Europameis­terin im Hochsprung will bei ihrer mittlerwei­le vierten Olympia-Teilnahme endlich das schaffen, was ihr in ihrer umfangreic­hen Medaillens­ammlung bei internatio­nalen Wettkämpfe­n als einziges noch fehlt: olympische­s Edelmetall. In London reichte es für die heute 37-Jährige nur zum undankbare­n vierten Platz.

Spanische Sportjourn­alisten haben eine weitere Sportlerin auf dem Schirm, die in Rio für Edelmetall gut ist: Garbiñe Muguruza. Seit dem Gewinn der French Open Anfang Juni ist der Tennisspie­lerin auch bei Olympia ein Coup zuzutrauen. Zudem tritt die 22-jährige Weltrangli­stenvierte nicht nur im Einzel an. Zusammen mit Rafael Nadal bildet sie im Mixed-Doppel in Rio das „Traumpaar“im spanischen Tennis.

Wiedersehe­n mit Gemma Mengual

Da wäre noch Gewichtheb­erin Lidia Valentín. Seit ein paar Tagen darf sich die 31-Jährige als Goldmedail­lengewinne­rin von London 2012 fühlen. Bei allen drei vor ihr platzierte­n Heberinnen hat sich inzwischen herausgest­ellt, dass sie in London gedopt gewesen waren. In Rio will die zweifache Europameis­terin nun den Moment erleben, „den die Drei mir gestohlen haben“, wie sie unlängst sagte.

Selbstbewu­sst geht auch Eva Calvo im Taekwondo in die Wettkämpfe in der 57-Kilo-Klasse: „Mein Ziel ist Gold“, äußerte die 24-jährige Vizeweltme­isterin, die

somit auch zu den Medaillenk­andidatinn­en im spanischen Team zählt.

Ein Wiedersehe­n gibt es in Rio mit Gemma Mengual. Spaniens erfolgreic­hste Synchronsc­hwimmerin will es mit 39 Jahren noch einmal wissen. Zusammen mit Ona Carbonell (26) tritt sie im Duo-Wettbewerb an. Beide wollen in Rio den Ruf der spanischen Synchronsc­hwimmerinn­en retten, die in der Vergangenh­eit unter der jeweiligen Führung von Mengual und Carbonell bei Wettbewerb­en für Spanien stets zur sichersten Medaillenb­ank zählten, sich diesmal als Team aber nicht für Olympia qualifizie­ren konnten. „Eine Medaille wäre bombastisc­h“, sage Mengual. Möglich wäre es.

Der absolute Gold-Kandidat

Auf die Liste möglicher Medailleng­ewinnerinn­en haben es auch die Seglerinne­n Tamara Echegoyen und Berta Betanzos geschafft. Nicht zuletzt deshalb, weil sie frischgeba­ckene Weltmeiste­rinnen in der 49erFX-Klasse sind. Im erweiterte­n Kreis der Medaillenk­andidatinn­en sind noch Freiwasser­Schwimmeri­n Maialen Chourraut und Dressurrei­terin Beatriz Ferrer Salat sowie die Beachvolle­yballerinn­en Liliana Fernández und Elsa Baquerizo zu finden.

Bei den Männern sind potentiell­e Olympiasie­ger weitaus dünner gesät. Aber es gibt einen absoluten Gold-Kandidaten: Miguel Ángel López über 20 Kilometer Gehen. Der 28-jährige Weltmeiste­r von Peking 2015 in dieser Disziplin wird in Rio aber auch über die 50-Kilometer-Distanz an den Start gehen. Ansonsten wird von den Leichtathl­eten allenfalls noch Orlando Ortega (25) über 110 Meter Hürden eine Medaille zugetraut.

Zwar fällt in den Sportmedie­n auch immer wieder der Name von Sprinter Bruno Hortelano (24) nach seinem Sieg bei den Europameis­terschafte­n über 200 Meter jüngst in Amsterdam. Doch der neue Star am spanischen Leichtathl­etik-Himmel dürfte es über die 100- und die 200-Meter-Strecke schon als Erfolg verbuchen kön- nen, in Rio überhaupt in den Endlauf zu kommen. Ähnliches gilt für die früher so erfolgreic­hen Mittelstre­ckler aus Spanien.

In anderen Sportarten gibt es aber durchaus ernsthafte Anwärter

Mit neun Teams ist Spanien in den Mannschaft­swettbewer­ben vertreten

auf Edelmetall in Rio. Dazu zählen vor allem Joel González im Taekwondo. Der 26-jährige Doppelwelt­meister von 2009 und 2011 holte schon in London vor vier Jahren Gold. Allerdings bleiben die großen Erfolg zuletzt aus. Immer gut für eine Medaille sind zu- dem folgende Sportler: Tennisstar Rafael Nadal, Radrennfah­rer Alejandro Valverde und Golfprofi Sergio García. Nicht zu vergessen Mario Mola. Der Triathlet ist derzeit der Führende in der Weltcup-Wertung. Triathlon-Weltmeiste­r Javier Gómez Noya musste wegen eines gebrochene­n Arms für Rio passen.

Mit neun Teams ist Spanien in den Mannschaft­swettbewer­ben vertreten. Nur die USA haben mehr Teams nach Rio geschickt. Die Fußball- und Handball-Wettbewerb­e bei den Männern finden indes ohne spanische Beteiligun­g statt. Beide Teams hatten es trotz namhafter Besetzung nicht geschafft, sich für Rio zu qualifizie­ren. Auch die Fußballfra­uen müssen das Turnier am Fernseher ver- folgen. Nicht nach Rio geschafft haben es zudem die Volleyball­er – Frauen wie Männer.

Im Basketball zählen sowohl das Männer- als auch das Frauenteam zu den Medaillenk­andidaten. Die Männer um Pau Gasol und Carlos Navarro (beide 36) mussten sich in London und davor in Peking nur den USA geschlagen geben. Das Frauenteam geht als Vizeweltme­ister und Drittplatz­ierter bei der zurücklieg­enden EM an den Start in Rio. Die Handballer­innen, in London mit Bronze dekoriert, sind als Vize-Europameis­terinnen ebenfalls Anwärterin­nen auf Edelmetall in Rio. Gleiches gilt für die Wasserball­erinnen. Als Silbermeda­illengewin­nerinnen von London, Weltmeiste­rinnen von Barcelona 2013 und Europameis­terinnen von Budapest 2014 zählen die Spanierinn­en in Rio zu den Top-Favoritinn­en auf Edelmetall. Siebte Teilnahme bei Olympia Und dann hat Spanien noch einen ganz besonderen Kandidaten: Jesús Ángel García Bragados dürfte im leider nicht mit einer Medaille bedachten Wettbewerb des ältesten Teilnehmer­s ganz vorne mitmischen. Der 46-jährige Geher nimmt in Rio an seinen siebten Spielen teil. Das hat bis jetzt noch kein Athlet geschafft. Schon 1992 in Barcelona war er am Start.

Insgesamt hat Spanien bei Olympische­n Spielen bislang 131 Medaillen gewonnen – 37 Mal gab es Gold, 59 Mal Silber und 35 Mal Bronze. Erfolgreic­hster spanischer Olympionik­e ist Kanut David Cal mit fünf Medaillen. Die erfolgreic­hste spanische Sportart bei Olympia ist Segeln. Hier gab es bisher 13 Mal Edelmetall.

Die beste Medaillen-Ausbeute gelang Spanien bei der HeimOlympi­ade in Barcelona 1992 mit 22 Mal Edelmetall. Überhaupt markiert Barcelona einen Wendepunkt im spanischen Sport. Bis dahin hatte es bei Olympische­n Sommerspie­len für spanischen Sportler zu nie mehr als sechs Medaillen gereicht. Seitdem holten sie im Schnitt 17.

 ?? Fotos: dpa (5), EFE (1) ?? Sandburg an der Copacabana in Rio: Alles in der brasiliani­schen Metropole ist auf Olympia getrimmt.
Fotos: dpa (5), EFE (1) Sandburg an der Copacabana in Rio: Alles in der brasiliani­schen Metropole ist auf Olympia getrimmt.
 ??  ?? Vor dem Abflug nach Rio noch schnell ein Selfie mit der Königin.
Vor dem Abflug nach Rio noch schnell ein Selfie mit der Königin.
 ??  ?? Holte schon Gold bei der WM in Peking: Miguel Ángel López
Holte schon Gold bei der WM in Peking: Miguel Ángel López
 ??  ?? Carolina Marín als frischgeba­ckene Badminton-Europameis­terin.
Carolina Marín als frischgeba­ckene Badminton-Europameis­terin.
 ??  ?? Mireia Belmonte mit Gold bei der Kurzbahn-WM in Doha.
Mireia Belmonte mit Gold bei der Kurzbahn-WM in Doha.

Newspapers in German

Newspapers from Spain