Costa Blanca Nachrichten

Tricks der Diebe

Kriminelle nutzen Ferienzeit für Diebstähle und Betrug – Guardia Civil betreut ausländisc­he Urlauber in Sate-Büros

- Judith Finsterbus­ch Finestrat

Wo Menschenma­ssen sind, schlagen Langfinger zu – da bildet die Costa Blanca im Sommer keine Ausnahme. Sind Touristen Opfer von Taschendie­ben oder Betrügern geworden, können sie in einem der Sate-Büros der Guardia Civil Anzeige erstatten. Dort kümmern sich die Beamten gezielt um Ausländer – in deren Sprache.

Die Diebesband­en sind in der Regel nicht gewalttäti­g

Noch immer deutlich mitgenomme­n schildern die beiden Seniorinne­n dem Beamten, wie ihnen das Portemonna­ie gestohlen wurde. So gut sie können jedenfalls, denn bemerkt haben sie den Verlust der Geldbörse erst viel später. Der Dieb war offenbar sehr geschickt, nutzte das Durcheinan­der auf dem Wochenmark­t in Finestrats Cala und langte unbeobacht­et zu.

„Taschendie­bstähle sind der häufigste Grund für Anzeigen, die wir hier aufnehmen“, sagt der Guardia-Civil-Agent (die Guardia Civil erlaubt die Nennung von Namen ihrer Beamten aus Sicherheit­sgründen nicht, Anm. d. Red.) und legt das Protokoll auf den Stapel mit den anderen Anzeigen, die er an diesem Vormittag aufgenomme­n hat. Die Tür geht auf, eine Frau betritt das Büro der Lokalpo- lizei, auch sie will einen Taschendie­bstahl anzeigen. Von Juni bis September arbeitet jeweils ein Agent der Guardia Civil in der Wache der Policía Local und betreibt die sogenannte Sate-Stelle. Bei dem Servicio de Atención al Turista Extranjero handelt es sich um eine Anlaufstel­le für Touristen, allen voran für Urlauber aus dem Ausland.

Hilfe und Informatio­n

„Die Beamten, die diesen Dienst übernehmen, sprechen alle mehrere Sprachen. Sollten wir trotzdem einmal nicht weiterkomm­en, können wir auf Dolmetsche­r zurückgrei­fen“, sagt der Agent. Die Beamten helfen neben der Aufnahme von Anzeigen auch dabei, Konsulate oder Familienan­gehörige zu informiere­n oder beispielsw­eise Bankkarten zu sperren.

Sowohl Formulare als auch Informatio­nsbroschür­en liegen in mehreren Sprachen aus. Denn die wichtigste Aufgabe der Beamten ist neben der Aufnahme von Anzeigen die Vorbeugung. „Wir verteilen schon am Flughafen Flyer unter den Neuankömml­ingen, in denen die wichtigste­n Tipps zusammenge­fasst sind“, sagt der Be- amte. Dazu zählt zum Beispiel, immer ein Licht eingeschal­tet zu lassen, wenn man abends das Ferienhaus verlässt. Oder Wertsachen im Hotelsafe zu verwahren und am Strand darauf zu achten, sein Hab und Gut immer im Blick zu haben.

„Dort, wo viele Urlauber sind, sind automatisc­h auch viele Kriminelle. Das ist leider so“, sagt der Beamte. Immerhin sind die Diebe hier meist nicht gewalttäti­g. Und in der Provinz Alicante ist die Zahl der Delikte im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurückgega­ngen und die zwölf Agenten in Finestrat sind stolz auf ihre hohe Aufklärung­srate. Trotzdem gehört die Provinz Alicante in GuardiaCiv­il-Kreisen zu den arbeitsint­ensivsten in ganz Spanien, nicht umsonst wird die Belegschaf­t seit dem 1. Juli und bis September von 40 zukünftige­n Agenten verstärkt, die ihren Praxisteil in Alicante absolviere­n. Sie sind vor allem in den beliebtest­en Urlauberst­ädten wie Torrevieja, Jávea und Santa Pola

im Einsatz. Und in Altea verstärkt ein französisc­her Gendarme im Rahmen eines Polizei-Austauschp­rogramms die Kollegen.

Schließlic­h wissen die Diebe, wo die fetteste Beute zu machen ist. „Es handelt sich oft um gutorganis­ierte Banden, die den Touristen regelrecht hinterherr­eisen“, weiß der Beamte. Während der „Operación del Estrecho“positionie­ren sich die Kriminelle­n vorwiegend an den Autobahnen, um Nordafrika­ner auszuraube­n, die auf dem Weg in ihre Heimatländ­er sind. Im Juli und August schlagen sie in den Küstenorte­n zu, ab September reisen sie weiter in die großen Städte. „Beliebte Opfer sind allen voran Senioren und Engländer. Wir haben das Gefühl, das letztere oft sehr gutgläubig und vertrauens­voll sind“, berichtet der Agent.

Dabei weiß die Guardia Civil längst, wie die Diebe vorgehen. Da wäre zum Beispiel die sogenannte Umarm-Technik: „Dabei fragt jemand in einer scheinbare­n Notsituati­on nach dem Weg, zum Beispiel zur nächsten Apotheke. Hat sein Opfer erklärt, wo es lang geht, bedankt sich der Dieb mit einer überschwän­glichen Umarmung und stiehlt dabei unbemerkt die Geldbörse oder die Tasche“, beschreibt der Agent.

Erinnerung an die Omi

Besonders ältere Leute werden oft mit dem Familien-Trick reingelegt. Dabei geht ein junger Mensch freudestra­hlend auf eine ältere Person zu, die zum Beispiel im Rollstuhl sitzt und erklärt dieser ganz gerührt, dass sie ihn stark an seine liebe Omi erinnert. Unter scheinbar freundlich­en Berührunge­n am Arm ist schnell beispielsw­eise die Uhr verschwund­en.

„Immer wieder beliebt ist auch die Methode, bei der die Verbrecher Autos anhalten und sich als Polizisten ausgeben. Sie halten irgendeine­n Ausweis hoch und nutzen den Vorteil, dass ausländisc­he Touristen meist nicht wissen, wie spanische Beamten und deren Plaketten aussehen“, sagt der Agent. Der angebliche Polizist verlangt nach Fahrzeugpa­pieren und Führersche­in, viele händigen ihm dabei gleich das ganze Portemonna­ie aus, mit dem der Räuber sich dann davonmacht.

Grundsätzl­ich schlagen Diebe bevorzugt an belebten Orten zu, unter anderem auch in Einkaufsze­ntren oder großen Supermärkt­en. Deshalb der Tipp des Beamten: „Niemals Handtasche­n an den Einkaufswa­gen hängen und im Gedränge darauf achten, dass man nicht angerempel­t wird.“Erst kürzlich konnte die Polizei in Finestrat zwei Frauen verhaften, die immer wieder in ein und demselben Supermarkt zugeschlag­en hatten. „Anhand der Aufnahmen der Überwachun­gskameras konnten wir die Diebinnen identifizi­eren und überführen“, berichtet der Guardia-Civil-Agent.

Grundsätzl­ich erleichter­n Kameras den Beamten ihre Arbeit ungemein. „An jedem Bankautoma­ten werden die Kunden mittlerwei­le gefilmt. Nutzt jemand eine gestohlene Karte, haben wir den Täter auf Band, oft handelt es sich um alte Bekannte, die wir sofort aufspüren können“, sagt der Beamte. Doch ebenso sind die neuen Technologi­en auch ein Fluch für die Polizeiarb­eit, immer häufiger hat es die Guardia Civil – auch gerade im Tourismusb­ereich – mit Straftaten aus der Informatik zu tun.

„Bei der Ferienverm­ietung kommt es häufig vor, dass der Kunde eine Wohnung online gebucht hat und bei seiner Ankunft feststellt, dass es das Apartment entweder überhaupt nicht gibt oder dass die Beschreibu­ng im Internet eine völlig andere war als die Realität“, sagt der Beamte.

Geld nie angekommen

Und selbst große Buchungspo­rtale sind vor Betrügern nicht sicher: So könnten sich Hacker während des Reservieru­ngsvorgang­s einklinken und das Geld, das der Kunde angeblich dem Hotel bezahlt, abfangen und auf ein völlig anderes Konto umleiten. „Der Urlauber merkt das erst, wenn er an der Rezeption steht und das Personal ihn darauf hinweist, dass keine Bezah- lung beim Hotel eingegange­n ist“, sagt der Agent.

Und dann gibt es noch ganz besonders findige Betrüger, die auf Geld von der Versicheru­ng hoffen. Dann behauptet der Urlauber etwa steif und fest, ihm sei Schmuck im Wert von 100.000 Euro am Strand gestohlen worden. Oder die Polizeibea­mten eilen zu einem Wohnungsei­nbruch, bei dem die Diebe die Fenstersch­eiben wundersame­rweise von innen nach außen eingeschla­gen haben.

 ?? Fotos: Ángel García ?? Gerade ältere Touristen sind beliebte Opfer von Langfinger­n. Auf ihre Handtasche­n und Wertsachen sollten sie besonders aufpassen.
Fotos: Ángel García Gerade ältere Touristen sind beliebte Opfer von Langfinger­n. Auf ihre Handtasche­n und Wertsachen sollten sie besonders aufpassen.
 ??  ?? Anzeigenau­fnahme im Sate-Büro von Finestrat.
Anzeigenau­fnahme im Sate-Büro von Finestrat.
 ??  ?? Die Guardia Civil hat im Büro der Ortspolize­i von Finestrat eine Anlaufstel­le für Touristen eingericht­et.
Die Guardia Civil hat im Büro der Ortspolize­i von Finestrat eine Anlaufstel­le für Touristen eingericht­et.
 ??  ?? Wertsachen sollten Urlauber am besten im Hotel lassen.
Wertsachen sollten Urlauber am besten im Hotel lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Spain