Eine Lösung in Sicht
Liberale Ciudadanos wollen Volkspartei unterstützen – Bevölkerung über Arbeitslosigkeit besorgt
Am Dienstag holte Albert Rivera, Chef der liberalen Partei Ciudadanos (C’s), zu einem Überraschungscoup aus. Er versammelte die Medien und verkündete die Bereitschaft seiner Partei, Mariano Rajoy bei der Regierungsbildung zu unterstützen. Wenn sich der Chef der Volkspartei (PP) der Abstimmung im Parlament zum Ministerpräsidenten stelle, würden die 32 C’s-Abgeordneten – unter bestimmten Bedingungen – mit Ja stimmen. Damit hätte Rajoy 169 Abgeordnete hinter sich und könnte den Schritt zur Abstimmung wagen.
Bevor es dazu kommt, ist aber der Weg steinig. Rivera stellt sechs Bedingungen, die Rajoy erfüllen muss – und als Grundvoraussetzung, um überhaupt zu verhandeln, soll Rajoy den Termin – und zwar Tag und Uhrzeit – für die Abstimmung festlegen. Sollte diese Scheitern, weil sich die beiden dann doch nicht einigen, liefe der Countdown: Zwei Monate, um eine Regierung zu bilden, wenn das nicht gelingt, müssen Neuwahlen angesetzt werden.
Es kommt also Bewegung ins Spiel, und ausgerechnet der ehemalige sozialistische Regierungschef Felipe González musste anerkennen: „Die Entscheidung von Rivera ist die erste politisch verantwortungsbewusste Tat seit den Wahlen.“Er hätte das vermutlich lieber von seinem Generalsekretär gesagt, doch Pedro Sánchez bleibt seiner Blockade-Taktik treu.
Die sechs Forderungen, die Rivera stellt, sind: Ausschluss der wegen Korruption beschuldigten Parteimitglieder, Abschaffung der Sonderrechts, dass Abgeordnete nur vom Obersten Gerichtshof belangt werden können, Änderungen im Wahlrecht, die den kleinen Parteien zugute kommen, Abschaf-
„Die Entscheidung von Rivera ist die erste verantwortungsbewusste Tat seit den Wahlen“
fung der Begnadigungen bei politischer Korruption, Begrenzung der Mandate auf acht Jahre und die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission wegen der illegalen Parteifinanzierung der PP. Dieser letzte Punkt dürfte Mariano Rajoy am wenigsten behagen. Ein Erscheinen im Parlament, um zum Korruptionssumpf der Volkspartei Stellung zu nehmen, würden die Glaubwürdigkeit der regierenden PP gleich wieder schwer anschlagen. Außerdem wird im Oktober der Prozess gegen den ehemaligen Schatzmeister Luis Bárcenas eröffnet. Es käme also zu parallelen Verfahren. Am Mittwoch trafen sich Rajoy und Rivera. Kommenden Mittwoch wird Rajoy den Parteivorstand über Riveras Bedingungen beraten lassen, dann geht es weiter.
Die letzte Umfrage des Zentrums für Soziologische Studien (CIS) vom Dienstag zeigt, dass die Hauptprobleme, die die Spanier beunruhigen, die Arbeitslosigkeit (75,6 Punkte) sowie Korruption und Steuerhinterziehung (43,4 Punkte) bleiben. Das Fehlen der Regierung liegt mit 6,4 Punkten höher als bei der vorherigen Umfrage (4,8), aber sichtlich im unteren Bereich der Sorgenskala. Allerdings erhält das Thema Politik, Parteien und Politiker als Problem 19,4 Punkte.