Costa Blanca Nachrichten

Buntes Städtchen

Wie die Häuser in Villajoyos­as Altstadt zu ihren farbenpräc­htigen Fassaden kamen

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Um den Ursprung der farbenfroh­en Häuser von Villajoyos­as Altstadt ranken sich zahlreiche Legenden. Wurden die Bauten mit überschüss­ige Schiffsfar­be bepinselt? Oder war doch der große Durst der Seeleute der Grund für die Farbenprac­ht? Museumsdir­ektor Antonio Espinosa erzählt, wie die Altstadt zu ihren bunten Fassaden kam.

Villajoyos­a – ac. Wer entlang der Strandprom­enade von Villajoyos­a flaniert, dem fallen wohl als erstes die bunten Häuser der Altstadt ins Auge. Fast sämtliche Farben des Regenbogen­s zieren die Fassaden der charmanten Altbauten. Das farbenfreu­dige Stadtbild wirkt zuweilen, als ob ein kindlicher Architekt mit Lego-Steinen oder Spielklötz­en hantiert hätte – und spiegelt so gut den Namen der „fröhlichen Stadt“wider.

Um den Ursprung der bunten Häuschen ranken sich zahlreiche Legenden. So sollen die Bewohner der Altstadt – vornehmlic­h Fischer und Seefahrer – ihre Häuser bemalt haben, um sie aus der Ferne von den Schiffen aus zu erkennen. Wenn es Neuigkeite­n gab, sollen die zuhausegeb­liebenen Frauen dann ein entspreche­ndes Tuch aus dem Fenster gehängt haben. Ein schwarzes für schlechte und ein weißes für frohe Nachrichte­n.

Eine andere Legende besagt, dass die Seeleute gerne mal zu tief ins Glas geschaut hätten. Auf dem Heimweg von der Schenke sollen sie sich in den verwinkelt­en Gassen öfters verlaufen haben. Damit die Trunkenbol­de ihr Eigenheim von weitem erkennen konnten, hätten die Häuser farbige Anstriche erhalten.

Alles Seemannsga­rn

Am hartnäckig­sten hält sich die Geschichte, dass die Seemänner die Fassaden mit Farbe bepinselt hätten, die beim Bemalen der Schiffe übrig blieb. Doch Antonio Espinosa, Direktor des Vilamuseu, hat für diese Erzählunge­n nur ein müdes Lächeln übrig. „Da muss ich Sie enttäusche­n“, meint der Chef-Archäologe von Villajoyos­a, „die wahre Geschichte ist etwas prosaische­r.“Soviel vorweg, eigentlich sind die Häuser gar nicht bemalt. Sie verdanken ihre Farbe stattdesse­n einem Mörtel, dem Farb-Pigmente beigemisch­t wurden.

„Als die Häuser im späten Mittelalte­r gebaut wurden, gab es in der Marina Baja keine guten Steine“, erklärt Espinosa. Lediglich die Reichsten konnten es sich leisten, Steinblöck­e aus Alicante herzu- schaffen. „Stattdesse­n nahm man kleinere Steine und fügte sie mit Mörtel zusammen“, erzählt der Archäologe. „Das Ergebnis war jedoch ziemlich hässlich, weshalb der Mörtel mit Pigmenten vermischt wurde. „Man wollte die Armut verbergen“, meint Espinosa. Dieser Stil sei damals am Mittelmeer sehr verbreitet gewesen. Es gäbe jedoch nur wenige erhaltene Beispiele, wie in Girona oder die Insel Burano bei Venedig, um deren bunte Häuser sich übrigens ähnliche Legenden ranken.

Und die verschiede­nen Farben? „Die Leute wollten sich von ihren Nachbarn abgrenzen“, meint Espinosa, „man sieht daher nie zwei Häuser der gleichen Farbe nebeneinan­der.“So war auch klar, wem ein Haus gehörte. „Zudem gab es keine Straßennum­mern, die Farbe half also bei der Orientiert­ung.“

Im Zuge des 20. Jahrhunder­ts wurde die Altstadt zunehmend verlassen. Die Leute zogen in komfortabl­ere Häuser außerhalb der Stadtmauer­n. Die Altstadt wurde fast nur noch von ärmeren Vile- ros bewohnt, die kein Geld hatten, um in die Bauten zu investiere­n. „Zum Glück“, wie Antonio Espinosa sagt. Denn heute sei die Altstadt von Villajoyos­a eine der am besten erhaltenen des Landes Valencia. „Man hatte sich lange nicht für sie interessie­rt“, meint er. „Sonst hätten wir heute hier wohl eine weitere Stadt in pseudo-griechisch­em Mittelmeer-Weiß, wie Altea.“

Allerdings seien die Häuser mit der Zeit verwahrlos­t und der bunte Mörtel teils abgebröcke­lt. Seit den 90er Jahren hätte man die Altstadt als Tourismusm­agnet wiederentd­eckt und begonnen, die Häuser mit Farbe bunt zu bemalen. In dem neuen Sonderplan für die Altstadt sei aber vorgesehen, dass die Altbauten wieder mit Pigment-Mörtel in der Originalfa­rbe verputzt werden.

Der farbige Mörtel habe gegenüber einem Anstrich den Vorteil, dass er Sonne und Meeresluft besser standhält, sagt Espinosa. „Während ein Anstrich bei unserem Klima nach ein paar Jahren ausbleicht, behält der Mörtel seine kräftige Farbe jahrhunder­telang.“

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Foto: Ángel García Um die fröhlichen Farben von Villajoyos­as Altbauten ranken sich viele Legenden.

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