Im Land der Sprechinkontinenz

„Mit deiner Scheiß-drauf-Einstellung wirst du nicht weit kommen“, warnte mich schon mein Lehrer. Ich wollte nicht auf ihn hören – und landete in Spanien. Genau – jenes berüchtigte Sammelbecken der Sprechinkontinenz. Alles und jeder im Umkreis können einem verbalen Kackhaufen zum Opfer fallen.

Was selbst ich für mich behielt, das sagen sie hier frei heraus. „Me cago en...“- „Ich scheiße auf...“beginnt der Satz, und da weiß man, gleich wird drauflosgedrückt. Der absolute Klassiker ist „Me cago en la leche“– „Ich scheiße in die Milch.“Warum? Wofür?, frage ich mich und bestelle heute lieber Café solo.

Einige scheißen konkreter: „La leche que has mamao“. Hat der jetzt in die Milch der Mutter seines Gegenüber gemacht? Wie fies! Ach, der Sprecher war dessen Bruder. Interessant! Zwei Minuten später: Wieder fällt ein Haufen, wieder erwischt es die Mama. „Me cago en tu puta madre.“Ist euch denn nichts heilig?

Nicht in Spanien. Nicht die Virgen, nicht der kleine Niño Jesús, nicht einmal Dios. Alle kriegen fliegende Exkremente ab. Während die Fiestas-Königin lautstark ihr lästerliches Geschäft verrichtet, wird sie nicht ein Stück rot. Ich hab’s! Das „drauf Scheißen“ist hier eine Art Liebesbeweis! Praktisch, denn ich bin gerade frisch verliebt. Mal vorsichtig ausprobiert... Au, tat die Backpfeife weh! Und die anschließende Beleidigung erst. Wüst werden meine verstorbenen Vorfahren mit Kot zugedeckt: „Me cago en tus muertos...“und dann zertrampelt – „...pisoteados“. Noch was? „...a caballo“– von einem Pferd! Die wirklich Bösen werden vom Mist verschont. Lieber entledigt man sich auf San Pito Pato, San Petersburgo, die Frau, die Panete gebar oder ins Meer. Manche fassen die „Me cago en“-Mission besonders weit. „Me cago en todo“– auf alles! Manche schränken ein: „...lo que se mueve“, was sich bewegt.

Vorsichtshalber verharre ich reglos. Soll ich das wilde Rumgekacke versuchen, irgendwie zu verstehen? Oder einfach drauf scheißen!?