Durch das Jahr: Ob international oder hausgemacht – Spaniens Kulturszene hat auch 2017 wieder viel zu bieten
Kulturelle Ereignisse 2017: Zum Kulturerbe erklärte Kunst, die in Flammen aufgeht, und internationale Projekte in ganz Spanien
Künstler werden geehrt, neue Museen eröffnet, Sammlungen präsentiert und königliche Gärten zugänglich gemacht.
Sevilla feiert den 400. Geburtstag des Barockmalers Bartolomé Esteban Murillo (1617-1682). Im Hospital de los Venerables ist noch bis zum 28. Februar eine große Ausstellung zu sehen, die Murillos vor allem religiöse Werke neben die des ebenfalls aus Sevilla stammenden Velázquez stellt. Murillo hat immer im Schatten des berühmten Landsmannes gestanden.
Zum 400. Geburtstag des Barockmalers Antonio del Castillo (1616-1668) richtet seine Heimatstadt Córdoba ihm seit September eine große Retrospektive seiner Werke aus. Bis 28. Februar können im Museum der Schönen Künste die religiösen Bilder bewundert werden und sein Einfluss auf Zeitgenossen und spätere Generationen. Der Maler war lange verkannt.
Das Año Azorín gedenkt des 50. Todestages des Schriftstellers und Politikers José Martínez Ruiz, bekannt als Azorín (1873-1967). Er stammt aus Monóvar in der Provinz Alicante und war später in Madrid ein wichtiger Vertreter der 98er Generation. Am 2. März 2017 sendet das Zweite Spanische Fernsehen einen Dokumentarfilm über sein Leben und Schaffen.
Die Fallas in Valencia sind von der Unesco 2016 zum Immateriellen Kulturgut erklärt worden. Am 19. März gehen die riesigen Pappmaché-Figuren in Flammen auf. Zuvor werden sie von Tausenden bestaunt. Handwerker arbeiten das ganze Jahr über an den zum Feuertod verurteilten Parodien auf Politiker oder phantasievollen grellen Gebilden.
Der US-amerikanische Künstler und Sammler kubanischen Ursprungs Roberto Polo gibt seine 7.000 Werke umfassende Kollektion europäischer Avantgardekunst nach Spanien. Mit Spannung wird die Entscheidung erwartet, in welcher Stadt die Werke eine neue Heimat finden. Seine Großeltern stammten aus Galicien, Polo findet, dass Spanien die Werke eher braucht als andere Länder.
Der Tod des Dichters und Dramatikers Miguel Hernández (1910-1942) jährt sich am 28. März zum 75. Mal. Der in Orihuela geborene Hernández starb in Alicante im Gefängnis an Auszehrung und war eines der vielen Opfer der Franco-Diktatur nach dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs. In seinem kurzen Leben hatte er 4.000 Seiten mit Gedichten geschrieben. Der Liedermacher Joan Manuel Serrat hat viele dieser Gedichte vertont. Zum Gedenkjahr soll auch sein Geburtshaus in Orihuela als Museum geöffnet werden. Das Haus, in dem er mit seiner Familie später lebte, ist bereits Museum.
Nachdem die Sammlung kubistischer Bilder der Telefónica-Stiftung als Wanderausstellung in vielen spanischen Städten zu sehen war, geht sie für fünf Jahre (verlän- gerbar) als Leihgabe an das Madrider Museum für Zeitgenössische Kunst Reina Sofía. Dort werden die 33 Werke aus den Jahren 1912-1933 von Juan Gris und wichtigen Vertretern des Kubismus aus Spanien, Frankreich und Iberoamerika die hauseigene Sammlung unterstützen.
Das Reina-Sofía-Museum in Madrid feiert ab April mit einer großen Ausstellung Picassos „Guernica“. Das zur AntikriegsIkone aufgestiegene Wandbild hatte Picasso vor 80 Jahren in Paris zur Universalausstellung 1937 gemalt. Seit 25 Jahren ist es im Reina Sofía ein Besuchermagnet. Alle Bemühungen, es ins GuggenheimMuseum in Bilbao oder in den Prado, wie Picasso es eigentlich gewünscht hatte, zu verleihen, blieben erfolglos. Die monumentale Leinwand darf nicht mehr transportiert werden.
Bis Mai ehren verschiedene Ausstellungen in Madrid König Carlos III. (1716-1788), dessen 300. Geburtstag sich im Vorjahr jährte. Der aufgeklärte Monarch gilt als Förderer der Künste und Wissenschaften und hatte als „bes-
ter Bürgermeister Madrids“die Metropole modernisiert.
Am 25. Mai wird in Barcelonas Design Museum die Ausstellung „David Bowie Is“eröffnet. Die Schau aus dem Londoner Victoria & Albert Museum führt anhand von 300 Objekten durch das Leben der britischen Pop-Ikone. Bowie verstarb 2016. Barcelona ist die letzte Chance, die Ausstellung in Europa zu sehen, anschließend geht sie nach New York.
Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont eröffnete noch 2016 offiziell die restaurierte Casa de las Punxes, auch Casa Terradas genannt, in Barcelona. Die Ikone des katalanischen Jugendstils stammt von dem Architekten Josep Puig i Cadafalch (1867-1956) und wird als Kulturhaus genutzt. Am 17. Oktober jährt sich der Geburtstag des Architekten, der das modernistische Stadtbild Barcelonas entscheidend mitgeprägt hat, zum 150. Mal. 120 Jahre feiert das berühmte Restaurant „Els 4 Gats“in einem im neugotischen Stil von Puig i Cadafalch errichteten Gebäude. Die Kneipe wurde als Zentrum des katalanischen Jugenstils, Modernisme, zum wichtigsten Künstlertreff seiner Zeit.
In Valencia will die Stiftung Per Amor a l’Art ihren Sitz eröffnen. Die Rehabilitation der Art Deco-Fabrik Bombas Gens übernimmt Eduardo de Miguel. Die deutsche Architektin Annabelle Selldorf kümmert sich um den Innenausbau. Die Stiftung des valencianischen Unternehmerpaars José Luis Soler und Susana Lloret wird ein Tageszentrum für Kinder, eine Forschungsstätte für die WilsonKrankheit und ein Kunstzentrum beherbergen. Künstlerisch beraten wird das Projekt vom ehemaligen Direktor der Tate Modern, Vicent Todolí.
Das erste Wohnhaus, das Antoni Gaudí 1883 bis 1885 in Barcelona erbaut hatte, wird nach gründlicher Restaurierung wiedereröffnet. Die Casa Vicens im Barrio de Gràcia hatte Gaudí für den Börsenmakler Manuel Vicens i Montaner im Mudéjar-Stil entworfen. 2014 hat es eine Filiale der Mora Banc aus Andorra erworben. Sie lässt das verspielte Weltkulturerbe der Unesco als Museum herrichten.
Das Museo Carmen Thyssen Andorra soll eröffnet werden. Nach Madrid, dem katalanischen Sant Feliu und Málaga baut die Witwe des Barons Hans Heinrich von Thyssen-Bornemisza ihre eigene Sammlung aus. Viele Bilder werden aus Madrid erwartet. Ob die Leihgaben für das Madrider Carmen-Thyssen-Museum verlängert werden, ist noch ungewiss.
Das Guggenheim-Museum in Bilbao ist seit 20 Jahren in Betrieb und mit 19 Millionen Besuchern ein Hit. Das wird am 22. und 23. Oktober mit Tagen der offenen Tür gefeiert. Das spektakuläre Titan-Gebäude von Frank O. Gehry hat einen Boom an Museumsbauten in ganz Spanien ausgelöst. 2014 wurde das Abkommen mit der Guggenheim Foundation um 20 Jahre verlängert, damit das kolossale Gebäude auch innen etwas zu bieten hat.
Die Gärten des Marivent-Palastes auf Mallorca werden für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Palast gehört der Balearen-Regierung, die ihn der Königsfamilie zur Verfügung stellt, seit diese ihren Sommerurlaub nicht mehr im Baskenland, in San Sebastián, sondern auf Mallorca verbringt.
Nachdem große Teile des imposanten Schifffahrtsmuseums im Hafen von Barcelona jahrelang wegen Renovierungsarbeiten geschlossen waren, wird das neue Museu Marítim in den Drassanes Reials, der mittelalterlichen Werft, eröffnet. Hier erfährt der Besucher alles über den Galeerenbau und die Rolle Kataloniens als Seemacht.
Das Centro Botín in Santander wird eröffnet. Die Fertigstellung des hochmodernen Gebäudes des italienischen Architekten Renzo Piano verzögerte sich mehrmals. Bis zur Eröffnung beleuchtet das Lichtkunstwerk „7,8Hz“des internationalen Installations-Künstlers Carsten Höller die umliegenden Pereda-Gärten in der sogenannten Schumann-Resonanzfrequenz, die dem Menschen wohltut.
Das Adelsgeschlecht der Alba öffnet ihren Palacio de Monterrey in Salamanca und wandelt ihn in ein Museum um. Das Rathaus übernimmt im Gegenzug die Restaurierung des Gebäudes aus dem 16. Jahrhundert. Die Eröffnung für die Bevölkerung ist noch für 2017 geplant.
Joan Mirós Landhaus in MontRoig del Camp, in Tarragona, soll als Museum geöffnet werden. Miró verewigte das imposante Gebäude auf vielen Bildern.