Das Wechselspiel
Mit Benissa fällt eine weitere Volkspartei-Bastion an die Linke
Da ist eine Bastion gefallen: Nach 17 Jahren Volkspartei-Herrschaft unter Bürgermeister Juan Bautista Roselló hat in Benissa künftig eine Dreier-Koalititon aus Linksparteien das Sagen. Einen „radikalen Wandel“verspricht der neue Rat- hauschef Abel Cardona, der am Dienstag mit einer Stimme Mehrheit ins Amt gewählt wurde. Die Rolle des „Königsmachers“in dem Wechselspiel übernahm der schillernde Ciudadanos-Stadtrat Isidoro Mollá, der seinen Auftritt im Plenarsaal auch sichtlich genoss. Nach der Kommunalwahl 2015 hatte Mollá noch Roselló unterstützt. Dessen Volkspartei wiederum sprach von einem „Pakt der Verlierer“. Vorerst jedoch hat die PP das Nachsehen.
Benissa – at. Freude, Stolz, Bescheidenheit, aber auch Erleichterung spiegelten sich im Gesicht des neuen Bürgermeisters von Benissa, Abel Cardona (Reiniciem Benissa), wider, als er am Dienstag um kurz nach 19 Uhr in dem aus allen Nähten platzenden Plenarsaal den Bürgermeisterstab entgegennahm.
Zwar hatte Isidoro Mollà (Ciudadanos) schon am Vortag bekannt gegeben, dass er dem Ende vergangener Woche neu geschlossenen Regierungspakt zwischen den Linksparteien Reiniciem, PSOE und Compromís und damit dem Bürgermeisterkandidaten Abel Cardona seine Stimme geben würde. Doch zugleich sickerten bis kurz vor der Plenarsitzung Nachrichten durch, dass ihm von Seiten der Parteispitze mit Ausschluss aus gedroht worden sei, sollte er gegen die PP votieren.
Auch die Volkspartei, die mit Juan Bautista Roselló seit über 17 Jahren die Geschicke Benissas in der Hand hatte, hielt sich offenbar nicht mit Anrufen zurück, um den gefährlichen Rivalen umzustimmen. „Das war ein Attentat auf die demokratische Freiheit, die eigene Stimme abgeben zu dürfen“, beschrieb es Mollà. Er sei regelrecht „zusammengepfercht“worden.
Was ihn in seiner Entscheidung, gegen die PP zu stimmen, vermutlich noch bestärkt hat. Anders als nach der Kommunalwahl im Mai 2015, als er sich enthalten hatte. Die PP gewann das Bürgermeisteramt damals mehr als knapp und führte seither mit acht von 17 Stadträten eine Minderheitsregierung. Deren Ende leitet wenige Tage vor Weihnachten Rathauschef Juan Bautista Roselló (PP) mit dem überraschenden Rücktritt ein.
Roselló versus Mollà
Es seien persönliche Gründe, die ihm zum Rücktritt bewegt hätten, sagte Roselló zunächst, der künftig mehr Zeit für seine Aufgaben als Berater von Diputationschef César Sánchez in Alicante haben wird. Nach dem Plenum am Dienstag erklärte er indes in einem Meinungsbeitrag, dass Isidoro Mollà nach der vergangenen Kommunalwahl für seine Enthaltung bei der Kandidatenwahl im Gegenzug die Bedingung gestellt habe, dass Roselló noch vor Ende 2016 zurücktrete.
Mollá, so hieß es in dem Beitrag weiter, habe in den vergangenen Monaten die Forderung wiederholt. Andernfalls, so sei der PP kommuniziert worden, werde er ein Misstrauensvotum unterstützen. Dahinter hätten „Täuschung, Rache, Erpressung oder, wer weiß, welche dunklen Interessen“gestanden, so Roselló.
„Weil wir hier nicht an Änderungen gewohnt sind, werden alle furchtbar nervös“, so erklärte Isidoro Mollà, der selbst von 1987 bis 1999 unter der UCD und dann als Unabhängiger Bürgermeister von Benissa war, die Anschuldigungen gegenüber der CBN. Er habe niemanden getäuscht. Der Rücktritt Rosellós sei vor anderthalb Jahren ausgemacht worden, nachdem sein Plan A, nämlich den Wandel zu unterstützen, an der Uneinigkeit der Linksparteien gescheitert sei. Nach dem Rücktritt Rosellós habe man Gespräche geführt, „aber wir sind zu keiner Einigung gekommen“. Es sei Zeit für einen Regierungswechsel.
Voraussetzung dafür: ein Pakt zwischen Reiniciem, PSOE und Compromís, die sich am vergangenen Donnerstag, anders als 2015, auf den gemeinsamen Kandidaten Abel Cardona einigten. Ein Pakt, in dem für Isidoro Mollá zwar kein Stadtratsposten vorgesehen ist, allerdings soll er Mitglied des Regierungsausschusses werden.
Am Tag des Plenums kostete Mollá seinen Auftritt aus, betrat sicher nicht zufällig als letzter Politiker den Raum und genoss das Blitzlichtgewitter, das über ihn niederging. Und sich fortsetzte, als es darum ging, für die PP oder für den Wandel zu stimmen. Ein Moment, in dem wohl alle Augen im Plenarsaal auf den Arm Mollàs gerichtet waren, der sich für Abel Cardona hob und bei Arturo Poquet (PP), unten blieb. Letzterer sprach daraufhin von einem „Pakt der Verlierer, wider der Natur“, hätten sich doch bei der Kommunalwahl die meisten Bürger für die PP entschieden.
„Radikaler Wandel“
Abel Cardona dagegen reichte der Volkspartei in seiner Ansprache die Hand, ihre Erfahrung sei für seine neue Partei viel wert. Dennoch, man wolle es anders machen. „Wir sind gekommen, um die Dinge zu ändern“, sagte er und sprach von einem „radikalen Wandel“. Unter Reiniciem Benissa solle das Rathaus sich durch Bürgerbeteiligung und Transparenz auszeichnen. „Wir wollen Türen, Fenster und Schubladen öffnen.“Multikulturalität werde großgeschrieben, genauso wie Vielseitigkeit. „Denn Benissa ist vielseitig, es ist bisexuell, homosexuell und transsexuell.“Reiniciem wolle ein valencianistisches und feministisches Rathaus, in dem großer Wert auf die Mitarbeit der jungen und das Wissen der alten Bevölkerung gelegt wird.
Große Herausforderungen, für die es vor allem zweierlei braucht: Einigkeit unter den drei Regierungsparteien und die für Mehrheitsentscheidungen notwendige Stimme Mollàs, dessen Mitgliedschaft bei Ciudadanos seit Dienstag wiederum auf der Kippe steht. „Ich gebe der neuen Regierung keinen Blankoscheck“, betonte der „Königsmacher“. „Aber ich werde sie bei allem, was gut für Benissa ist, unterstützen.“