Zum Kuscheln
Bata, Batín oder Albornoz: Der mollig warme Morgenmantel spielt in Spanien im Winter eine Hauptrolle
Hierzulande, wo man ihn als Bata, Batín oder Albornoz bezeichnet, ist der Morgenmantel unentbehrlich. Spanier schlüpfen in das warme, bequeme Stück, sobald sie nach Hause kommen, empfangen so angetan Besuch und machen sogar Erledigungen. Es gibt ihn leger und elegant, er hat eine interessante Geschichte und liegt jetzt voll im Trend.
Er wärmt umweltschonend und kostensparend, ist kuschelweich und praktisch: der Morgenmantel. In Spanien, wo man ihn als Bata, Batín oder Albornoz bezeichnet, spielt dieses Kleidungsstück eine entscheidende Rolle. Denn kaum kommt eine spanische Familie zu Hause an, entledigen sich auch schon alle ihrer Straßenkleidung, schlüpfen in Jogginghosen oder direkt in den Pyjama und drapieren darüber den Morgenmantel. Damit fühlen sich Spanier wieder korrekt angezogen, empfangen Besuch und gehen sogar mal kurz auf die Straße, um Brot zu kaufen oder am Kiosk die Zeitung zu holen.
Eine besonders enge Beziehung haben die Großmütter zu ihrer Batita, ihrem Mäntelchen, wie sie liebevoll sagen. Sie verbringen den Großteil des Morgens in dem heimeligen Kleidungsstück aus wattiertem Steppstoff, erledigen gemütlich die Hausarbeit und vertauschen es erst mit Rock und Bluse, wenn sie gegen Mittag zu einem größerem Einkauf aufbrechen.
Der Grund ist nicht nur die Bequemlichkeit des Morgenmantels, sondern die Unbequemlichkeit der Straßenkleidung. Viele spanische Señoras tragen unter ihrer Kleidung Formwäsche, die mit der Zeit zwickt und zwackt. Da lockt die flauschige, frei fallende Batita gleich doppelt.
Neuer Modetrend
Der Morgenmantel ist eben ein Kleidungsstück, dass die Entspannung zum Maß aller Dinge macht. Das wussten schon Jean Harlow und Marilyn Monroe, die sich in dekadenten Seidenroben ablichten ließen. Ihren ungenierten Spuren folgen Mode-Ikonen und Designer der heutigen Tage: Seit dem Herbst sind Morgenmäntel aus bedruckter Seide oder aus Samt als Streetwear im Trend. Der Insider kombiniert sie mit einem einfachen T-Shirt, Jeans sowie Turnschuhen oder Stiefletten. Und schon geht es hinaus in den Trubel.
Wer die Bata lieber ganz klassisch zu einem gemütlichen Fernsehabend oder am Sonntagmorgen trägt, sollte nach warmen, kuschli- gen Stoffen wie Frottee oder Wellnessfleece greifen. En vogue sind dabei schwarze Morgenmäntel, romantische Designs mit Blumen und/oder Schmetterlingen sowie schmale Streifen – vor allem in Weiß und Marineblau. Und wer weniger warm stecken als heiß aussehen möchte, greift nach einem schwarzen Satin-Kurzmantel mit Spitzenärmeln.
Der Morgenmantel ist also wieder salonfähig und wird es nach Voraussagen von Fachjournalisten auch einige Jahre bleiben. Wieder – denn das Kleidungsstück erlebte schon im 18. Jahrhundert eine erste Blütezeit in der Männermode. Der sogenannte Banyan zählte damals zu den feinsten und luxuriösesten Stücken im Schrank seines finanzkräftigen Besitzers. Denn dieser luxuriöse Morgenmantel war aus Brokat, Samt, Seide, feiner Baumwolle oder Flanell kunstvoll gefertigt, hatte einen breiten Kragen und reichte bis zu den Füßen.
Die Mode verbreitete sich in den höheren Kreisen Europas, denn die Herrenhäuser dieser Zeit waren im Winter zugige Eiskeller. Die Herren erledigten morgens zu Hause die Post und empfingen dabei oft unangemeldeten Besuch. Die Mode der Epoche war aber – nicht nur wegen der steifen Krägen – sehr unbequem. Da kam ein warmes, ebenso legeres wie elegantes Kleidungsstück, zu dem man statt der förmlichen Perücke oder dem Zylinder eine turbanähnliche Mütze trug, gerade recht.
Die teuersten Morgenmäntel kamen damals aus England oder Schottland. Und das ist auch heute noch so – wenn die Zahl der Hersteller in Großbritannien auch stark geschrumpft ist. Prominente wie Prinz William, Brad Pitt, Hillary Clinton oder Victoria Beckham haben zum Beispiel mindestens einen Morgenmantel des Designers Daniel Hanson aus Nottingham in Schrank. Für seine luxuriösen Roben aus Kaschmir oder Seide legt man rund 3.000 Euro hin.
Der Ursprung des europäischen Morgenmantels liegt etwas im Dunkeln, einige Quellen nennen als Vorläufer die chinesischen Kimonos, andere persische Kleidungsstücke, andere die Bademäntel in den russischen Banya-Badehäusern oder den Burnus, den weiten Kapuzenmantel der nordafrikanischen Männer.
„Hier im Land Valencia ist der Morgenmantel kein traditionelles Kleidungsstück“, berichtet der Historiker Ximo Bolufer aus Jávea. „Auf dem Land hatten die Menschen nur ihre Arbeitskleidung und das gute Kleid oder das gute Hemd für die Sonntagsmesse.“Dazu trugen die Frauen im Winter die toqueta, eine runde Stola und die Männer die Capa, einen Umhang.
Erst in den 60er Jahren, als die Finanzkraft und der Konsumdrang stiegen, setzte der Morgenmantel in Valencia zu seinem Siegeszug an. „Denn sie sind relativ günstig, bequem und wärmen“, sagt Bolufer. Schließlich seien die Häuser hier bis vor kurzem nur durch Kamine beheizt worden, kaum isoliert und zugig gewesen.
Von der Großmutter-Batita aus Steppstoff bis zum luxuriösen Designermantel