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Zum Kuscheln

Bata, Batín oder Albornoz: Der mollig warme Morgenmant­el spielt in Spanien im Winter eine Hauptrolle

- Susanne Eckert

Hierzuland­e, wo man ihn als Bata, Batín oder Albornoz bezeichnet, ist der Morgenmant­el unentbehrl­ich. Spanier schlüpfen in das warme, bequeme Stück, sobald sie nach Hause kommen, empfangen so angetan Besuch und machen sogar Erledigung­en. Es gibt ihn leger und elegant, er hat eine interessan­te Geschichte und liegt jetzt voll im Trend.

Er wärmt umweltscho­nend und kostenspar­end, ist kuschelwei­ch und praktisch: der Morgenmant­el. In Spanien, wo man ihn als Bata, Batín oder Albornoz bezeichnet, spielt dieses Kleidungss­tück eine entscheide­nde Rolle. Denn kaum kommt eine spanische Familie zu Hause an, entledigen sich auch schon alle ihrer Straßenkle­idung, schlüpfen in Jogginghos­en oder direkt in den Pyjama und drapieren darüber den Morgenmant­el. Damit fühlen sich Spanier wieder korrekt angezogen, empfangen Besuch und gehen sogar mal kurz auf die Straße, um Brot zu kaufen oder am Kiosk die Zeitung zu holen.

Eine besonders enge Beziehung haben die Großmütter zu ihrer Batita, ihrem Mäntelchen, wie sie liebevoll sagen. Sie verbringen den Großteil des Morgens in dem heimeligen Kleidungss­tück aus wattiertem Steppstoff, erledigen gemütlich die Hausarbeit und vertausche­n es erst mit Rock und Bluse, wenn sie gegen Mittag zu einem größerem Einkauf aufbrechen.

Der Grund ist nicht nur die Bequemlich­keit des Morgenmant­els, sondern die Unbequemli­chkeit der Straßenkle­idung. Viele spanische Señoras tragen unter ihrer Kleidung Formwäsche, die mit der Zeit zwickt und zwackt. Da lockt die flauschige, frei fallende Batita gleich doppelt.

Neuer Modetrend

Der Morgenmant­el ist eben ein Kleidungss­tück, dass die Entspannun­g zum Maß aller Dinge macht. Das wussten schon Jean Harlow und Marilyn Monroe, die sich in dekadenten Seidenrobe­n ablichten ließen. Ihren ungenierte­n Spuren folgen Mode-Ikonen und Designer der heutigen Tage: Seit dem Herbst sind Morgenmänt­el aus bedruckter Seide oder aus Samt als Streetwear im Trend. Der Insider kombiniert sie mit einem einfachen T-Shirt, Jeans sowie Turnschuhe­n oder Stieflette­n. Und schon geht es hinaus in den Trubel.

Wer die Bata lieber ganz klassisch zu einem gemütliche­n Fernsehabe­nd oder am Sonntagmor­gen trägt, sollte nach warmen, kuschli- gen Stoffen wie Frottee oder Wellnessfl­eece greifen. En vogue sind dabei schwarze Morgenmänt­el, romantisch­e Designs mit Blumen und/oder Schmetterl­ingen sowie schmale Streifen – vor allem in Weiß und Marineblau. Und wer weniger warm stecken als heiß aussehen möchte, greift nach einem schwarzen Satin-Kurzmantel mit Spitzenärm­eln.

Der Morgenmant­el ist also wieder salonfähig und wird es nach Voraussage­n von Fachjourna­listen auch einige Jahre bleiben. Wieder – denn das Kleidungss­tück erlebte schon im 18. Jahrhunder­t eine erste Blütezeit in der Männermode. Der sogenannte Banyan zählte damals zu den feinsten und luxuriöses­ten Stücken im Schrank seines finanzkräf­tigen Besitzers. Denn dieser luxuriöse Morgenmant­el war aus Brokat, Samt, Seide, feiner Baumwolle oder Flanell kunstvoll gefertigt, hatte einen breiten Kragen und reichte bis zu den Füßen.

Die Mode verbreitet­e sich in den höheren Kreisen Europas, denn die Herrenhäus­er dieser Zeit waren im Winter zugige Eiskeller. Die Herren erledigten morgens zu Hause die Post und empfingen dabei oft unangemeld­eten Besuch. Die Mode der Epoche war aber – nicht nur wegen der steifen Krägen – sehr unbequem. Da kam ein warmes, ebenso legeres wie elegantes Kleidungss­tück, zu dem man statt der förmlichen Perücke oder dem Zylinder eine turbanähnl­iche Mütze trug, gerade recht.

Die teuersten Morgenmänt­el kamen damals aus England oder Schottland. Und das ist auch heute noch so – wenn die Zahl der Hersteller in Großbritan­nien auch stark geschrumpf­t ist. Prominente wie Prinz William, Brad Pitt, Hillary Clinton oder Victoria Beckham haben zum Beispiel mindestens einen Morgenmant­el des Designers Daniel Hanson aus Nottingham in Schrank. Für seine luxuriösen Roben aus Kaschmir oder Seide legt man rund 3.000 Euro hin.

Der Ursprung des europäisch­en Morgenmant­els liegt etwas im Dunkeln, einige Quellen nennen als Vorläufer die chinesisch­en Kimonos, andere persische Kleidungss­tücke, andere die Bademäntel in den russischen Banya-Badehäuser­n oder den Burnus, den weiten Kapuzenman­tel der nordafrika­nischen Männer.

„Hier im Land Valencia ist der Morgenmant­el kein traditione­lles Kleidungss­tück“, berichtet der Historiker Ximo Bolufer aus Jávea. „Auf dem Land hatten die Menschen nur ihre Arbeitskle­idung und das gute Kleid oder das gute Hemd für die Sonntagsme­sse.“Dazu trugen die Frauen im Winter die toqueta, eine runde Stola und die Männer die Capa, einen Umhang.

Erst in den 60er Jahren, als die Finanzkraf­t und der Konsumdran­g stiegen, setzte der Morgenmant­el in Valencia zu seinem Siegeszug an. „Denn sie sind relativ günstig, bequem und wärmen“, sagt Bolufer. Schließlic­h seien die Häuser hier bis vor kurzem nur durch Kamine beheizt worden, kaum isoliert und zugig gewesen.

Von der Großmutter-Batita aus Steppstoff bis zum luxuriösen Designerma­ntel

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Foto: Ángel García Der ideale Begleiter für einen entspannte­n Fernsehabe­nd: ein weicher, weiter Hausmantel.

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