Originell kombiniert
Enrique Lejárraga zeigt Fotografien in Benissa – Hommage an vergangene Zeiten und die Insel Ibiza
Aus Alltäglichem, Strandgut oder Bauschutt hat Enrique Lejárraga erstaunlich farbenfrohe Hingucker gemacht. Der gebürtige Madrider arrangierte 200 Fotografien zu originellen Triptycha, die noch bis 24. Februar im Sitz der Universität Alicante in Benissa zu sehen sind.
Kräftiges Orange, knackiges Grün, zartes Altrosa, Rostbraun und Himmelblau – die Farben decken die gesamte Palette ab. Die Formen spielen alle Möglichkeiten durch. Glatte Flächen, runde Vertiefungen, ausgefranste Kanten, gesplitterte Maserung. Was Enrique Lejárraga mit der Serie „Avatares – las huelleas del tiempo“(Die Spuren der Zeit) im Sitz der Universität Alicante in Benissa bis 24. Februar zeigt, sind Kompositionen von Details.
Die Ausschnitte sind auf 32 mal 48 Zentimeter vergrößert und in Form von Triptycha zusammengesetzt. „Es sind Kunst-Stücke. Formen und Farben, die auf die Ferne in der Gesamtheit wie abstrakte Bilder wirken und aus der Nähe eine ganz eigene kleine Welt offenbaren“, sagt die ehemalige Kölner Galeristin Paloma Navarrete über die Fotografien. „Je näher man herangeht, desto mehr ent- deckt man.“
„Der Blick auf etwas Alltägliches, wie Strandabfälle oder Bauschutt im Container, auf das man im Vorbeigehen nicht weiter achtet, bietet durchaus Sehenswertes. Man muss nur genau hinsehen“, erklärt der Künstler. Dass er das tut, liegt auch an seiner Ausbildung im Film- und Video-Bereich, über den er zur Fotografie, Malerei und Objektkunst gelangt ist.
Er bannt an Filmkulissen oder Bühnenbilder erinnernde kleine Welten – surreal, abstrakt, interpretierbar oder anschaulich – in Kästen. Seine Neugierde schulte den Blick fürs Detail, für Lichteffekte, Farbspiele, Hell-Dunkel. Alle diese Elemente spielen auch eine Rolle bei der Komposition der Fotografien zu Triptycha.
Die Zusammensetzungen wirken zufällig und sind doch wohldurchdacht. Sie fordern unsere Aufmerksamkeit, wenn Harmonien brechen und Diagonalen kreuzen, oder wirken beruhigend bei fast Geometrischem und dem Verschmelzen von Tönen. Das Beglückende an der Betrachtung ist die Poesie, die Lejárragas Werk ausstrahlt.
Entstanden ist die Serie der hochformatigen Dreierkombinationen aus etwa 200 Fotografien. Es sind Details von Treibhölzern zerschellter Boote oder vom Sturm zerstörter Strandbuden. Diese Hölzer hat der Berliner Künstler Ru- dolf Kügler (1921-2013) in den 70er und 80er Jahren an den Stränden Ibizas gesammelt, um daraus in seinem Studio-Garten Skulpturen zu bauen. Nicht nur er, die ganze Familie schwärmte aus zum Treibholzsuchen. Mit den Jahren sind diese Skulpturen immer mehr verwittert. Die Farbreste blätterten ab, die Hölzer wurden morsch, nur einige wenige sind erhalten. Der Lauf der Zeit, sagte Rudolf Kügler.
Enrique Lejárraga, der aus Madrid stammt und seit acht Jahren in Alicante lebt, hat die Geschichte dieser Vergänglichkeit auf seine Art verewigt und weitererzählt. Er fotografierte, was krumme Nägel, hervorstehende Schrauben, verrostete Ankerketten oder abgeplatzte, mehrfach lackierte Ölfarben durchscheinen lassen: Die Abenteuer
von Fischern in ihren Holzkähnen, die gegen die Gezeiten kämpften oder in der Frühlingssonne auf dem Mittelmeer dümpelten. „Heute sind die Boote aus Kunststoff und Glasfaser, Treibhölzer findet man kaum noch“, sagt Lejárraga.
Hinzu kamen Detailaufnahmen von Wänden und Balken der abgerissenen Bauernhäuser, die 2006 dem Bau der Schnellstraße zum Flughafen Ibiza weichen mussten. Es sind mehrere Geschichten, die hier zusammenfließen. Die Serie „Avatares“ist eine Hommage an die Insel Ibiza und an den Künstler Rudolf Kügler.
Die Serie aus 21 Triptycha ist im Sitz der Alicantiner Universität in Benissa zu sehen. Die Altstadt Benissas strahlt in ihrer geschlossenen Schönheit die gepflegte Seite von Vergänglichkeit aus. Der Lauf der Zeit wird aufgehalten und herausgeputzt. Der Universitätssitz in zwei historischen Stadthäusern, um die Ecke vom Rathaus, hat einen attraktiven Ausstellungsraum, in dem Lejárragas Fotografien in Dialog mit den alten Mauern treten. Wenn das Sonnenlicht durch den Innenhof den kleinen Saal mit den Rundbögen und Natursteinkanten erleuchtet, erhalten auch die Arbeiten einen besonderen Glanz.
„Eigentlich bräuchten die Fotografien kleine Spots, die sie zum Leuchten bringen“, sagt Lejárraga. Aber einen Eindruck geben sie auch so und laden ein, den Zauber im Detail zu erkennen.