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Alte Objekte wertschätzen, sie für die Gegenwart herrichten und dabei ihre Vergangenheit respektieren: Wie Restaurator Stefano Sassu, Antiquitätenhändler Joaquín Guzmán und die Betreiber eines Hotels in Benissa Geschichte in die Gegenwart holen.
Vom Trend zur Lebensphilosophie: Über die Liebe zu Kunst, Deko, Möbeln und Häusern mit Geschichte
Es gibt sie, diese Leute mit diesem ganz besonderen Blick. Die in dem heruntergekommenen, lieblos neben dem Container abgelegten Möbelstück das sehen, was man mit etwas handwerklichem Geschick und einiger Kreativität aus ihm machen kann. Die Hotelbetreiber Aleksandra Cicha und Charles Chambers gehören zu diesen Menschen.
Wieder andere erkennen in einem in die Jahre gekommenen, schäbigen Gemälde mit Rissen und aufgesprungener Farbe das vollendete Kunstwerk, das es einmal war – und das es mit detaillierter Pinselarbeit wieder werden kann. So wie der Restaurator Stefano Sassu Tormo.
Menschen wie sie prägt eins: die Liebe zum Alten, zu Antiquitäten, zu Objekten und Kunst, die Geschichte erzählen. Und der Wunsch, diese Leidenschaft unter die Leute zu bringen. Wie es auch Joaquín Guzmán macht. Der Antiquitätenhändler aus Valencia sinniert in der Onlinezeitung „Valencia Plaza“regelmäßig über die Faszination von Antiquitäten, Architektur und Kunst. „Wenn wir das Alte nicht mehr schätzen würden, würden wir die Augen vor der Vergangenheit verschließen“, sagt er im Interview mit der CBN (Seite 29).
„An diesem Tisch sind noch die Spuren seiner vorherigen Benutzer zu erkennen. Es gab ihn schon vor Jahrzehnten und wird ihn auch in Jahrzehnten noch geben“, sagt Charles Chambers und klopft zur Bestätigung auf den robusten Tisch aus massivem Holz, an dem seine Hotelgäste morgens gemeinsam frühstücken. „Es ist doch erstaunlich, dass hier vor 200 Jahren auch schon jemand saß und die gleichen Holzbalken anschaute, die ich jetzt sehe“, ergänzt seine Frau Aleksandra Cicha. Der Engländer und die gebürtige Polin ha- ben im vergangenen Jahr den Schritt vom geschäftigen London ins ruhige und historische Benissa in der Marina Alta gewagt, wo sie im November in einer der ältesten Straßen des Dorfes und vermutlich in einem der ältesten Häuser das Vier-Zimmer-Hotel No. 4 eröffneten. Sieben Monate hatten die Architektin und der Modedesigner alles daran gesetzt, das Gebäude zu restaurieren, zu renovieren, es alt zu lassen und ihm doch ein komplett neues Flair zu geben. Wer es betritt, betritt ein Stück Benissaner Geschichte, ein Stück historischer Architektur, die dank der geschickten Hände und gekonnten Blicke des polnisch-britischen Paares nicht etwa verstaubt und überholt, sondern überraschend frisch wirkt.
Vernachlässigte Meisterwerke
Das Geschick, manch eine Staubschicht zu entfernen, um die alte Frische hervorzuholen, beweist auch Stefano Sassu in seiner kleinen gemütlichen Werkstatt in Ontinyent, wo er sich der Restaurierung von alten Kunstwerken und Antiquitäten widmet, die er eine Etage tiefer in seinem Geschäft „Antiguart“verkauft. Der 35-jährige Halb-Italiener und Halb-Spanier wagt kaum zu atmen, wenn er den Pinsel an Werke anlegt, bei denen er anfangs oft noch nicht weiß, was genau ihn erwartet. So wie bei seiner aktuellen Arbeit – einem Ölgemälde, das respekteinflößend auf einem Gestell vor ihm steht.