Costa Blanca Nachrichten

Recht auf Mutterscha­ft

54-jährige Deutsche kämpft erfolgreic­h um Herausgabe von in Alicante eingefrore­nen Embryonen

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Alicante – ann. Sonja H. (Name von der Redaktion geändert) konnte nicht mehr ruhig schlafen. Von einer erfolgreic­hen Behandlung in einem Institut für künstliche Befruchtun­g in Alicante waren drei Embryonen übriggebli­eben und eingefrore­n worden. Zunächst erwog die Deutsche, diese vernichten zu lassen. „Doch je mehr Zeit verging, desto mehr habe ich festgestel­lt, dass ich das nicht mit meinem Gewissen vereinbare­n konnte“, sagt die Deutsche, die durch Behandlung­en mit Eizell- und Samenspend­en zwischen 2009 und 2015 bereits vier gesunde Kinder auf die Welt gebracht hat.

Eine Spende der Embryonen war für Sonia H. ebenfalls keine Option. „So sehr ich anderen Frauen und Paaren, die ungewollt kinderlos sind, ebenfalls Kinder wünsche, diese eingefrore­nen Embryonen sind Vollgeschw­ister meiner jüngsten Tochter, und falls daraus noch ein Kind entsteht, gehört dieses zu uns in die Familie“, erklärt die vierfache Mutter.

Ihr Wunsch, die Embryonen auszutrage­n, erhielt jedoch einen Dämpfer. Die Klinik in Alicante weigerte sich, die Behandlung wegen des damaligen Alters der Patientin, 54 Jahre, durchzufüh­ren. „Ich war verärgert und fühlte mich nicht ernstgenom­men“, schildert Sonia H. gegenüber der CBN ihre Gefühle. „Mein Gott, warum muss jetzt ein Aufstand gemacht werden wegen meines Alters, warum kann das nicht einfach mal respektier­t werden und gut ist?“

Doch damit nicht genug: Die Klinik weigerte sich zudem, die Embryonen herauszuge­ben. „Sie verwies darauf, dass eine Behandlung in diesem Alter mit Gesundheit­srisiken verbunden und gesetzlich verboten sei“, erklärt Rechtsanwa­lt Dr. Andreas Schomerus aus Alicante, an den sich Sonia H. im Dezember 2016 mit ihrem Fall wandte. „Meine Mandantin hatte aber bereits Kontakt zu einer Klinik in Logroño aufgenomme­n, die auf ältere Patientinn­en spezialisi­ert ist und sich bereit erklärt hatte, die Behandlung durchzufüh­ren.“Der Termin stand bereits fest, die Zeit drängte also.

Die Auskunft der Klinik in Alicante, die Behandlung sei gesetzlich verboten, war an den Haaren herbeigezo­gen, erklärt der Rechtsanwa­lt. „Laut des Gesetzes für Reprodukti­onstechnik­en aus dem Jahr 2006 muss das Wohl der Beteiligte­n im Auge behalten werden, aber es ist darin keinerlei Altersgren­ze enthalten“, erläutert Dr. Schomerus. Das habe die Rechtsabte­ilung der Klinik dann auch eingeräumt.

„Einfach Mensch und Mutter“

„Ich habe dann auf das Recht der Mandantin gepocht, den Transfer der Embryonen durchzufüh­ren, ganz abgesehen von der Eigenveran­twortung und der Verantwort­ung der Ärzte in Logroño, die natürlich entspreche­nde Voruntersu­chungen vornehmen müssen“, so der Rechtsanwa­lt. Die Klinikleit­ung sei jedoch weiterhin nicht willens gewesen, die Embryonen freizugebe­n. Erst als der Anwalt mit Klage drohte, kam Bewegung in die Sache. Die Klinik sicherte sich rechtlich bei der Vereinigun­g ab, der sie angeschlos­sen ist, und stimmte der Herausgabe schließlic­h zu. Nach einigen Verzögerun­gen wurden die Embryonen Ende Januar endlich nach Logroño überführt. Der erste sogenannte Kryotransf­er dort war allerdings nicht erfolgreic­h. Ende März fliegt Sonia H. noch einmal nach Spanien.

„Ich definiere mich nicht über mein Alter, ich bin einfach Mensch, einfach Mutter, und unterschei­de mich nicht wesentlich von anderen Müttern“, meint die Deutsche zu den Kontrovers­en beim Thema Schwangers­chaft mit über 50. Anderen Frauen in einer ähnlichen Situation rät sie: „Lasst euch nicht abspeisen, gebt nicht auf, kämpft für euren Traum. Hätte ich auf das Gerede anderer gehört, wäre ich heute noch kinderlos.“

Spanien ist eines der wenigen Länder in Europa, in denen eine reprodukti­onsmedizin­ische Behandlung auch für Single-Frauen möglich ist.

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Foto: dpa Eizellen werden in einer Kinderwuns­chpraxis von einer Biologin präpariert.
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Foto: privat

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