„Alle zittern hier“
Einbruch im Immobiliensektor: Tourismusbranche an der Costa del Sol bekommt bereits jetzt die Folgen des Brexit zu spüren
Emilio Rappold, dpa Málaga Die Folgen des Brexits sind für viele noch Zukunftsmusik – Violeta Aragón Correa bereitet das Votum der Briten für einen EU-Austritt allerdings schon jetzt Kopfschmerzen. „Die Briten, seit jeher unsere besten ausländischen Kunden, kaufen nach dem Referendum in ganz Spanien immer weniger Immobilien. Hier an der Costa del Sol spürt man das umso deutlicher“, erzählt die Generalsekretärin des Bauträger-Verbandes der südspanischen Provinz Málaga (APC) mit besorgter Miene.
Mit rund 65.000 der landesweit über 300.000 angemeldeten britischen Residenten ist die Costa del Sol neben der Costa Blanca und der Provinz Alicante die verhältnismäßig größte britische ExpatHochburg in Spanien – und wohl der ganzen EU. Nach Behördenschätzung wohnen sogar mindestens drei Mal so viele Engländer, Schotten, Waliser und Nordiren die längste Zeit des Jahres in der Region. Viele melden sich aus steuerlichen Gründen, andere aus Be- quemlichkeit nicht an.
Der geplante EU-Austritt bringt viele Unsicherheiten: Wird das Pfund weiter an Wert verlieren? Wie einfach werden Briten noch in Spanien, Italien oder Deutschland wohnen können? Wenn die im EU-Ausland lebenden Briten sich auch um die Bezahlung ihrer medizinischen Versorgung, um Rente oder Arbeitsplatz zunehmend Sorgen machen, bekommt man das nicht nur in Benidorm und Torrevieja, sondern auch in Gemeinden wie Mijas, Benalmádena und Marbella im sogenannten „BritenLand“im westlichen Teil der Cos- ta besonders deutlich mit. „Es werden inzwischen auch Kaufreservierungen gecancelt“, erzählt Aragón Correa.
Konkrete Zahlen gibt es vorerst nur für ganz Spanien. Nach Angaben der Vereinigung der Grundbuch- und Handelsregisterführer fiel der Anteil der britischen Käufe an der Gesamtzahl der von Ausländern erworbenen Immobilien in den vergangenen Monaten rasant: Von rund 24 Prozent im vierten Quartal 2015 auf 16,4 Prozent ein Jahr später.
„Ganz klar Brexit-Effekt“, so die „Registradores“. Der junge Makler Paco bekommt ihn in Be- nalmádena auch mit: „Die Briten drücken sich nicht mehr die Nasen an unserer Ladenscheibe platt.“
Mijas ist mit rund 11.500 Angemeldeten die größte britische Costa-Gemeinde. Dort hatte der Bürgermeister Juan Carlos Maldonado nach dem Votum im vorigen Juni von einem drohenden „Erdbe- ben“gesprochen. Die ersten Erschütterungen kommen nun früher als befürchtet. Die Briten kaufen nicht nur weniger – sie beginnen auch, verstärkt Immobilien abzustoßen. Die Zahl der von Briten verkauften Wohnungen und Häuser sei seit der Abstimmung um 16,5 Prozent gestiegen, so der regionale Verband der Grundstücksverwalter.
„Die politische und wirtschaftliche Ungewissheit treibt viele Briten zu einem bis vor kurzem noch völlig undenkbaren Schritt: Den Verkauf der Wohnung in Málaga“, sagt Verbandschef Fernando Pastor. Man befürchtet drastische politische Maßnahmen und sinkende Preise.
80 Prozent der Gäste sind Briten
Besuch im spanischen „BritenLand“. Februar in Benalmádena, knapp 20 Grad. Einige „Guiris“, wie man hier die Touristen, Expats und Einwanderer aus dem wohlhabenden Nordeuropa seit den 1960ern nennt, spazieren im Badeanzug am Meer entlang. Andere sonnen sich bei Bier oder Sangria auf der Promenade. Bars und Res-
„Die Briten drücken sich nicht mehr die Nasen an der Ladenscheibe platt.“