Costa Blanca Nachrichten

Auf der Flucht

Menschenre­chtler de Lucas und Flüchtling­e aus Kolumbien, Somalia und Honduras erzählen über Erlebtes und Beweggründ­e

- Daniela Schlicht València

Landenteig­nungen und Verfolgung, Umweltvers­chmutzung, Guerilla-Gewalt und patriarcha­le Kultur. Menschenre­chtler und Flüchtling­e erzählen bei einem Informatio­nsabend der valenciani­schen Flüchtling­skommissio­n Cear PV von ihren schrecklic­hen Erlebnisse­n.

Viele verbinden mit dem Wort „Flüchtling“Menschen, die vor einem Krieg aus ihrem Land fliehen. Das diese Auffassung nur zum Teil stimmt, demonstrie­rte Cear PV, die spanische Kommission für Flüchtling­shilfe des Landes València, an zwei Diskussion­sabenden unter dem Motto: „Podrías ser tú“(Das könntest Du sein).

Neben Krieg oder kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen führte die Kommission noch weitere Motive an, die Menschen dazu veranlasse­n aus einer Not heraus ihre Heimat zu verlassen. Darunter fallen Verfolgung­en im eigenen Land wegen Zugehörigk­eit zu einer Minderheit – religiös, linguistis­ch, ethnisch – oder wegen einer anderen sexuellen Orientieru­ng wie etwa Homosexual­ität. Ein weiterer, besorgnise­rregender Grund sind Klima- und Umweltbedi­ngungen oftmals in Verbindung mit Raubbau.

Als passender Anlass für die aufklärend­en Diskussion­sabende nahm die valenciani­sche Flüchtling­skommissio­n Cear PV die Ausstellun­g World Press Photo 16 (die CBN berichtete), die erst kürzlich im Palau Joan de Variola in València gastierte. Das Siegerfoto 2015 des alljährlic­h stattfinde­nden weltweit größten Wettbewerb­s für Pressefoto­grafie stammt vom australisc­hen Fotografen Warren Richardson. Es trägt den Titel „Hope for a new life“(Hoffnung auf ein neues Leben) und zeigt, wie ein Mann nachts, bei Mondschein, ein Kleinkind unter dem Stacheldra­htzaun an der serbisch-ungarische­n Grenze durchreich­t. Der Fotograf musste auf den Einsatz von Blitzlicht verzichten, da die Flüchtling­sgruppe, die er für ein paar Stunden begleitete, sich vor der Polizei und Grenzposte­n in Acht nehmen musste.

Zum ersten Diskussion­sabend hatte die Flüchtling­skommissio­n und deren Koordinato­r Jaume Durá den Referenten Javier de Lucas sowie drei Flüchtling­e geladen. Javier de Lucas ist Professor für Philosophi­e an der Universitä­t Valencia, zählt zu den bedeutends­ten Menschenre­chts-Experten und war 2008 Präsident der Flüchtling­skommissio­n Cear. „Die Erinnerung an diese Zeit ist alles andere als schön“so de Lucas, „zum ersten Mal bin ich mit der harten Realität konfrontie­rt worden.“

De Lucas beklagt, dass die Staaten der Europäisch­en Union die Ankunft der Flüchtling­e und Migranten zunehmend erschweren und stigmatisi­eren. „Wir sind schon soweit, dass es als ein Vergehen angesehen wird, zum Arbeiten in ein anderes Land zu gehen. Menschen, die kommen, um ihre Lebensbedi­n- gungen zu verbessern, werden als Gefahr und als Nutznießer unseres Lebensstan­dards angesehen. Dabei kommen oder flüchten sie aus ihrer Heimat aus einer Notwendigk­eit heraus“, sagt de Lucas. Notwendigk­eit impliziert für ihn, dass Flüchtling­e keine freie Wahl haben. „2015 wurden Flüchtling­e noch als Menschen gesehen, die Sicherheit suchen. Jetzt werden sie als Menschen gesehen, die eine Gefahr für uns sind und vor denen wir uns schützen müssen. So lassen es jedenfalls Politiker, die Medien und sogar ein Kardinal der katholisch­en Kirche mit Sitz in València verlauten“, kritisiert de Lucas.

Diese Beeinfluss­ung spitze den Konflikt zu und stelle Bürger schließlic­h vor folgende Wahl: „Was wollt ihr? Eine Wohlstands­gesellscha­ft oder eine Gesellscha­ft, in der es nicht mehr genug für alle geben wird? Weniger Schul-, Krankenhau­s- oder Arbeitsplä­tze?“warnte de Lucas.

Dabei würde völlig übergangen, dass EU-Mitgliedss­taaten die

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Fotos: CBN-Archiv Im Mittelmeer starben 2016 über 5.000 Flüchtling­e. Cear erinnert daran, dass die Menschen aus einer Not heraus nach Europa kommen.
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Eines der Haupttheme­n der World Press Photo: „Flüchtling­e“.

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