Auf der Flucht
Menschenrechtler de Lucas und Flüchtlinge aus Kolumbien, Somalia und Honduras erzählen über Erlebtes und Beweggründe
Landenteignungen und Verfolgung, Umweltverschmutzung, Guerilla-Gewalt und patriarchale Kultur. Menschenrechtler und Flüchtlinge erzählen bei einem Informationsabend der valencianischen Flüchtlingskommission Cear PV von ihren schrecklichen Erlebnissen.
Viele verbinden mit dem Wort „Flüchtling“Menschen, die vor einem Krieg aus ihrem Land fliehen. Das diese Auffassung nur zum Teil stimmt, demonstrierte Cear PV, die spanische Kommission für Flüchtlingshilfe des Landes València, an zwei Diskussionsabenden unter dem Motto: „Podrías ser tú“(Das könntest Du sein).
Neben Krieg oder kriegerischen Auseinandersetzungen führte die Kommission noch weitere Motive an, die Menschen dazu veranlassen aus einer Not heraus ihre Heimat zu verlassen. Darunter fallen Verfolgungen im eigenen Land wegen Zugehörigkeit zu einer Minderheit – religiös, linguistisch, ethnisch – oder wegen einer anderen sexuellen Orientierung wie etwa Homosexualität. Ein weiterer, besorgniserregender Grund sind Klima- und Umweltbedingungen oftmals in Verbindung mit Raubbau.
Als passender Anlass für die aufklärenden Diskussionsabende nahm die valencianische Flüchtlingskommission Cear PV die Ausstellung World Press Photo 16 (die CBN berichtete), die erst kürzlich im Palau Joan de Variola in València gastierte. Das Siegerfoto 2015 des alljährlich stattfindenden weltweit größten Wettbewerbs für Pressefotografie stammt vom australischen Fotografen Warren Richardson. Es trägt den Titel „Hope for a new life“(Hoffnung auf ein neues Leben) und zeigt, wie ein Mann nachts, bei Mondschein, ein Kleinkind unter dem Stacheldrahtzaun an der serbisch-ungarischen Grenze durchreicht. Der Fotograf musste auf den Einsatz von Blitzlicht verzichten, da die Flüchtlingsgruppe, die er für ein paar Stunden begleitete, sich vor der Polizei und Grenzposten in Acht nehmen musste.
Zum ersten Diskussionsabend hatte die Flüchtlingskommission und deren Koordinator Jaume Durá den Referenten Javier de Lucas sowie drei Flüchtlinge geladen. Javier de Lucas ist Professor für Philosophie an der Universität Valencia, zählt zu den bedeutendsten Menschenrechts-Experten und war 2008 Präsident der Flüchtlingskommission Cear. „Die Erinnerung an diese Zeit ist alles andere als schön“so de Lucas, „zum ersten Mal bin ich mit der harten Realität konfrontiert worden.“
De Lucas beklagt, dass die Staaten der Europäischen Union die Ankunft der Flüchtlinge und Migranten zunehmend erschweren und stigmatisieren. „Wir sind schon soweit, dass es als ein Vergehen angesehen wird, zum Arbeiten in ein anderes Land zu gehen. Menschen, die kommen, um ihre Lebensbedin- gungen zu verbessern, werden als Gefahr und als Nutznießer unseres Lebensstandards angesehen. Dabei kommen oder flüchten sie aus ihrer Heimat aus einer Notwendigkeit heraus“, sagt de Lucas. Notwendigkeit impliziert für ihn, dass Flüchtlinge keine freie Wahl haben. „2015 wurden Flüchtlinge noch als Menschen gesehen, die Sicherheit suchen. Jetzt werden sie als Menschen gesehen, die eine Gefahr für uns sind und vor denen wir uns schützen müssen. So lassen es jedenfalls Politiker, die Medien und sogar ein Kardinal der katholischen Kirche mit Sitz in València verlauten“, kritisiert de Lucas.
Diese Beeinflussung spitze den Konflikt zu und stelle Bürger schließlich vor folgende Wahl: „Was wollt ihr? Eine Wohlstandsgesellschaft oder eine Gesellschaft, in der es nicht mehr genug für alle geben wird? Weniger Schul-, Krankenhaus- oder Arbeitsplätze?“warnte de Lucas.
Dabei würde völlig übergangen, dass EU-Mitgliedsstaaten die