Dijsselbloem und die Südländer
Holländer leben am liebsten im Wohnwagen, kiffen was das Zeug hält und werden im Fußball nie Weltmeister. Und überhaupt ist dort alles Käse. Es leben die Vorurteile, die wir in Europa über andere Länder auf diesem Kontinent pflegen. Selbstverständlich pflegen auch die Holländer ihre Vorurteile. So wie Jeroen Dijsselbloem, Chef der Euro-Gruppe. Die südlichen Euro-Länder hätten ihr Geld für „Schnaps und Frauen“ausgegeben, ließ der 50-Jährige Holländer in der vergangenen Woche vom Stapel. Just zu einem Zeitpunkt, da sich die EU anschickte, 60 Jahre Römische Verträge groß zu feiern.
Das Schlimme an dem Spruch ist: Dijsselbloem scheint das wirklich zu glauben. Eine Entschuldigung, wie vielfach gefordert, lehnt er jedenfalls ab. Zeit also für einen kleinen Faktencheck. So wie ihn Thomas Fricke auf Spiegel-Online in einer Kolumne vorgenommen hat. Trinken die „schludrigen“Südländer tatsächlich mehr als die „soliden“Niederländer?
Fricke hat in den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation nachgeschaut: Demnach kommt ein Niederländer auf neun Liter reinen Alkohols im Jahr. „Der Spanier trinkt geringfügig mehr, der Portugiese deutlich mehr, der Italiener und der Grieche sogar deutlich weniger als Dijsselbloems Landsleute“, lässt sich laut Fricke aus der Statistik ablesen. Zudem würden gemessen an der Gesamtbevölkerung in den Niederlanden sogar deutlich mehr Menschen an Alkoholmissbrauch sterben als in Portugal, Spanien und Griechenland.
Bliebe das Thema Ausgaben für Frauen. Leider werden hier keine länderspezifischen Statistiken geführt. Beim Umgang mit Geld sieht das dann schon wieder anders aus. Die niederländischen Staatsschulden, hat Fricke ermittelt, sind seit 2007 von 48 Prozent auf 80 Prozent gestiegen – weit über das Maastricht-Limit hinaus. Seit 2013 seien keine strukturellen Defizite im Haushalt mehr abgebaut worden. Nähme man Zinszahlungen für die Schulden heraus, würden Spanier, Italiener, Portugiesen und Griechen längst Haushaltsüberschüsse einfahren. Anders als die Niederländer! „Nicht wirklich eine gute empirische Basis, markige Schnaps-Sprüche über Südländer zu klopfen, die ihr Geld verprassen“, zieht Fricke ein Fazit. Wie wahr!