Rund ums Brot
Selberbacken ist wieder in – und nicht nur das süße Schlemmerwerk für besondere Anlässe
Brot und Salz, Urgütern der Menschheit, wurden seit frühester Zeit in beinahe allen Kulturkreisen bestimmte magische Eigenschaften zugesprochen. Brot gab Kraft, Salz bewahrte vor Verfall. Zusammen galten sie als sicheres Abwehrmittel gegen üblen Zauber und Verwünschungen böser Geister, Dämonen, Hexen oder des Teufels selbst. Brot und Salz stellen auch heute noch das Symbol der Gastfreundschaft dar.
Wer das Brot erfunden hat, ist nicht belegt. Wahrscheinlich machten verschiedene Kulturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Erfahrung des Brotbackens. Denn wo immer Menschen Getreide als Nahrungsmittel nutzten, konnten sie entdecken, wie man Brot backt. Das älteste Brot, das Archäologen bisher fanden, ist rund 5.500 Jahre alt und stammt aus der Schweiz. In Anatolien wurde zwar noch einmal ein 2.000 Jahre älterer Backofen ausgegraben, es waren jedoch keinerlei Überreste von Brot zu finden.
Die Urform des Brots ist ein Getreidebrei, der, wenn man ihn auf einem heißen Stein oder in glühender Asche trocknen lässt, einen Fladen bildet. Steht der Teig an einem warmen Ort, kann es zur Gärung und damit zur Lockerung des Teigs kommen. Wird dieser dann im geschlossenen Raum unter Feuerhitze gebacken, entsteht Brot.
Natürliche in der Luft vorkommende Hefepilze und Milchsäurebakterien lösen einen Gärungsprozess aus; die entstehenden Kohlendioxid-Gase lassen den Teig aufgehen. Behielt man von der Masse etwas zurück, konnte man jeden Teig rasch zum Gären bringen. Als Ofen dienten beispielsweise tönerne Gefäße, die man ins Feuer legte.
Die Griechen übernahmen die Brotkultur von den Ägyptern, und die Römer von den Griechen. Wie Ausgrabungen in Pompeji zeigten, blieben die Anlagen der römischen Bäckereien bis ins 19. Jahrhundert beinahe unverändert, bis neue Öfen entwickelt wurden.
Die Römer unterschieden zwischen „panis militaris“, einem weißen Brot von langer Haltbarkeit für die Soldaten, und einem zweitklassigen „panis plebeius“von dunklem Mehl für Sklaven und das einfache Volk. In die Zeit des Römischen Imperiums fällt auch der Spruch von „panem et circenses“. „Rom wird kontrolliert von Brot und Spielen“war die Meinung der damaligen Herrscher.
Ehrenhafter Beruf
Der Beruf des Bäckers war unter den Römern sehr angesehen. Im Mittelalter bildeten sich Gremien, um die Qualität des verwendeten Mehls oder den Prozess des Backens zu kontrollieren, sie stellten spezielle Zertifikate aus.
Auf die Spitze getrieben wurden in dieser Zeit die Reglements in Belgien. Stimmten Qualität, Gewicht und Textur eines Brotes nicht, wurde der Bäcker öffentlich ausgepeitscht.
Es gab aber auch andere Strafen. Wenn ein Bäcker einen Fehler beging, konnte es sein, dass er drei Monate seinen Beruf nicht ausüben durfte. Beim zweiten Mal erkannten sie ihm seinen Titel ab, und beim dritten Mal wurde er ins Exil geschickt.
Da drängt sich doch unweigerlich der Vergleich mit hiesigem Brot auf, was mit manchen Pseu- dobäckern hierzulande nach alten belgischen Gesetzen passieren würde, wenn sie ihr gummiartiges, schlecht gebackenes Brot mit wenig Kruste präsentierten.
Denn wie viele „Bäckereien“– oft sind es ehemalige kleine Familienbetriebe oder einfach nur „Brotstationen“, die nahezu in jedem Supermarkt vertreten sind – verkaufen „pan precocido“, vorgegartes Brot. Das ist schnell fertig gebacken und leider ebenso schnell nicht mehr zu genießen. Also wird am Abend noch mal frisches Brot geholt, denn Barras werden den ganzen Tag über in den Ofen geschoben.
Ein allgemeiner Trend, seit in Spanien mit der Liberalisierung des Marktes und der Preise neue Herstellungsmethoden Einzug hielten. Traditionelle kleine Bäckereien, die sich nicht zu modernisieren wussten, blieben dabei auf der Strecke. War das Pan de molde, in Kastenform gebackenes Brot, die erste große Innovation, so verursachten tiefgefrorene Teige eine
wahre Revolution. Entstanden übrigens in den 90er Jahren in Katalonien und im Land Valencia. Und so lässt sich heute das Brotangebot spanischer Bäckereien – unter Berücksichtigung der Herstellungsart – auf drei Typen reduzieren: frisches Brot, vorgefertigtes Brot und tiefgefrorenes Brot.
Brot ist gesund
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt pro Person 90 Kilo Brot jährlich – kaum 50 Kilogramm werden erreicht. Was den Konsum von Brot anbetrifft, steht Spanien ganz unten auf der europäischen Liste. Doch die jungen Bäcker kommen. Lernen bei Poilâne in Paris, wie man richtiges Brot backt. Nicht umsonst lässt sich Robert De Niro regelmäßig eine Ladung nach Manhattan schicken, auch Johnny Depp ist ein Fan des rustikalen Laibs – überhaupt, alles, was Rang und Namen hat, ordert
Mehl – die vielfältige Type
Doch gleichgültig, um welche Art Brot es sich handelt, am Anfang steht das Mehl. Seine unterschiedlichen Sorten ergeben sich durch den jeweiligen Ausmahlungsgrad, der den Anteil der Randschichten des vermahlenen Korns im Mehl bestimmt und in Deutschland als „Type“bezeichnet wird. Zum Beispiel hat das bekannte Mehl 405 eine niedrige Typenzahl. Es ist hell und locker und ergibt feineres Gebäck. Je dunkler das Mehl, desto mehr Randschichten wurden mit vermahlen. Dunkles Mehl ist gesünder und eignet sich für herzhafte Brote.
In Spanien wird entsprechend zwischen Harina floja, Harina de media fuerza und Harina de fuerza unterschieden. Während Harina floja eher mit hellem Mehl, also dem mit niedrigem Ausmahlungsgrad, zu vergleichen ist und sich für feines Gebäck wie Biskuit (Repostería) eignet, wird das „media fuerza“zum Beispiel für mit Ei Paniertes (Rebozados) oder auch wie Harina de fuerza für Brot verwendet.
Doch das Angebot an Mehl hierzulande ist beschränkt. Wählen kann man in der Regel nur zwischen Mehl für „Repostería“und Mehl für „Rebozados“. Kleine traditionelle Bäckereien verkaufen auch offenes Mehl und frische Bäckerhefe. In gut sortierten Supermärkten werden verschiedene ausländische Mehlsorten und der gute, altbekannte Hefewürfel angeboten.
Die treibende Kraft
1-60-2-2 – ein Teil Mehl, 60 % Wasser, 2 % Salz und 2 % Hefe könnte die Formel für ein rustikales Brot lauten. Ein gutes verlangt lange vergorenen Sauerteig, entchlortes Wasser, Meersalz und viel Zeit. Etwa 24 Stunden bei 21 Grad zum Aufgehen des Teigs. Ideal ist das Backen auf Stein bei 200 Grad.
Zur Lockerung des Teigs bedarf es eines Backtriebmittels. Hefen etwa, der lebenden Pilze, deren Zellen sich vermehren. Die Hefepilze lieben Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Bei diesen Bedingungen bauen sie Zucker und Stärke zu gasförmigem Kohlendioxid und Alkohol ab. Allgemein bekannt als Gärung. Die sich ausdehnenden Bläschen, die beim Gehen des Teigs entstehen, bilden die Poren des späteren Gebäcks.
Daneben gibt es Backferment aus Honig, Hülsenfrüchtemehl und Getreideschrot, das, mit Wasser vermischt, zugesetzt wird. Oder schlussendlich den Sauerteig, einen Vorteig aus Wasser und Mehl, der Mikroorganismen wie Milchund Essigsäurebakterien und Hefepilze enthält, die fortlaufend aktiv säuern und gären.
Traditionelle Brotsorten
Pan de Payés – Katalonien und Balearen. Runder, gewichtiger Laib mit dicker knuspriger Kruste und luftiger Krume, ohne Glanz. Passt zu Salaten, Würsten, Stockfisch, Käse, perfekt für „Pan y tomate“: Brot mit Tomate einreiben und mit Olivenöl beträufeln. Lechuguino – typisch in Castilla y León. Ausgerolltes, bemehltes flaches Weizenbrot, fantasievoll geformt mit kompakter weißer Krume und feiner Kruste. Zu Gebratenem, Salaten und Eingelegtem.
Salaílla – Granada. Fladenbrot mit luftiger Krume, dessen Oberfläche mit kleinen Löchern perforiert zu sein scheint. Die Kruste wird mit Olivenöl beträufelt und grobem Meersalz bestreut. Zu Wurstwaren und Aperitivos.
Pan de Rigüelto – Brot aus Murcia. Flacher Laib, hergestellt aus Weizen- und Maismehl. Gelbe, dicke Krume, matte, poröse Kruste. Schmeckt nach Trockenfrüchten. Zu Sardinen, Blauschimmel- und Ziegenkäse, Hülsenfrüchten, geräuchertem Fisch und Wild.
Bolla gallega – Galicien. Runder Laib aus Weizen- und Roggenmehl. Dunkle lockere Krume, knusprige, mit Mehl bestäubte Kruste. Leicht säuerlicher Geschmack. Passt zu Eintöpfen, Hülsenfrüchten oder Räucherfisch.
Bananenbrot
1/4 Pfund kalte Butter und mehr zum Einfetten, 150 g brauner Zu- cker (azúcar moreno), 2 Eier (huevos, zimmerwarm), ca. 5 reife Bananen (plátanos), 200 g Mehl (harina), 1 TL Natron (bicarbonato de sodio), 1/4 TL Salz
Deko: 3 EL gehackte Walnüsse (nueces), 1 EL Zucker, etwas Zimt
Backofen auf 180 Grad vorheizen. Eine Kastenform ausfetten.
Mit dem Mixer Butter schaumig rühren. Zucker zufügen und zwei Minuten mehr schlagen. Die Eier eins nach dem anderen zufügen. Bananen zugeben und mixen, bis nur noch kleine Stückchen in der Masse sind.
Die trockenen Bestandteile wie Mehl, Zucker und Natron vermischen und zu der Bananenmasse geben, aber nur gerade so viel rühren, dass alles bindet. Teig in eine gefettete Kastenform füllen. Nüsse, Zucker und Zimt vermischen und drüberstreuen.
Das Bananenbrot eine gute Stunde backen. Mit einem Holzstäbchen überprüfen, ob es gar ist. In der Form zehn Minuten abkühlen lassen. Dann auf ein Gitter stürzen, bis es komplett kalt ist.
Brot-Grundrezept
1 kg Mehl (z.B. Type 550 oder englisches „strong bread flour“oder vom spanischen Bäcker), 1 Würfel Hefe (levadura), 30 g Honig (miel) oder Zucker (azúcar), 30 g Salz, 625 ml lauwarmes Wasser, Mehl zum Bestäuben
Hefe und Honig oder Zucker in der Hälfte des lauwarmen Wassers auflösen. Auf einer sauberen Arbeitsfläche oder in einer großen Schüssel das mit Salz vermischte Mehl aufhäufen. In die Mitte eine Vertiefung machen und die aufgelöste Hefemischung hineingeben. Mit den Fingern von innen nach außen Mehl in die Mischung einarbeiten, bis alles aufgesogen ist. Dann in die Mitte das restliche lauwarme Wasser gießen und das Ganze zu einem feuchten Teig verarbei- ten. Je nach Mehltyp kann auch mehr Wasser erforderlich sein.
Jetzt wird geknetet, sprich, der Teig mindestens fünf Minuten kräftig geschlagen, gerollt und wieder zusammengeklappt, bis er gerade nicht mehr auf dem Tisch und an den Händen klebt. Eventuell etwas Mehl zur Hilfe nehmen.
Die Hände gut mit Mehl einreiben, den Teig in eine runde Form bringen und auf ein Backbrett legen. Mit einer scharfen Klinge tief einschneiden, so kann der Teig langsam aufgehen. Sein Volumen sollte sich in etwa verdoppeln.
Ideal für das Aufgehen des Teigs ist ein warmer, feuchter Platz ohne Zugluft. Das könnte neben dem Herd sein, auf dem sich Dampf vom Kochen entwickelt, oder auf einem Regal darüber. Auch das Bedecken mit Klarsichtfolie beschleunigt den ganzen Prozess. Bei idealen Bedingungen rechnet man für das Aufgehen etwa 40 Minuten. Es kann aber gut länger dauern.
Wenn das Teigstück die doppelte Größe erreicht hat, muss es noch einmal kräftig geknetet werden, damit die Luft aus dem Teig geht. Dann in die gewünschte Form bringen und ein zweites Mal in aller Ruhe bis zum doppelten Volumen aufgehen lassen.
Jetzt das Teigstück am besten nicht mehr anrühren, sondern sanft in den 200 Grad heißen Backofen legen und ebenso sanft die Ofentür schließen. Ob das Brot fertig ist, kann durch Klopfen gegen seine Unterseite festgestellt werden. Klingt es hohl, ist es gar. Zum Abkühlen auf ein Gitter legen. Quellen: AID Verbraucherdienst; Museum der Brotkultur Ulm.