Schwenk in der Energiepolitik
Regierung setzt nach Jahren der Abstinenz wieder stärker auf Sonne, Wind und Wasser
Zusätzliche 2.000 Megawatt „würden den EE-Anteil auf 18 Prozent anheben“
Madrid – tl. Jahrelang hat die Regierung Rajoy die Erneuerbaren Energien (EE) stiefmütterlich behandelt. Nun aber hat es den Anschein, als würden Sonne, Wind und Wasser wiederentdeckt. Schließlich gibt es so etwas wie Klimaschutzziele. Und die dürfte Spanien weit verfehlen, wenn sich nicht bald etwas tut. Bis 2020, so die Verpflichtung, sollen 20 Prozent des Stroms, den das Land verbraucht, aus regenerativen Quellen stammen.
Während beispielsweise in Europa zwischen 2013 und 2015 die installierte Windkraftkapazität um 20 Prozent zulegte, kam Spanien auf magere plus 0,07 Prozent, wie die Zeitung „El País“(Sonntag) vorgerechnet hat. Ähnlich dürftig sah es im gleichen Zeitraum in Sachen Solarenergie aus: Europa plus 58 Prozent, Spanien plus 0,3 Prozent.
Bereits im vergangenen Jahr wurde nun ein erster zaghafter Schritt unternommen, an diesem Missverhältnis etwas zu ändern. Die Regierung in Madrid lancierte eine Versteigerung zur Installierung von EE-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 500 Megawatt. Laut „El País“steht jetzt eine Versteigerung von 2.000 Megawatt unmittelbar bevor.
Allein mit dieser Versteigerung könnte Spanien einen ordentlichen Satz in Richtung 20 Prozent machen. Bislang deckt das Land 16,2 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien. Zusätzliche 2.000 Megawatt „würden den EE-Anteil auf 18 Prozent anheben“, wie Energiestaatssekretär Daniel Navia zitiert wird.
2012 war die Regierung Rajoy kräftig auf die Bremse getreten, was den EE-Ausbau anbetraf. Was allerdings nicht nur auf die Strom- konzern-freundliche Politik des damaligen Industrieministers Manuel Soria zurückzuführen war. Vielmehr hatte die sozialistische Vorgängerregierung einem völlig unregulierten Wachstum des Solarenergiesektors Vorschub geleistet. Viele Investoren – auch Privatleute – ließen sich damals von dem Boom blenden. Auf 23 Milliarden Euro stieg das Tarifdefizit an. Der abrupte Ausbaustopp und die Kürzung der Einspeisevergütungen trafen den Sektor heftig. Noch heute beschäftigen sich Gerichte mit der „Energiereform“des Ministers Soria.
Im Gegensatz zur Solarenergie verlief der Ausbau der Windkraft weitaus sanfter und geordneter. Die Soria-Reform hatte hier weitaus weniger gravierende Einschnitte zur Folge. Insofern steht Spanien in Sachen Windkraft heute nicht schlecht da. Fast die Hälfte der EE-Stromproduktion stammt inzwischen aus dieser natürlichen Quelle.