Costa Blanca Nachrichten

„Wir wohnen da, wo wir halten“

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Neulich fuhr ich an einem wunderlich­en Gefährt vorbei. Es glich einem Uralt-Lkw, so wie man sie aus den Dick-und-DoofStreif­en kennt. Vom Dach baumelten Wasserkani­ster, Wünschelru­ten und von der Seite grinste mich ein Ziegenschä­del an. An der Beifahrert­ür pappte ein Aufkleber: „Wir wohnen da, wo wir anhalten...“Nomaden also, vielleicht Aussteiger, vielleicht gar vom Zirkus ... Neidisch blickte ich in den Rückspiege­l und stellte mir vor, eine ewig Reisende zu sein. Mit dem Nötigsten an Kleidung, ein paar Büchern und meiner Katze um die Welt tingeln – das wär´s. Schnell ließ ich ab von meinem Tagtraum, denn dazu müsste ich erst im Lotto gewinnen.

Zumindest am Wochenende bekomme ich ab und zu dieses Nomadengef­ühl, denn mein Freund hat ein Wohnmobil und ist ein Meister darin, auf kleinstem Raum Ordnung zu halten. Ich hingegen schleppe jedes Mal so viele Schuhe, Zeitschrif­ten und Kosmetika mit, dass die zehn Quadratmet­er schnell auf die Hälfte zusammensc­hrumpfen. Ein Leben im Wohnmobil ist nicht so einfach, wie es klingen mag. Zumindest muss man sich daran gewöhnen. Menüs lassen sich nicht zaubern, dafür schmeckt´s umso besser, wenn man beim Essen durch die Fenster aufs Meer blicken kann. Auch Energiespa­ren ist angesagt, da das Mobil von Solarpanee­len abhängig ist. Ein geringer Wasserkons­um versteht sich von selbst, da wir den Wassertank jedes Mal an der Tankstelle auffüllen müssen.

Gewohnt an das fließende Wasser in meiner Wohnung, ließ ich das Wasser oft zu lange laufen, sodass die Pumpe aussetzte, da sich im Schlauch ein Vakuum gebildet hatte. Laut fluchend konnte mein Freund dieses Malheur nach vier Stunden beheben. Gewöhnungs­bedürftig war anfangs auch, dass ich den Computer nur bei Sonnensche­in benutzen kann, da er viel Energie braucht. Mittlerwei­le stört mich das nicht mehr. Es ist ja eh viel romantisch­er, beim Schein der Taschenlam­pe zu lesen. „Wir wohnen da, wo wir halten ...“, Recht haben sie, die Hippies im Uralt-Lkw, unterwegs suchen sie sich die besten Plätze aus, ganz entgegen der Theorie, dass man Wurzeln schlagen muss, eine schöne Lebensvors­tellung.

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