Eine soziale Tragödie
Emaús-Hilfswerk droht zusammenzubrechen – Bürgermeister starten letzten Rettungsversuch
Der sozialen Fürsorge in der Marina Baja und Alta droht ein schwerer Schlag. Das Hilfswerk Emaús mit Sitz in Altea steht unmittelbar vor der Schließung – und damit die dortige Seniorenresidenz sowie mehrere Einrichtungen für Sozialwaisen, Behinderte und misshandelte Frauen von El Verger im Norden bis Relleu im Süden. Die Landesregierung in Valencia spricht von einem Finanzloch von 21 Millionen Euro, – eine Katastrophe.
Am Dienstag demonstrierten wieder 150 Personen vor Alteas Rathaus, vor allem Angestellte, sowie Familienangehörige der Senioren in Les Boqueres und der Sozialwaisen. „Kinder sind keine Ware“oder „Nein zur Ausweisung unserer Senioren. Boqueres ist ihre Heimat“stand auf den Plakaten. Diesmal mischten sich auch die Bürgermeister darunter, die Emaús-Einrichtungen in ihren Gemeinden haben, also Relleu, Calp, Polop, L’Alfàs del Pi, Altea, Benissa und El Verger.
Die Stadtoberen unterzeichneten ein an Spaniens Arbeitsministerin Fátima Báñez gerichtetes Dokument, in dem sie um den Erlass der Emaús-Schulden in Höhe von sechs Millionen Euro bei der Seguridad Social ersuchen. Diese Außenstände standen bei den bisherigen Verhandlungen einer Übernahme des Hilfswerks durch einen katalanischen Betreiber im Weg.
Eine solche Übernahme könnte die Schließung der Einrichtungen und die soziale Katastrophe von den Bewohnern noch abwenden. „Ich bin gegen eine Zerschlagung von Emaús und eine Schließung ihrer Einrichtungen in den MarinaKreisen“, sagte Alteas Bürgermeister Jaume Llinares. Fußballklubs und Banken hätte der Staat doch schon höhere Außenstände bei der Seguridad Social erlassen. Warum nicht auch Emaús?
Das 1979 von Ehrenbürger Francisco Nadal gegründete Hilfswerk steckt seit eineinhalb Jahren in einem Konkursverfahren. Die etwa 300 Angestellten haben über sechs Krisenjahre hinweg in einer heroischen Leistung den Betrieb aufrechterhalten und seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Nun droht ihnen obendrein ein EREAusstellungsverfahren, das die Landesregierung gerade und in letzter Minute – Stichtag war der Mittwoch – in Verhandlungen mit dem Konkursrichter nochmals um zwei Monate herauszögern will.
Als ein „Beispiel für Inkompetenz und ein Ruin sondergleichen“bezeichnete die zuständige Landesministerin Mónica Oltra die Situation in Emaús. Jahrelang habe niemand die Verwaltung der Einrichtungen kontrolliert, obwohl dort Personen betreut würden, die unter der Vormundschaft der Landesregierung stünden, polterte Oltra.
Die Landesregierung wirkte in dem Komitee mit, das sich im Zuge des Konkursverfahrens um eine Übernahme der Einrichtung bemühte. Und ganz unberechtigt ist Oltras Vorwurf wahrlich nicht. Wie konnte die vorherige Landesregierung nur tatenlos mitansehen, dass ein gemeinnütziges Hilfswerk Schulden von über 20 Millionen Euro anhäufte? Dabei kannte Valencia die kritische Situation des Hilfswerks ja bestens, die PP-Landesregierung zählte zu den säumigsten Schuldnern und trug damit dazu bei, dass Emaús in diese Schuldenspirale geriet.
„Ein Beispiel für Inkompetenz und ein Ruin sondergleichen“
Ein Skandal, vor allem weil den ohnehin sozialschwachen und mitunter entwurzelten EmaúsSchützlingen der Umzug in andere Einrichtungen in der Region Valencia droht. „Die Kinder müssen ihre Häuser und Schulen verlassen und irgendwohin ziehen, weit weg von Freunden und Familien, und dort müssen sie sich wieder neu integrieren. Dieser Prozess verlangt viel von Kindern, die ohnehin schon schmerzliche Niederlagen und schlechte Erfahrungen mit sich herumtragen“, so bringt es das Dokument der Bürgermeister auf den Punkt, das der Arbeitsministerin bei der nächsten Parlamentssitzung übergeben werden soll.
Derweil versichert die Landesregierung in Valencia, sie werde alle Minderjährigen, Behinderten und misshandelten Frauen in öffentlichen Einrichtungen aufnehmen. Ein entsprechender Plan sei ausgearbeitet.
Keine neue Heimat finden allerdings erstmal die Senioren aus der privaten Einrichtung Los Boqueres. Sie müssen möglicherweise ab Mitte Mai ihre Residenz in Altea verlassen. Den Exodus versucht das Rathaus zu verhindern. Wie ist noch unklar.
Die örtliche Volkspartei hält nicht viel von der Suche nach den Schuldigen. PP-Sprecher Jesús Ballester will lieber Lösungen finden. „Wir glauben, dass die verschiedenen Verwaltungen – die lokale, die regionale und die nationale – eine Lösung für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Emaús finden könnten, wenn das gewollt ist. In dem Sinne müssen wir gemeinsam dafür arbeiten.“
Wie eine Einigung aussehen könnte, zeichnete die frühere Präsidentin und Angestellte Montserrat Fiter auf. Nur um die Evakuierung der sieben Einrichtungen für Sozialwaisen abzuwenden, bedarf es über 1,4 Millionen Euro. Fiter plädierte für die Gründung von Organisationen, die für die Einrichtungen bürgen und die Verantwortung für den Betrieb, die Betreuung und die Bezahlung des Personals übernehmen können.
Die Kinderheime wurden in der Vergangenheit von ausländischen Residenten – insbesondere Briten und Deutschen – unterstützt. Entsprechend groß war die erste Reaktion auf Fiters offenen Brief.