Dann lieber auf Tauchstation
Zum Rückgang der Einwohnerzahlen in den Gemeinden: „Resident, wo bist du?“– CBN 1.742
Der Rückgang der Zahlen gemeldeter „Teilzeit-Residenten“hat seine Gründe. Nach diversen Änderungen im Bereich Aufenthaltsrecht, Meldepflicht, Führerscheintausch, Kfz-Ummeldung und Steuerrecht sind viele Menschen, die hier ihren Lebensabend verbringen, stark verunsichert.
Dabei haben sich offensichtlich einige Regeln gar nicht oder nur gering verändert und werden nur von den Behörden stärker fokussiert. Oder sie haben es angekündigt, das tun zu wollen. Viele der hier Lebenden fühlen sich als Langzeiturlauber, die vielleicht mal mehr als 183 Tage und mal weniger als diese hier sind. Und, was besonders wichtig ist: Im hohen Alter wollen sie in die alte Heimat, oder wenn eine schwere Krankheit zu bewältigen ist.
Da stellt sich natürlich schnell die Frage, warum man sich den ganzen Behördenstress antun soll, wenn einige Jahre später doch alles zurückgeändert werden muss. Aber das steht ja auch schon alles im Artikel der CBN.
Außerdem empfinden es viele hier Teilzeit-Lebende als Zumutung im ach so freizügigen Europa, wenn zum Beispiel marodierende Einbrecherbanden, welcher Provenienz auch immer, nur mäßig verfolgt werden, aber man selbst als Steuerzahler in eine Verwaltungsmühle gepresst werden soll, nur um ein paar Steuer-Euro mehr aus dem „Langzeiturlauber“herauszuholen.
So trägt doch ein gut situiertes Rentnerpaar mit Haus, das hier sei- nen kompletten Lebensunterhalt für einige Monate ausgibt, mit der Mehrwertsteuer, der Nichtresidentensteuer und der IBI erheblich zum staatlichen Steueraufkommen bei. Gleichzeitig sehen diese Steuerzahler aber auch täglich, wie die eingenommenen Mittel vom Staat verschwendet werden.
Asphaltierte Kreisverkehre auf Feldwegen, unsinnige Fahrradwege in der Straßenmitte für Selbstmörder, überdimensionierte Bauschilder, deren Kosten die Investitionen in die Höhe treiben, Autobahnbrücken ohne Straßenanbindung, öffentliche Baumaßnahmen, die gleich wieder geändert oder zurückgebaut werden. Und die auch von der CBN immer wieder beschriebene Korruption.
Und wer hier die Korruption schon aus nächster Nähe betrachten konnte, hat wenig Lust, sich auch nur im Geringsten, und sei es nur für das Empadronamiento, zu erklären. Wem bereits bezahlte Unterlagen vom Ayuntament vorenthalten wur- den, um einem gerissenen Urbanisator einen wertvollen Zeitvorsprung zu verschaffen, oder wenn sich eine Gemeinde lieber eine gerichtliche Strafe aufbrummen lässt, weil es einen Bauunternehmer zulasten von ausländischen Bauherren schützt, dem wird es egal sein, was diese Gemeinde aus der Staatskasse zugewiesen bekommt. Offenbar deutet ihr Verhalten doch auf andere Einnahmequellen.
Mit ist auch ein anderer Fall bekannt, in dem das LRAU – umgangssprachlich auch „Landraubgesetz“– so gedehnt worden ist, dass eine geplante Neubau-Anliegerstraße ein Grundstück durchtrennte und der Eigentümer sich doch bitte zwischen Haus und Pool einen Zebrastreifen anlegen sollte. Die Gemeinde verweigerte jede Änderung der Planung. Und bitteschön alles unter Umgehung der vorgeschriebenen Enteignungsverfahren.
Erst als die Gemeinde vor dem Verwaltungsgericht zu scheitern drohte, EU-Kommission und Strafanzeigen im Raum standen, tauchte plötzlich ein Käufer aus der Baubranche für das Grundstück buchstäblich aus dem Nichts auf und kaufte zu einem Preis, der nichts zu meckern übrig ließ. Elegant gelöst, oder? Abgesehen von den Nerven des betroffenen Eigentümers, der erheblich an „Rest-Lebens-Qualität“eingebüßt hat.
Wem dann vom städtischen Mitarbeiter bei der Verlängerung des Empadronamiento nahegelegt wird, er möge doch die Residencia beantragen, denn man habe ihn schon oft hier im Dorf gesehen und man sei doch sicher mehr als 183 Tage hier, der wird schnell nachdenklich. Einige haben sogar schon vor Überwachung Angst, was ich allerdings für lächerlich halte. Verstehen kann man es, wenn niemand gerne mit den hiesigen Behörden zu tun haben will.
Dazu kommt allein schon die Prozedur für die Erneuerung der NIE, die man früher einfach in einer Gestoría beantragen konnte. Heute muss man zur Polizei in die Kreisstadt. Zwei Stunden warten. Unterlagen prüfen. Zur Bank, um die Gebühren einzuzahlen, natürlich mit Anstehen und Warten. Zurück zur Polizei. Eine Stunde warten, um die eingezahlten Gebühren nachzuweisen. In einigen Wochen wiederkommen, natürlich mit Warten, um das Dokument abzuholen. Eine Zumutung im Zeitalter der Elektronik für jeden, der seine Bankgeschäfte von zu Haus macht.
Dieses schöne Land hier hat, seit es in der EU ist, viel auf den Weg gebracht. Doch Verwaltung und Rechtssystem erscheinen dem Nordeuropäer mancherorts der Levante näher als dem, was man gemeinhin als Rechtssicherheit bezeichnet.
Dazu geistern an Stammtischen, in Golfgesellschaften oder in Wandervereinen Halbwahrheiten herum, die es auch nicht immer leichter machen. So wird zum Beispiel kolportiert, dass jeder, der hier unter die Residentenpflicht“fällt und sein Auslandsvermögen nicht richtig offenlegt, mit empfindlichen Strafen bedroht wird, und zwar mehrfach, für jede Vermögensklasse einzeln. Bis zu drei mal 50.000 Euro.
Wen wundert es da, dass kaum noch jemand Lust hat, sich in Spanien anzumelden. Solange in der EU die Krümmung der Gurke wichtiger ist als die Harmonisierung der nationalen Regeln und solange die Verschwendung von Steuergeldern so offensichtlich ist, so lange wird der „Teilzeit-Resident“als Langzeiturlauber abtauchen.
Denn er sucht hier Ruhe, den Abschied vom Berufsstress. Und er will nicht mit umständlichen Behördenkram malträtiert werden, der oft wie Willkür erscheint. Dann geht er lieber auf Tauchstation oder kehrt dem Land den Rücken.
Die aufklärende Berichterstattung der CBN hat vielen auch gezeigt, auf welch dünnem Eis ihr Aufenthalt hier gebaut ist, wenn er alle Vorschriften dazu bedenkt. Also duckt man sich weg.