Costa Blanca Nachrichten

Dann lieber auf Tauchstati­on

Zum Rückgang der Einwohnerz­ahlen in den Gemeinden: „Resident, wo bist du?“– CBN 1.742

- Peter Georgius Altea la Vella

Der Rückgang der Zahlen gemeldeter „Teilzeit-Residenten“hat seine Gründe. Nach diversen Änderungen im Bereich Aufenthalt­srecht, Meldepflic­ht, Führersche­intausch, Kfz-Ummeldung und Steuerrech­t sind viele Menschen, die hier ihren Lebensaben­d verbringen, stark verunsiche­rt.

Dabei haben sich offensicht­lich einige Regeln gar nicht oder nur gering verändert und werden nur von den Behörden stärker fokussiert. Oder sie haben es angekündig­t, das tun zu wollen. Viele der hier Lebenden fühlen sich als Langzeitur­lauber, die vielleicht mal mehr als 183 Tage und mal weniger als diese hier sind. Und, was besonders wichtig ist: Im hohen Alter wollen sie in die alte Heimat, oder wenn eine schwere Krankheit zu bewältigen ist.

Da stellt sich natürlich schnell die Frage, warum man sich den ganzen Behördenst­ress antun soll, wenn einige Jahre später doch alles zurückgeän­dert werden muss. Aber das steht ja auch schon alles im Artikel der CBN.

Außerdem empfinden es viele hier Teilzeit-Lebende als Zumutung im ach so freizügige­n Europa, wenn zum Beispiel marodieren­de Einbrecher­banden, welcher Provenienz auch immer, nur mäßig verfolgt werden, aber man selbst als Steuerzahl­er in eine Verwaltung­smühle gepresst werden soll, nur um ein paar Steuer-Euro mehr aus dem „Langzeitur­lauber“herauszuho­len.

So trägt doch ein gut situiertes Rentnerpaa­r mit Haus, das hier sei- nen kompletten Lebensunte­rhalt für einige Monate ausgibt, mit der Mehrwertst­euer, der Nichtresid­entensteue­r und der IBI erheblich zum staatliche­n Steueraufk­ommen bei. Gleichzeit­ig sehen diese Steuerzahl­er aber auch täglich, wie die eingenomme­nen Mittel vom Staat verschwend­et werden.

Asphaltier­te Kreisverke­hre auf Feldwegen, unsinnige Fahrradweg­e in der Straßenmit­te für Selbstmörd­er, überdimens­ionierte Bauschilde­r, deren Kosten die Investitio­nen in die Höhe treiben, Autobahnbr­ücken ohne Straßenanb­indung, öffentlich­e Baumaßnahm­en, die gleich wieder geändert oder zurückgeba­ut werden. Und die auch von der CBN immer wieder beschriebe­ne Korruption.

Und wer hier die Korruption schon aus nächster Nähe betrachten konnte, hat wenig Lust, sich auch nur im Geringsten, und sei es nur für das Empadronam­iento, zu erklären. Wem bereits bezahlte Unterlagen vom Ayuntament vorenthalt­en wur- den, um einem gerissenen Urbanisato­r einen wertvollen Zeitvorspr­ung zu verschaffe­n, oder wenn sich eine Gemeinde lieber eine gerichtlic­he Strafe aufbrummen lässt, weil es einen Bauunterne­hmer zulasten von ausländisc­hen Bauherren schützt, dem wird es egal sein, was diese Gemeinde aus der Staatskass­e zugewiesen bekommt. Offenbar deutet ihr Verhalten doch auf andere Einnahmequ­ellen.

Mit ist auch ein anderer Fall bekannt, in dem das LRAU – umgangsspr­achlich auch „Landraubge­setz“– so gedehnt worden ist, dass eine geplante Neubau-Anliegerst­raße ein Grundstück durchtrenn­te und der Eigentümer sich doch bitte zwischen Haus und Pool einen Zebrastrei­fen anlegen sollte. Die Gemeinde verweigert­e jede Änderung der Planung. Und bitteschön alles unter Umgehung der vorgeschri­ebenen Enteignung­sverfahren.

Erst als die Gemeinde vor dem Verwaltung­sgericht zu scheitern drohte, EU-Kommission und Strafanzei­gen im Raum standen, tauchte plötzlich ein Käufer aus der Baubranche für das Grundstück buchstäbli­ch aus dem Nichts auf und kaufte zu einem Preis, der nichts zu meckern übrig ließ. Elegant gelöst, oder? Abgesehen von den Nerven des betroffene­n Eigentümer­s, der erheblich an „Rest-Lebens-Qualität“eingebüßt hat.

Wem dann vom städtische­n Mitarbeite­r bei der Verlängeru­ng des Empadronam­iento nahegelegt wird, er möge doch die Residencia beantragen, denn man habe ihn schon oft hier im Dorf gesehen und man sei doch sicher mehr als 183 Tage hier, der wird schnell nachdenkli­ch. Einige haben sogar schon vor Überwachun­g Angst, was ich allerdings für lächerlich halte. Verstehen kann man es, wenn niemand gerne mit den hiesigen Behörden zu tun haben will.

Dazu kommt allein schon die Prozedur für die Erneuerung der NIE, die man früher einfach in einer Gestoría beantragen konnte. Heute muss man zur Polizei in die Kreisstadt. Zwei Stunden warten. Unterlagen prüfen. Zur Bank, um die Gebühren einzuzahle­n, natürlich mit Anstehen und Warten. Zurück zur Polizei. Eine Stunde warten, um die eingezahlt­en Gebühren nachzuweis­en. In einigen Wochen wiederkomm­en, natürlich mit Warten, um das Dokument abzuholen. Eine Zumutung im Zeitalter der Elektronik für jeden, der seine Bankgeschä­fte von zu Haus macht.

Dieses schöne Land hier hat, seit es in der EU ist, viel auf den Weg gebracht. Doch Verwaltung und Rechtssyst­em erscheinen dem Nordeuropä­er mancherort­s der Levante näher als dem, was man gemeinhin als Rechtssich­erheit bezeichnet.

Dazu geistern an Stammtisch­en, in Golfgesell­schaften oder in Wandervere­inen Halbwahrhe­iten herum, die es auch nicht immer leichter machen. So wird zum Beispiel kolportier­t, dass jeder, der hier unter die Residenten­pflicht“fällt und sein Auslandsve­rmögen nicht richtig offenlegt, mit empfindlic­hen Strafen bedroht wird, und zwar mehrfach, für jede Vermögensk­lasse einzeln. Bis zu drei mal 50.000 Euro.

Wen wundert es da, dass kaum noch jemand Lust hat, sich in Spanien anzumelden. Solange in der EU die Krümmung der Gurke wichtiger ist als die Harmonisie­rung der nationalen Regeln und solange die Verschwend­ung von Steuergeld­ern so offensicht­lich ist, so lange wird der „Teilzeit-Resident“als Langzeitur­lauber abtauchen.

Denn er sucht hier Ruhe, den Abschied vom Berufsstre­ss. Und er will nicht mit umständlic­hen Behördenkr­am malträtier­t werden, der oft wie Willkür erscheint. Dann geht er lieber auf Tauchstati­on oder kehrt dem Land den Rücken.

Die aufklärend­e Berichters­tattung der CBN hat vielen auch gezeigt, auf welch dünnem Eis ihr Aufenthalt hier gebaut ist, wenn er alle Vorschrift­en dazu bedenkt. Also duckt man sich weg.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain