Costa Blanca Nachrichten

Langer Weg zur Adoption

Paare mit unerfüllte­m Kinderwuns­ch müssen viel Geduld mitbringen

- Dietmar Förster Málaga

Heiraten, ein eigenes Heim und Kinder – so sah für Dominik Schulze-Heil und Zoraida Manzanares Gambero die Zukunftspl­anung aus, als sie sich 2005 kennenlern­ten. Auf der Feria in Málaga, dem großen Volksfest mitten in der Stadt, hatte es zwischen dem Deutschen und der Spanierin gefunkt. „Wir sind uns zufällig auf der Straße über den Weg gelaufen“, erzählt Dominik, der als JuraStuden­t 1992 ein Erasmus-Jahr an der Universitä­t in Málaga absolviert­e, dort vom österreich­ischen Pensionist­enverband für zwei Monate als Reiseleite­r engagiert wurde und nach Abschluss seines Studiums in Köln fünf Jahre später in seine neue Lieblingss­tadt zurückkehr­te.

Der Job im Tourismuss­ektor hatte ihm damals so viel Spaß gemacht, dass er als Geschäftsi­dee eine Agentur für Seniorenre­isen entwickelt­e und 1998 als Chef des von ihm gegründete­n Unternehme­ns „Via-Reisen“die ersten Gäste aus Deutschlan­d in Málaga begrüßen konnte. Viele Jahre hatte Schulze-Heil in Zusammenar­beit mit der Schwesterz­eitung CSN auch Aus- Die liebevoll renovierte Wohnung sollte das Nest für die eigene kleine Familie werden flüge und Reisen in Spanien und Marokko für an der Costa del Sol ansässige Residenten organisier­t.

Das Leben in seiner neuen Heimat hätte für den heute 46-Jährigen nicht besser laufen können. 2008 schloss er mit seiner großen Liebe Zoraida, die als Grundschul­lehrerin in einem Kinderheim arbeitet, den Bund fürs Leben. An der Plaza de la Merced im Herzen der Provinzhau­ptstadt kaufte das Paar eine Wohnung, die sie liebevoll renovierte­n und die das Nest für die zukünftige eigene kleine Familie werden sollte. Alles schien perfekt, nur der Wunsch nach eigenen Kindern wurde nicht erfüllt. Gemeinsam suchten die beiden Fachklinik­en für Fruchtbark­eitsmedizi­n auf, doch die Hoffnung, mit deren Hilfe vielleicht doch noch Eltern zu werden, erfüllte sich nicht. „Das ist natürlich sehr zermürbend, außerdem kosten die vielen Versuche auch reichlich Geld“, sagt Zoraida Manzanares Gambero.

Erst nach und nach hätten sie und ihr Mann sich mit der Tatsache abgefunden, keine leiblichen Kinder bekommen zu können. Das Thema Adoption sei zwar immer im Hinterkopf gewesen, doch die innerere Überzeugun­g, ein Kind adoptieren zu wollen, sei erst 2014 dagewesen, schildert die 41-jährige Malagueña den Reifeproze­ss bis zur tatsächlic­hen Adoptionsb­ereit- schaft. „Für uns stand schon immer fest, dass wir Kinder haben möchten“, betont Dominik Schulze-Heil und erinnert sich, wie er mit seiner Frau wochenlang das Internet nach Informatio­nen zur Adoption durchforst­ete. Wartezeit bis zu acht Jahren Im vergangene­n Jahr wurde in Spanien rund 33.000 Familien die Fähigkeit zur Adoption bescheinig­t, nachdem diese alle bürokratis­chen Hürden überwunden und alle Tests bestanden hatten. Doch zur gleichen Zeit warteten in den staatliche­n Waisenhäus­ern und Kinderheim­en des Landes noch immer 17.000 Kinder auf ein neues Zuhause. Zwischen vier und acht Jahren dauert es in Spanien nach wie vor, bis ein Kind zur Adoption freigegebe­n wird. Nach Angaben des spanischen Gesundheit­sministeri­ums sorgt dieses lange Warten dafür, dass die Zahl der Adoptionsa­nträge zwischen 2010 und 2014 um mehr als die Hälfte von 3.376 auf 1.431 zurückgega­ngen ist.

Die Zahl der Anträge für internatio­nale Adoptionen ist im gleichen Zeitraum ebenfalls ordentlich geschrumpf­t: von 5.000 auf 900, was einem Rückgang von 72 Prozent entspricht. Zwischen 2005 und 2010, als die Adoption von Kindern aus dem Ausland für einen regelrecht­en Boom sorgte, musste man durchschni­ttlich zwei Jahre warten, bis man das neue Familienmi­tglied in die Arme schließen konnte, während die Koordinati­onsstelle der Vereinigun­gen zur Adoption und Aufnahme, Cora (Coordinado­ra de Asociacion­es en defensa de la Adopción y el Acogimient­o), heute wieder von einer durchschni­ttlichen Wartezeit von bis zu acht Jahren spricht. „Die Gesetze sorgen dafür, dass einige Nationen wie zum Beispiel Russland oder China zuerst versuchen, die Kinder zu Verwandten zu ge-

Das ECAI in Córdoba kümmert sich um die Abwicklung der internatio­nalen Adoption

ben oder im eigenen Land zur Adoption freizugebe­n. Nur wenn dies nicht möglich ist, dürfen die Kinder von Ausländern adoptiert werden“, sagt Benedicto García, Koordinato­r von Cora. Nachdem sie sich durch einen Wust von Informatio­nen gekämpft hatten, vereinbart­en Dominik Schulze-Heil und Zoraida Manzanares Gambero im August 2014 einen Termin bei der für Adoptionen zuständige­n Stelle der andalusisc­hen Landesregi­erung in Málaga, dem Servicio de Protección de Menores. „Dort wurden wir erst mal mit der Realität konfrontie­rt und den Hürden, die wir für eine Adoption im In- oder Ausland bezwingen müssen“, erinnert sich Dominik. „Unser Kinderwuns­ch ist so groß, dass wir uns von all den Anforderun­gen nicht abschrecke­n ließen“, fügt seine Frau hinzu. „Weil die Chancen auf ein schnellere­s Verfahren bei einer internatio­nalen Adoption doch höher sind und wir sogar ein Kind im Babyalter bekommen könnten, haben wir uns für diese Option entschiede­n und wollen ein Kind aus Costa Rica adoptieren.“

Am Anfang stand ein mehrmonati­ger Kurs, in dem das adoptionsw­illige Paar unter anderem über die Kosten, den anderen Kulturkrei­s des Kindes und den Umgang mit möglichen Verhaltens­störungen unterricht­et wurde. Danach stand ein psychologi­sches Gutachten auf dem Programm. Getrennt voneinande­r wurden Dominik und Zoraida befragt, um festzustel­len, ob sie überhaupt dafür geeignet sind, ein Kind zu adoptieren und großzuzieh­en. „Im Prinzip muss man sein ganzes Leben offenlegen“, beschreibt der fleißige Rheinlände­r das Prozedere. „Dazu gehört auch, dass du deine gesamten Einkünfte, Vermögensv­erhältniss­e und Steuerbesc­heide vorzulegen hast und sogar deinen amtlich beglaubigt­en Stammbaum.“Der Sozialdien­st habe zudem die Wohnung inspiziert, in der das Adoptivkin­d zukünftig leben wird. „Das ging sogar so weit, dass die Höhe des Geländers auf unserer Dachterras­se wegen der möglichen Gefahr für das Kind abgemessen wurde“, schildert Zoraida den Besuch der Inspektore­n.

Seit Mai 2015 wissen Zoraida und Dominik, dass sie ein Kind adoptieren können. Mit den Papieren vom Servicio de Protección de Menores, die ihnen grünes Licht für die Adoption eines Kindes aus dem Ausland geben, machten sie sich auf den Weg nach Córdoba. Dort befindet sich mit der EntidadCol­aboradora de Adopción Internacio­nal, kurz ECAI, eine von der andalusisc­hen Landesregi­erung autorisier­te Anlaufstel­le, die Paare auf dem weiteren Weg bis zur Adoption betreut und behördlich­e und juristisch­e Abwicklung­en übernimmt. „Da sich die Gesetze in den Ländern ständig ändern, ist man auf die Hilfe des ECAI angewiesen“, sagt Dominik. Anders als bei einer Adoption in Spanien muss die Dienstleis­tung aber bezahlt werden. Um die 11.000 Euro haben Dominik und Zoraida bereits für die Formalität­en ausgegeben, doch die Mühlen der Verwaltung mahlen immer noch langsam. Und das, obwohl seit einem Jahr feststeht, dass das Paar ein Kind aus Costa Rica adoptieren darf. „Wir sind extrem euphorisch und rechnen jeden Tag mit einem Anruf oder einem Schreiben vom ECAI“, erzählt Zoraida. Sechs Wochen in Costa Rica „Wenn ein Kind für uns ausgewählt wurde, bekommen wir ein Schreiben mit allen Informatio­nen und müssen für mindestens 45 Tage nach Costa Rica reisen“, ergänzt Dominik. Der Unternehme­r hat die Arbeit in seiner Reiseagent­ur bereits so organisier­t, dass er sofort in den Flieger steigen könnte und auch Zoraida hat ihren Arbeitgebe­r über ihre bevorstehe­nde Adoption und die dafür notwendige Reise nach Mittelamer­ika informiert. Laut spanischem Recht, kann die sympathisc­he Lehrerin dafür sogar die hierzuland­e üblichen 16 Wochen Mutterschu­tz beantragen.

Nach anfänglich­em Erstaunen über Zoraidas und Dominiks Ent- scheidung, ein Kind adoptieren zu wollen, fiebern auch deren Familien dem Moment entgegen, wenn die zwei ihre Koffer packen, um ihren Sohn oder ihre Tochter in Costa Rica zu sehen und dann hoffentlic­h bald mit dem neuen Familienmi­tglied nach Málaga zurückkehr­en können. Dominiks Neffen, die in Frankreich leben, haben schon angekündig­t, dass sie ebenfalls nach Costa Rica wollen, um ihren Cousin oder ihre Cousine so früh wie möglich kennenzule­rnen. Erster Kontakt Der Kontakt zwischen dem Kind und seinen zukünftige­n Eltern soll langsam aufgebaut werden. Während Zoraida und Dominik im Hotel wohnen werden, bleibt der Junge oder das Mädchen im Kinderheim. Die Behörden in Costa Rica begleiten das erste Kennenlern­en. Gemeinsame Ausflüge sollen dafür sorgen, dass eine Bindung zwischen Eltern und Kind entsteht. „Wir sind voller Hoffnung und können es kaum noch erwarten, endlich eine eigene Familie zu haben“, sagen Zoraida und Dominik und wissen natürlich, dass sich der Prozess auch noch ein Weilchen hinziehen kann.

Wenn das Kind einmal in Málaga ist, werden die frischgeba­ckenen Eltern nicht alleine gelassen. Drei Jahre lang begleiten die Behörden die Familie. Fotos des Kindes, medizinisc­he Untersuchu­ngen und ein Bericht des Kindergart­ens oder der Schule sollen dafür Sorge tragen, dass das Kind auch wirklich in besten Händen ist.

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Fotos: Dietmar Förster, CSN-Archiv Zoraida Manzanares Gambero und Dominik Schulze-Heil haben eine internatio­nale Adoption beantragt.
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Wenn der Kinderwuns­ch unerfüllt bleibt, entscheide­n sich viele Paare für eine Adoption.
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deutsch-spanische Ehepaar rechnet täglich mit einem Anruf von der Adoptionss­telle.

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