Keine Plusvalía bei Verkauf mit Verlust
Verfassungsgericht spricht Machtwort – Kommunen fürchten Flut an Reklamationen
Madrid – tl. Nach dem Schwund an staatlichen Schlüsselzuweisungen infolge des Einwohnerrückgangs müssen Städte und Gemeinden in Spanien einen weiteren finanziellen Schlag hinnehmen. So hat das Verfassungsgericht in Madrid die kommunale Wertzuwachssteuer – allgemein bekannt als Plusvalía – in einigen Teilen für ungültig erklärt.
Bei der Wertzuwachssteuer, die eigentlich Impuesto Municipal sobre el Incremento del Valor de los Terrenos de Naturaleza Urbana heißt, wird der fiktive Wertzuwachs von städtischem Grund und Boden, etwa beim Verkauf einer Immobilie, berechnet. Wegen des Verfalls der Immobilienpreise während der Krisen allerdings häuften sich in den vergangenen Jahren Beschwerden von Haus- und Woh- nungsverkäufern, die zu einem Preis unter dem Anschaffungswert verkaufen mussten und trotzdem die Plusvalía zu zahlen hatten.
Gerichte in Spanien gingen zuletzt zunehmend dazu über, im Sinne der Kläger zu entscheiden. Ohne Gewinn könne es schließlich keinen Wertzuwachs geben. Was den Kommunen wiederum gar nicht gefiel. Jetzt hat das Verfassungsgericht in der Sache ein Machtwort gesprochen. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die bisherige Norm das verfassungsmäßige Prinzip der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in dem Fall verletzt, dass der Steuerzahler die Plusvalía leisten soll, obwohl er bei der Übertragung der Immobilie Verlust erlitten hat. Es sei unzulässig, dass sich diese Steuer nicht an einem realen Wertzuwachs orientiere, sondern lediglich an der Eigentümerschaft über einen gewissen Zeitraum hinweg.
Für die Kommunen bedeutet die Wertzuwachssteuer eine wichtige Einnahmequelle. 2,5 Milliarden Euro, so die Zeitung „El País“, fließen jährlich in die Kassen der Rathäuser. Nun könnten sich Städte und Gemeinden in Spanien in Kürze mit einer Flut von Reklamationen konfrontiert sehen. Die Taxierungsgesellschaft Tinsa geht von etwa 550.000 Fällen aus.
Die Verbraucherschutzorganisation OCU weist darauf hin, dass Reklamationen dann möglich sind, wenn der Immobilienverkauf mit Verlust nicht länger als vier Jahre zurückliegt. Auf alle Fälle sei die Forderung auf Rückzahlung der Plusvalía zunächst ans Rathaus zu richten.
Die bisherige Norm verletzt das Prinzip der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit