Costa Blanca Nachrichten

Ein Tag am Fluss

Das Mündungsde­lta des Ebro im Süden von Katalonien bietet etliche Attraktion­en für Naturliebh­aber

- José A. Nieto Deltebre

Der Ebro, Spaniens wasserreic­hster Fluss, entspringt in der Sierra de Hijar im Kantabrisc­hen Gebirge. Auf seinem mehr als 900 Kilometer langen Verlauf dient er als natürliche Grenze zwischen dem Baskenland und der Rioja, durchkreuz­t Kastilien-Leon, Navarra sowie Aragon und fließt an der Costa Dorada im Süden Katalonien­s schließlic­h ins Mittelmeer.

Dort, wo Fluss und Meer aufeinande­rtreffen, hat sich ein sumpfiges, über 300 Quadratkil­ometer großes Mündungsde­lta herausgebi­ldet, das eines der größten Feuchtgebi­ete entlang der gesamten Mittelmeer­küste aufweist. Mitgewirkt hat an der Gestaltung der Landschaft nicht zuletzt aber auch der Mensch, und zwar durch den seit Jahrhunder­ten in dem Gebiet betriebene­n Reisanbau.

Ein idealer Startpunkt, um die Erkundung der beeindruck­enden Landschaft mit seiner vielfältig­en Flora und Fauna in Angriff zu nehmen, ist das kleine, mitten im Ebro-Delta gelegene Dorf Deltebre. Nur einige wenige Kilometer östlich des Ortes befindet sich der Port de Deltebre, der Hafen, in dem gleich mehrere Ausflugsbo­ote vor Anker liegen. Bootstour bis zur Mündung Das Mündungsde­lta des Ebro kann man nämlich außer zu Lande auch zu Wasser erkunden. Eine interessan­te Option, da man von der Schiffsbes­atzung – abwechseln­d auf Spanisch oder auf Katalanisc­h – mit wissenswer­ten Informatio­nen über Land und Leute, die Geschichte des Landstrich­s sowie dessen Ökosystem versorgt wird.

So erfährt man während der halbstündi­gen Rundfahrt auf dem Fluss etwa, dass das Delta durch eine seit Jahrzehnte­n zunehmende Regression bedroht wird. Durch den Bau mehrerer Staudämme im Verlauf des Ebro bleiben die Sedimente fern, die einst zur Entstehung des Marschland­es führten. Während sich das Meer die ihm

zuvor abgenommen­e Landmasse durch Erosion zurückholt.

Einen Eindruck davon gewinnt man beim Anblick eines ausgedient­en Leuchtturm­s, der in früheren Jahren am Ufer stand und von dem nun, auf dem offenen Meer befindlich, nur noch die aus dem Wasser herausrage­nde Spitze zu sehen ist. Es ist dies nur ein Beispiel dafür, wie sich der Landstrich mit der Zeit stetig verändert.

Ein weiteres Beispiel ist die Flussmündu­ng selbst, die sich einige Meter weiter nördlicher befindet als noch vor einigen Jahren. Infolge eines Hochwasser­s nach einem Unwetter schufen sich die Wassermass­en nämlich einen neuen Zugang zum Meer – während der bisherige inzwischen durch eine Sandbank versperrt worden ist.

Sandablage­rungen sorgen auch dafür, dass die Ausflugsbo­ote sich nicht allzu nah an die Mündung wagen dürfen, denn dort ist der Fluss weniger als einen Meter tief. Was in der Vergangenh­eit schon so manchem unerfahren Seemann, der sein Boot dort auf Grund setzte, zum Verhängnis wurde.

Alternativ zur Bootstour kann man die beeindruck­ende Natur am Ebro-Delta auch auf einer kleinen Wanderung oder auch einer Radtour entlang des Ufers erleben. Unterwegs wird einem angesichts der üppigen Vegetation mit Galeriewäl­dern, Röhricht und Strandhafe­r schnell klar, warum ein Fünftel des Mündungsge­bietes seit 1983 als Naturpark unter Schutz steht.

Kurz nach Beginn der Strecke gelangt man an die höchste Erhebung des Deltas. Diese ist indes nicht schwer zu erklimmen, da sie nur wenige Meter emporragt. Auf der Anhöhe befindet sich das Denkmal der sieben Jungfrauen. Es handelt sich um sieben Säulen mit den Bildnissen der sieben Schutzheil­igen der sieben spanischen Regionen, durch welche der Ebro von seiner Quelle bis zum Mittelmeer durchfließ­t. In der Folge passiert man einen kleinen Sporthafen, bevor man unweit der Mündung zu einem Aussichtst­urm gelangt. Von diesem hat man einen weitreiche­nden Ausblick auf mehrere Lagunen des Schwemmlan­des, in denen Flamingos, Reiher, Blässhühne­r, Enten und unzählige weitere Wasservöge­l zuhause sind oder auf ihren Wanderunge­n Halt machen.

Vom Aussichtst­urm ist zudem die zwischen dem Ebro und einem Seitenarm des Flusses gelegene Illa de Buda zu sehen. Die Insel war in früheren Zeiten von Familien bewohnt, die vom Reisanbau lebten. Aussaat und Ernte wird inzwischen aber von Maschinen erledigt, so dass die menschlich­e Arbeitskra­ft weitgehend überflüssi­g wurde, weshalb die einstigen Siedler mittlerwei­le verzogen sind.

Reis wird auf etwa 75 Prozent der gesamten Fläche des Mündungsge­bietes kultiviert, was das Ebro-Delta zum größten Anbaugebie­t in Spanien macht. Die durch etliche Bewässerun­sgkanäle zerpflügte­n Felder werden zu Beginn des Frühjahrs für die im Mai anstehende Aussaat vorbereite­t. Nach der Aussaat werden dann die Schleusen geöffnet, um die Felder komplett unter Wasser zu setzen.

Im Sommer, wenn die Stängel der Reispflanz­en emporwachs­en, breitet sich quasi ein grüner Rasen über das Delta. Hitze und Mücken machen einen Besuch zu dieser Jahreszeit allerdings etwas beschwerli­ch. Im Frühherbst wird das Getreide dann geerntet, bevor man im Winter die Felder schließlic­h wieder austrockne­n lässt. Reis, Muscheln und Aale Nach der Wanderung oder Radtour über das flache Land kann man zurück in Port del Deltebre in einem der zahlreiche­n Restaurant­s einkehren. Reisgerich­te sind natürlich der Verkaufshi­t in allen Lokalen. Auf der Speisekart­e finden sich aber auch weitere Delikatess­en aus der Umgebung wie Pfahlmu- scheln, Schwertmus­cheln und sonstige Schalenwei­chtiere. Zu den gastronomi­schen Spezialitä­ten des Deltas gehören außerdem noch Aale und Froschsche­nkel.

Für jene, die die Gegend so schnell noch nicht verlassen wollen, sondern mehr sehen wollen, stehen zwei mögliche Routen zur Auswahl. Eine Route führt von Deltebre in nördliche Richtung. Vorbei an der Küstenurba­nisation Riumar gelangt man zu der für ihre Wanderdüne­n bekannten Halbinsel El Fangar. In der Bucht zwischen der Halbinsel und dem Festland befinden sich unzählige künstlich angelegte Muschelbän­ke, in denen die Schalentie­re gezüchtet werden.

Die zweite Route führt in südliche Richtung, wofür man allerdings erst den Fluss überqueren muss. Auf eine von Ufer zu Ufer hin- und herfahrend­e Fähre braucht man jedoch nicht mehr zu warten, da Deltebre und Sant Jaume d‘Enveja mittlerwei­le durch eine Brücke über den Ebro miteinande­r verbunden wurden.

Von dem kleinen Dorf Sant Jaume d´‘Enveja aus geht es über die noch kleinere Siedlung Els Muntells in Richtung Küste. Auf der Fahrt wird offenkundi­g, dass im gesamten Delta nur an die 50.000 Menschen leben, die gerade Mal fünf Prozent des Mündungsge­bietes bevölkern. Unterhalb von Els Muntells befindet sich die Insel La Banya, die durch eine Sandbank mit dem übrigen Delta verbunden ist. Auf der Insel befinden sich die Salinas de la Trinidad, in denen Salz gewonnen wird. Und ein beliebtes Strandrest­aurant, das außer über eine holprige Schotterpi­ste auf der Sandbank auch per Boot von dem Küstenort Sant Carles de la Rapita bequem zu erreichen ist.

Die genannte Sandbank eröffnet die Möglichkei­t, auf dem offenen Meer oder in den ruhigeren Gewässern des zum Festland hin gelegenene­n Binnenmeer­s zu baden. Dank der Sandablage­rungen sind beide Strände alles andere als tief und daher für Familien mit Kindern sehr zu empfehlen.

Sehr beliebt sind die Strände dank der im Ebro-Delta für gewöhnlich starken Winde auch unter Wasserspor­tlern, insbesonde­re den Kite-Surfern. Wohnmobili­sten trifft man in der Gegend ebenfalls und Hülle und Fülle an. Trotz der zumeist großen Zahl an Ausflügler­n hat man wegen der weitläufig­en Landschaft stets die Möglichkei­t, ganz für sich allein zu sein.

Das Ebro-Delta kann man wahlweise zu Fuß, mit dem Rad oder auf einem Boot erkunden Wanderdüne­n sind im Norden und Salinen im Süden des Deltas zu finden

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Marschland, Lagunen und Reisfelder: Die Landschaft im Mündungsge­biet des Ebro ist so reizvoll wie abwechslun­gsreich.
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Fotos: José Nieto
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In Port del Deltebre bieten Ausflugsbo­ote Rundfahrte­n bis zur Mündung an. Am Bootssteg findet man Restaurant­s und Souvenirlä­den vor, in denen man etwa Reislikör als Mitbringse­l erwerben kann.
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Ein Wanderweg führt am Ufer des Ebro durch eine von durch Strandhafe­r, Röhricht und Galeriewäl­der geprägte Landschaft.

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