Duft des Südens
Knoblauch – die Knolle mit dem langen Atem
„Die spanische Küche ist voll von Knoblauch und religiösen Vorurteilen“, schrieb der galicische Schriftsteller und Gourmet Julio Camba. Das war zwar vor rund 90 Jahren, doch zumindest die unbarmherzige Analyse der iberischen Essgewohnheiten gilt noch immer: Spanien riecht nach Knoblauch. Und nach Olivenöl. Spanien, das klingt nach Sopa de ajo und Ajo blanco, nach Alioli und Pollo al ajillo.
Allium sativum spaltet die Menschheit von jeher in zwei Lager: in Knoblauchfreunde und Knoblauchfeinde. Schon in der Antike galt es als unfein, nach Knoblauch zu riechen, was besagt, dass er wahrscheinlich billig war und als Nahrungsmittel der Armen galt. Wer aber im Süden lebt, lernt den Knofel zu schätzen, denn es gibt Gerichte, die das würzige Aroma geradezu herausfordern: kein Lamm, keine Paella, keine Fischsuppe ohne Knoblauch. Knoblauchsorten
Ajo tierno ist Knoblauch, der sich bei der Ernte noch in der Entwicklung befindet. Er sieht aus wie die Miniaturausgabe einer Lauchstange, die Knolle ist noch nicht in Zehen unterteilt. Bundweise verkauft, riecht er schon recht ausgeprägt. Verwendet wird der Ajo tierno in Eierspeisen wie Tortilla und Rührei, in Salaten und Schmorgerichten, oft wird er auch als Gemüse eingesetzt. Weiterhin unterscheidet man
jungen frischen Knoblauch, getrockneten weißen und rosa Knoblauch sowie geräucherten Knoblauch. Als erstes kommt der junge frische Knoblauch mit weicher Haut und wenig Schärfe im Frühjahr auf den Markt. Erst durch Trocknen bekommen die Knollen ihre pergamentartige Schale, die sie lange haltbar macht.
Der große Ajo blanco, weißer Knoblauch, ist der gängigste getrocknete Knoblauch auf dem Markt mit kräftigem Geschmack und angenehmer Schärfe.
Ajo rosado wird in Spanien und Frankreich kultiviert und ist kleiner als der weiße. Mit seinem milden Aroma ist er eher in der feinen Küche zu finden.
Geräuchert wurde Knoblauch ursprünglich, um seine Haltbarkeit zu verlängern. Mit seinem leichten Rauchton passt der Ajo morado zu den rustikalen Gerichten, die länger geschmort werden. Der junge Knoblauch hat eine zarte Haut, die Zehen sind saftig, die Trennhäute noch nicht eingetrocknet. Der grüne Stängel mit seiner leichten Schärfe kann mitgegessen werden.
Der getrocknete Knoblauch, der später angeboten wird, ist der- be im Geschmack. Beim Einkauf ist darauf zu achten, dass die Knollen prall und unversehrt sind.
Gegen Winter muss man vor allem aufpassen, dass die Zehen noch nicht grün ausgetrieben haben. So ein Knoblauch ist überlagert. Zur Not kann man sich damit behelfen, die grünen Triebe auszuschneiden, aber eigentlich sollte man die Finger von ihm lassen. Besser ist es, auf den geräucherten Knoblauch zurückzugreifen, dem durch das Räuchern die Triebfähigkeit genommen wurde. Wie man Knoblauch am besten behandelt Knoblauch entfaltet sein volles Aroma erst, wenn man ihn zerkleinert. In der Mittelmeerküche geschieht das im Mörser, wo er zerdrückt wird. Am schnellsten geht es mit der Knoblauchpresse, die aber von Kennern abgelehnt wird mit dem Argument, dass die Schärfe zu aggressiv werde. Besser ist es, Knoblauch zu schälen und fein zu hacken oder ihn mit Salz zu bestreuen und mit dem Messerrücken platt zu drücken.
Auf jeden Fall muss Knoblauch in zerkleinertem Zustand sofort weiterverarbeitet werden, sonst bekommt das ihm eigene ätherische Öl einen unangenehmen Schwefel- geschmack.
Knoblauch darf mitkochen. So verliert er seine Schärfe und bekommt ein wundervolles Aroma. Brät man ihn allerdings zu scharf an, wird er bitter. Konservierung Junge frische Knollen vom Frühsommer haben das beste Aroma, das man durch Konservieren bis in den Winter bewahren kann. Knoblauchpaste: Vier junge Knoblauchknollen im Ofen bei 200 Grad eine halbe Stunde backen. Das Innere ausdrücken, mit Salz und 100 ml Olivenöl mixen. Im Schraubglas mit Twist-off-Deckel hält sich die Paste mehrere Monate. Gebratener Knoblauch: Zehen in gewünschte Form schneiden (Scheiben, Stifte oder Würfelchen) und auf kleinem Feuer in Öl goldbraun braten. Auf Küchenrolle abtropfen lassen und in ein Glas füllen. Hält sich mehrere Wochen. Zu Salaten oder Gemüsesuppen. Knoblauchöl: Zehn bis zwölf Knoblauchzehen in eine hübsche Flasche füllen und mit feinstem Olivenöl bedecken. Ziehen lassen, bis das Öl das Knoblaucharoma angenommen hat. Zehen entfernen und das Knoblauchöl im Kühlschrank aufbewahren. Knoblauchmayonnaise: Knoblauchzehen ein paar Tage in Öl einlegen und mit diesem Öl die Mayonnaise rühren. Knoblauchessig: Zwölf geschälte Knoblauchzehen, fünf Thymianzweige, ein Rosmarinzweig, zwei rote Chilischoten und ein bis zwei Lorbeerblätter in eine Flasche füllen und mit einem halben Liter Weißweinessig bedecken. Gut verschlossen hält er sich unbegrenzt. Huhn mit 40 Knoblauchzehen Um den Duft von Knoblauch zu entschärfen, werden oft die ganzen Zehen mit Schale geschmort oder es wird einfach – nur zum Parfümieren – das obere Drittel einer kompletten Knolle abgeschnitten und der Knoblauch, so wie er ist, etwa in ein Reisgericht gesteckt. Die Schalen schrumpeln ein, und das breiige Innere lässt sich mühelos herauslutschen. Auch ein, zwei ganze Knoblauchzehen in der Fritteuse machen sich gut, geben sie doch sogar Pommes frites ein ganz spezielles Aroma.
Nicht anders beim Huhn mit 40 Knoblauchzehen, vermutlich eine französische Erfindung, die erst mal abschreckt: Ein Huhn wird gewürzt und mit Thymian und Rosmarin, ein bisschen Petersilie und vier Knoblauchzehen in der Schale gefüllt. Die restlichen 36 Zehen werden ebenfalls mit Schale um das Huhn herumgelegt, weitere Kräuterzweige können nicht schaden. Nun wird das Huhn mit Öl bestrichen, mit Alufolie bedeckt und in den 200 Grad heißen Ofen geschoben. Eine dreiviertel Stunde, eine Stunde, das kommt auf das Gewicht des Geflügels an und – wie immer – auf den Backofen.
Wenn es gar ist, wird der Bratsatz mit etwas Weißwein abgelöscht und das Huhn mit der Sauce, geröstetem Bauernbrot und der Knoblauchcreme, in die sich die 36 Knoblauchzehen verwandelt haben, serviert. Das lässt Knoblauch ganz gewiss in einem anderen Licht erscheinen.
Im Folgenden nun ein paar der beliebtesten Gerichte aus der Knoblauchküche. Zu beachten ist, dass die Portionen ein bisschen knapp, quasi als Tapas, berechnet sind. Das ist eine Tapa par excellence, um einen Ausgeh-Abend mit Freunden zu beginnen. Auch zu Hause ist das Gericht einfach und