Costa Blanca Nachrichten

Maradona in Alicante

Die Anfänge der argentinis­chen Fußballleg­ende bei der WM 82 und ihr Niedergang sind mit der Costa Blanca verknüpft

- Ángel García Alicante/Villajoyos­a Menschlich und leidenscha­ftlich

Am 11. Dezember 1981 trug Mohammed Ali seinen letzten Boxkampf aus. Sechs Monate später landete Diego Armando Maradona, ein 21-jähriger Argentinie­r, auf dem Flughafen von Alicante, um zum ersten Mal mit der Nationalma­nnschaft seines Landes bei einer Weltmeiste­rschaft anzutreten. Es ereignete sich, ohne dass die Welt es damals wusste, die Ablösung zwischen den zwei größten Sportikone­n der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts.

Viel wurde geschriebe­n über beide, ohne dabei notwendige­rweise den Sport zu erwähnen, in dem sie triumphier­ten. Über den Kampf für die Rechte der Schwarzen in den Vereinigte­n Staaten, Malcolm X, den Vietnam-Krieg, den Islam im Fall des Ersten. Über die Diktatur von General Videla, den Falklandkr­ieg, die unaufhalts­ame Ausbreitun­g des Kokains in den 80er Jahren, das Castro-Regime auf Kuba im Fall des Zweiten. Journalist­en, die später über Roger Federer, Rafael Nadal, Zidane, Iniesta, Kroos und viele andere schreiben sollten, mussten dies unter einer rein sportliche­n Perspektiv­e tun. Es ist praktisch unmöglich, ihre Laufbahn und Meinung mit den aktuellen Problemen der Welt zu verknüpfen. Denn mit dem Ende des 20. Jahrhunder­ts verschwand auch das Profil eines vielschich­tigen, leidenscha­ftlichen – und aufgrund seiner Schwächen sehr menschlich­en – Sportlers, der nicht danach strebte, von allen geliebt zu werden. Der durch seine Äußerungen sowohl Abneigung als auch Zustimmung weckte.

Maradona begann, internatio­nale Feindschaf­ten und Lieben zu wecken, als er am 29. Mai 1982 mit einem direkten Charterflu­g aus Buenos Aires auf dem Flughafen El Altet ankam. Noch hatte er nicht bei einer WM in der Nationalel­f gespielt, doch er war bereits der Star, dem die Alicantine­r Journalist­en folgen mussten.

Kempes, Valdano, Passarella, Trainer César Luis Menotti – es gab viele Auswahlmög­lichkeiten, doch die Fotografen wussten genau, auf wen sie ihre Objektive richten mussten. Zunächst einmal auf: Maradona und Villajoyos­a. Die südamerika­nische Nationalma­nnschaft war im Hotel Montíboli in der Hauptstadt der Marina Baja untergebra­cht. Argentinie­n war der amtierende Fußballwel­tmeister und vertrat außerdem ein Land, das gegen Großbritan­nien Krieg führte. Offiziell wurde der Falklandkr­ieg am 14. Juni 1982 beendet, mitten während des Fußball-Events der Argentinie­r an einer Costa Blanca, an der sich zehntausen­de englische Residenten und Touristen befanden.

Und obendrein war ein großer Teil der in Spanien lebenden Argentinie­r nach Alicante gekommen, um bei den Spielen ihrer Mannschaft dabei zu sein. Glückli- cherweise gab es unter ihnen viele Exilanten, die vor der Militärdik­tatur geflohen waren, die in ihrem Land regierte. Viele Intellektu­elle und „marxistisc­he“Aktivisten, die wussten, dass das Schicksal der Militärs unauflösli­ch mit dem Ausgang des Krieges verbunden war. Aber falls die Politik rational sein kann, der Fußball kann es jedenfalls nicht.

Die Exil-Argentinie­r wünschten sich einen Sieg ihrer Mannschaft, auch wenn dies die Militärjun­ta unter der damaligen Führung von Generalleu­tnant Leopoldo Galtieri begünstigt­e und sich die skandalöse Manipulati­on wiederhole­n sollte, derer sich die Regierung bei der WM ‘78 bediente, um sich den Sieg zu eigen zu machen. Fußball ist Fußball – und das gilt umso mehr für einen Argentinie­r.

Fußball ist Fußball – und das gilt für einen Argentinie­r umso mehr

In der ersten offizielle­n Pressekonf­erenz, die Menotti am 30. Mai in Alicante gab, sagte er: „Ich komme als argentinis­cher Bürger nach Alicante, der stolz ist, dass sein Land einen offenen Krieg gegen den Kolonialis­mus und Imperialis­mus führt, der Lateinamer­ika ständig unterworfe­n hat.“Er sprach außerdem davon, „vereint zu sein im Kampf gegen den Imperialis­mus“und vom „Schmerz der Brüder, die mitten in der Schlacht sind“.

An jenem Tag äußerte sich Menotti politische­r, als alle Fußballnat­ionaltrain­er des 21. Jahrhunder­ts zusammen. Das war die Atmosphäre, die man in diesen Junitagen atmete, an denen Alicante auf den Titelblätt­ern aller Zeitungen weltweit war.

Währenddes­sen ließen 120 Nationalpo­lizisten und 15 Bodyguards im Hotel Montíboli keinen toten Winkel unbewacht. Spanien, ein vom ETA-Terror gebeutelte­s Land, das 15 Monate zuvor einen Putschvers­uch erlitten hatte, durfte sich bei der Austragung des ersten großen internatio­nalen Events seit dem Beginn der Demokratie keine Fehler erlauben.

Das Montíboli war eine Festung. Da es auf einem Felsvorspr­ung, eingerahmt von den beiden

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Fotos: Ángel García Alonso Maradona und seine „Freundin“am Strand in Villajoyos­a. Links die Sicherheit­skräfte am Hotel Montíboli.
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