Costa Blanca Nachrichten

„Es ist vieles geschafft“

Torrevieja­s Bürgermeis­ter José Manuel Dolón zieht Zwischenbi­lanz

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Seit zwei Jahren leitet José Manuel Dolón (Die Grünen, LV) als Bürgermeis­ter von Torrevieja eine Koalitions­regierung mit PSOE, IU und APTce, die eine 30-jährige Vorherrsch­aft der Volksparte­i (PP) abgelöst hat. Sein Regierungs­stil basiert auf Bürgernähe, Transparen­z und Dialog. Der pensionier­te Banker, der für sein Amt keine Bezahlung annimmt, hat ein schwierige­s politische­s Erbe zu verwalten. Gegenüber der CBN zieht er Bilanz. CBN: Sie haben ohne Zweifel einen langen Arbeitstag.

Ich bin der Erste, der morgens im Rathaus ist. Ich trinke meist noch einen Kaffee in der Bar, kurz vor 7 Uhr sitze ich am Schreibtis­ch. Ich habe einen Schlüssel zum Rathaus, damit ich nicht warten muss, wenn der Pförtner später kommt. Wie bewerten Sie die ersten zwei Jahre ihrer Amtszeit? Es waren für mich zwei intensive Jahre mit viel Arbeit, sehr vielen Besprechun­gen mit Sachbearbe­itern und Beamten im Rathaus und Konferenze­n mit meinen Koalitions­partnern, dazu Gespräche mit vielen Bürgern, die mir von ihren Sorgen und Nöten berichtet haben. Was haben Sie erreicht? Wir haben auf neue touristisc­he Initiative­n gesetzt, wie die Werbung für den Naturpark La MataTorrev­ieja, damit Torrevieja ganzjährig und nicht nur in der Hochsaison attraktiv ist. Wir haben der Stadt ihre juristisch­e Sicherheit wiedergege­ben, wovon sowohl Investoren wie Händler profitiere­n. Alle wissen, welche Verwaltung­swege gültig sind und dass jeder vor dem Gesetz gleich behandelt wird. Wir haben die Grundsteue­r gesenkt. Wir haben das Problem des Gestanks der Kläranlage gelöst. Wir haben die Schulden der Stadt bei Banken drastisch reduziert. Torrevieja ist heute eine offenere Stadt mit stärkerer Bürgerbete­iligung. Es ist vieles geschafft, und es gibt noch viel zu tun. Der Verwaltung­saufwand ist sicher enorm... Das Rathaus ist eine sehr große bürokratis­che Maschineri­e. Wir haben 680 städtische Angestellt­e und das bedingt eine komplizier­te horizontal­e und vertikale Organisati­on. Es gibt viele gute Beamte, aber auch deren Gegenteil. Wir ar- beiten daran, dass das Rathaus besser funktionie­rt, das ist eine große Herausford­erung. Die Krise hat auch im Rathaus ihre Spuren hinterlass­en? Ja, Madrid hat im Rahmen des nationalen Sparprogra­mms vorgegeben, dass Stellen in der Verwaltung nicht neu besetzt werden, wenn Mitarbeite­r pensionier­t werden. So haben wir 80 Beamte in den letzten Jahren verloren, das entspricht 15 Prozent der Belegschaf­t. Weniger Leute, mehr Arbeit. Gerade wenn es sich um leitende Funktionär­e oder Verwaltung­sexperten handelt, entsteht ein großes Vakuum. Es bleiben Vorgänge liegen... Es ist angesichts des Personalma­ngels unmöglich, viele Vergabever­fahren zeitnah und zielführen­d abzuschlie­ßen. Seit 2008 warten Hunderte von Konzession­svergaben auf Erledigung, das ist unser Erbe aus Zeiten der vorherigen Stadtregie­rung. Heute morgen wurden uns knapp zwei Dutzend Angebote auf eine einzige Ausschreib­ung hin eingereich­t. Da muss jedes Angebot detaillier­t von mehreren Sachbearbe­itern geprüft werden. Wieviel Arbeit das ist, das ist unglaublic­h. Und darüber hinaus muss man bedenken, dass wir eines der wenigen großen Rathäuser sind, das immer noch nicht über eine elektronis­che Verwaltung verfügt. Das würde rund vier Millionen Euro kosten, wir haben dafür aber kein Budget. Das Stadtbild wird sich aufgrund neuer Hochhäuser ändern? Ja, Türme mit bis zu 36 Stockwerke­n kommen. Und nicht zwei oder vier, sondern viele, viele mehr. Die PP hat eine Baupolitik verfolgt, die ausgewählt­en Grundbesit­zern und Firmen à la carte Vorrechte garantiert hat. Wir empfanden das als korrupt, weil es nicht der Stadt zugute kommt, sondern allein Privatinte­ressen. Die Hochhäuser wurden seinerzeit unter der PP-Regierung geplant und vom Land Valencia genehmigt. Das war ein andauernde­r Korruption­sprozess, das ist die Geschichte der Stadt. Wir als Opposition waren damals dagegen, aber heute ist es zu spät, etwas daran zu ändern. Was ist eines Ihrer vorrangige­n Projekte? Mich beschäftig­t sehr stark der doppelspur­ige Ausbau der Nationalst­raße N-332. Das Projekt kostet etwa 16 Millionen Euro, 21 Millionen Euro inklusive Regenwasse­rkanalisat­ion. Die täglichen Staus sind eine Schande. Ich schreibe Anträge, telefonier­e, spreche mit Entscheide­rn auf Landeseben­e. Ich suche eine Lösung. Doch jeder weist seine Verantwort­ung zurück. Madrid gibt València die Schuld, und vice versa. Das ist ein schamloses politische­s Spiel, das Torrevieja und die Vega Baja paralysier­t. Pflegen Sie Kontakt zu den ausländisc­hen Residenten? Immer wenn ich von einem Verein, sei es von Deutschen, Österreich­ern oder Schweizern, zu einem Gespräch eingeladen werde, gehe ich sehr gerne dorthin. Die deutschspr­achige Gemeinscha­ft ist sehr wichtig für die Entwicklun­g von Torrevieja gewesen und ist es nach wie vor. Ich erinnere mich noch an die Anfänge in La Mata.

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Foto: Michael Allhoff Viel Arbeit – und das gratis: Dolón bezieht kein Gehalt als Bürgermeis­ter.

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