Prozess der Loslösung
Wegen Nazi-Vergangenheit – Deutsche Schule Málaga verzichtet auf Namenszusatz des Wiederbegründers Juan Hoffmann
Groß und nicht zu übersehen prangt am Zaun und auf dem Gebäude der Deutschen Schule in der Provinz Málaga der Schriftzug „Deutsche Schule Colegio Alemán Juan Hoffmann“. Auf dem kleinen Platz vor der Eingangspforte erinnert außerdem eine Büste auf einem Sockel an den langjährigen deutschen Generalhonorarkonsul Hans Hoffmann, der in spanischen Kreisen als Juan Hoffmann bekannt war. Allerdings häuften sich in letzter Zeit die Stimmen, die auf einen Verzicht auf Juan Hoffmann im Schulnamen drängten.
Der Name Hans Hoffmann war 1997 in der sogenannten „schwarzen Liste“der Alliierten aufgetaucht, die der Journalist der Tageszeitung „El País“, José María Irujo, entdeckt hatte. Darin waren 104 deutsche Nazi-Spione aufgelistet, die in Spanien operiert und sich dort versteckt hatten. Keiner wurde jemals ausgeliefert. Im Gegenteil: Einige von ihnen brachten es zu späten Ehren. Wie eben Hans Hoffmann, der als „engagiertes Mitglied der Nazi-Partei und gefährliches Mitglied der Gestapo“geführt wurde und es trotzdem zum Generalhonorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland schaffte.
Nur einen Steinwurf von der Schule entfernt, hat die Gemeinde Ojén und Heimat der privaten Bildungseinrichtung einen Platz nach jenem Mann benannt, der die Schule neu gegründet hatte und von 1967 bis zu seinem Tod 1998 Präsident des Patronats war. Der Name Hoffmann war und ist an der Deutschen Schule allgegenwärtig. Doch das soll sich ändern.
Eine Satzungsänderung, die das Patronat der Schule auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 21. Juni ohne Gegenstimmen verabschiedete, hat den Weg freigemacht, sich des belasteten Namens zu entledigen. Ab kommenden Schuljahr gehen die Schüler auf die Deutsche Schule Málaga/Colegio Alemán de Málaga.
Die Veröffentlichung der „schwarzen Liste“sorgte seinerzeit auch im Deutschen Bundestag für Wirbel. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck fragte, wie der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Interview Hans Hoff- manns Lebenswerk als „exemplarisch für viele Auslandsdeutsche“bezeichnen konnte, welche Rolle der Generalhonorarkonsul wohl bei den Auslieferungsversuchen des verurteilten und in Marbella weilenden Holocaust-Leugners Ernst Otto Remer spielte, und wie es sich erklären ließe, „dass offensichtlich andere Kriegsverbrecher oder wegen rechtsradikaler Umtriebe gesuchte Verbrecher mit Personen Kontakt haben, die ausgerechnet im Einzugs- und Tätigkeitsgebiet von Herrn Hoffmann wohnen oder ihren Aufenthalt genommen haben“.
Die Vorwürfe gegen Hans „Juan“Hoffmann wiesen seine Kinder stets zurück. Dennoch sorgten sie für Diskussionen, wenn auch unter vorgehaltener Hand. Zumal die Schule in den letzten Jahren einen qualitativen Sprung machte. Als Erste bekam und verteidigte sie weltweit das Gütesiegel „Exzellente Deutsche Auslandsschule“. Ferner erreichte sie beim Deutschen Schulpreis den dritten Platz in der Kategorie der Auslandsschulen. Nicht wenige fürchteten, dass der Name Juan Hoffmann irgendwann den guten Ruf der Schule beschädigen könnte.
Vor allem, da der Sohn des Neugründers der Schule, Juan Germán Hoffmann, in der jüngeren Vergangenheit als Justizflüchtling ebenso für Negativschlagzeilen sorgte und in seinem FacebookProfil auch noch auf den zweiten Vornamen verzichtet. Der gleichnamige Sohn des Schulgründers und ehemalige Patronatspräsident der Schule wurde im Korruptionsfall Malaya wegen Geldwäsche und anderen Delikten rechtskräftig zu fünf Jahren Haft und Geldstrafen in Höhe von mehr als 17 Millionen Euro verurteilt. Vor dem Antritt seiner Haftstrafe im Januar 2016 tauchte er unter. Im November vergangenen Jahres machte das Gerücht die Runde, Hoffmann halte sich in Deutschland auf. „Wir werden Generalhonorarkonsul Juan Hoffmann weiterhin kolossal hoch ansehen.“
Überrascht vom Wirbel um die Namensänderung der Deutschen Schule zeigte sich der amtierende Präsident des Patronats, Erhard Zurawka, im Gespräch mit der CBN. „Von den deutschen Behörden ist bei einer Überprüfung, die im Rahmen der Förderverträge mit dreijähriger Laufzeit mit den Schulen stattfindet, festgestellt worden, dass einige Artikel unserer Satzung bestimmten Kernelementen der Mustersatzung für Deutsche Auslandsschulen nicht entsprechen“, erzählt der Rechtsanwalt. „Man hat uns dann gebeten, dass wir die Satzung in diesen Punkten überarbeiten.“Um die Namensänderung sei es dabei in keinster Weise gegangen, versichert Zurawka. Schließ- lich handle es sich um allgemein gültige Regelungen für Deutsche Auslandsschulen.
Erhard Zurawka legt Wert auf diese Feststellung: „Der Wegfall von Juan Hoffmann im spanischen Teil des Namens, bedeutet nicht, dass das Patronat dem Wiederbegründer der Deutschen Schule nicht nach wie vor dankbar ist, denn ohne ihn hätte es die Deutsche Schule nicht gegeben und sie wäre nie in die Förderung aufgenommen worden.“Ähnlich äußerte sich der Ehrenpräsident des Patronats, Rudolf Graf von Schönburg. „Wir werden Generalhonorarkonsul Juan Hoffmann auch weiterhin kolossal hoch ansehen.“An der Büste am Schuleingang und an den Gedenktafeln soll also nicht gerüttelt werden.
„Natürlich weiß man, was im Internet an Behauptungen zu lesen ist, deren Richtigkeit sich nur ganz schwer überprüfen lassen“, verteidigt Erhard Zurawka die Haltung des Patronats. „Wir haben uns bisher an das gehalten, was die deutschen Behörden zu diesem Fall öffentlich erklärt haben. Es gab eine Verlautbarung vom Auswärtigen Amt, dass diese Vorwürfe, die seinerzeit in der Presse standen, geprüft worden sind und dass für die Richtigkeit dieser Anschuldigungen keine Indizien gefunden worden seien. Folglich sei an seiner Funktion als Generalhonorarkonsul nicht zu zweifeln gewesen.“Außerdem, so Zurawka, sei Hoffmann ja 1998 im Amt verstorben.
Gut zwei Monate habe der Vorstand des Patronats an der Satzungsänderung gearbeitet, die der Generalversammlung zur Einsicht und Abstimmung vorgelegt wurde. Schnell sei man einer Meinung gewesen, dass der Name Deutsche Schule in der Provinz Málaga/Colegio Alemán Juan Hoffmann nicht dem Sprachgebrauch entspricht. Alle hätten schon immer Deutsche Schule Málaga gesagt. Der andere Name auf Spanisch habe für Verwirrung gesorgt und den Eindruck erweckt, es gäbe zwei verschiedene Schulen. Außerdem sei es bei Auslandsschulen üblich, dass sie keine Person, sondern nur geografische Bezeichnungen im Namen führen.
Haltung der Botschaft
Die Deutsche Schule Málaga bekommt aus Deutschland zwölf entsandte Lehrkräfte und jährlich eine finanzielle Hilfe in Höhe von rund 430.000 Euro. Die Botschaft in Madrid teilte mit, dass die gesetzesmäßige Förderung an die Erfüllung der Mustersatzung für Deutsche Auslandsschulen geknüpft ist und nur so eine weltweit einheitliche Förderung aller Deutschen Auslandsschulen nach dem Auslandsschulgesetz möglich ist. Da die Satzung der Deutschen Schule seit 1978 nicht geändert wurde, sei der Zeitpunkt einer Novellierung gekommen. „In diesem Zuge sei auch die Namensführung in beiden Sprachfassungen vereinheitlicht worden“, heißt in der Stellungnahme.
Verständnis für die Namensänderung hätten Roland und Ursula Christiane Hoffmann, die Kinder des verstorbenen Generalhonorarkonsuls, gezeigt. Einen besonderen Draht zur Schule hat Ursula Christiane Hoffmann als alleinige Geschäftsführerin der Aktiengesellschaft Residencia Hispano Alemana para Alumnos SA, deren Generalbevollmächtigter Patronatspräsident Erhard Zurawka ist. Im Besitz der Gesellschaft befinden sich die Liegenschaften der Schule. Mit dem Patronat hat die AG einen Mietvertrag über 100 Jahre geschlossen. Die Geschicke dieser AG hatte Juan Germán Hoffmann bis ins Jahr 2015 geleitet. Seitdem wurde kein Jahresbericht mehr im Handelsregister eingereicht. Trotz Wegfall in der Schulbezeichnung wird der Name Hoffmann wohl weiterhin für Gesprächsstoff sorgen.