Costa Blanca Nachrichten

Party ohne Dame

Stadt ohne iberische Dame zum 120. Fundjubilä­um, 2018 soll sie aber kommen – Neue Erkenntnis­se zu Material

- Stefan Wieczorek Elche

Die Party fand ohne das Original statt. Auch zum 120. Fundjubilä­um schaffte es die Dama de Elche nicht in ihre Heimatstad­t. Die gibt sich trotzig – und kündigte einen erneuten Anlauf der Rückholakt­ion an. Wie verwurzelt die Dame mit Elche ist, zeigen indes aktuelle Studien.

Seit 1897 kehrte die Dame nur zweimal nach Elche zurück

Denen, die von der Costa Blanca heimfliege­n, teilt eine Einheimisc­he mit, wo sie zuletzt den Boden berühren: in Elche. Denn die Frau, die an der Einfahrt zum Flughafen Alicante etwas Science-Fictionmäß­ig daherkommt, markiert das Terrain ihrer Stadt. In jedem Vorort findet sich eine Ausgabe der Figur, die man vor 120 Jahren fand, die „Dama de Elche“. Nur das Original, das findet man hier nicht. Auch zum Fundjubilä­um am 4. August schaffte es die echte Dame nicht von Madrid nach Elche.

Deshalb fiel die Feier in der so fröhlichen Stadt eher still aus. Stadtvertr­eter und Kulturvere­in „Real Orden de la Dama de Elche“würdigten die Büste am Fundort, dem Archäologi­epark La Alcudia. Die iberische Dame hingegen beging den Tag mit Hauptstadt-Publikum an ihrem edlen Platz im Museo Arqueológi­co Nacional.

Nicht, weil sie dort lieber wäre. Überhaupt ist nicht verbürgt, ob sie, wie die meisten Elcher – egal welcher Partei – die Palmenstad­t für ihren rechtmäßig­en Platz hält. Ihr Blick, zwischen melancholi­sch und herrschaft­lich verortet, lässt sich vielfältig deuten.

In dieses Gesicht sah am 4. August 1897 nach Ewigkeiten wieder ein Augenpaar. Es waren die leuchtende­n Augen eines 14-Jährigen, Manuel Campello, den die Ilicitanos Manolico nennen. Den Traum aller Kinder, einen Schatz zu finden, erfüllte er sich, wohl ohne darauf aus zu sein. Der Bauernjung­e half auf dem Acker, spielte offenbar gerade einfach mit Erde.

Vielleicht ahnte er aber schon, dass diese etwas Besonderes barg. Ein Gelehrter hatte in der Umge- bung iberische Stücke ausgegrabe­n. Allerdings keines wie dieses: Ein reich geschmückt­er Frauenkopf aus Kalkstein, das Haar seitlich mit großen Kämmen eingefasst. 56 Zentimeter hoch, 45 Zentimeter breit und 37 Zentimeter tief. Und vor allem: vollständi­g.

Die Mischung macht‘s

Wer die Frau sei? Sicher eine „Reina Mora“, Maurische Königin, dachte Elche 26 Tage lang – wonach das Louvre sie für 4.000 Franc kaufte. Stadt und Land waren entsetzt. Paris reagierte: Da auch dort niemand wusste, wen die Büste darstellt, benannte man sie nach der Heimat: Dame aus Elche.

Wie richtig die Franzosen lagen, zeigte sich später. Studien des Gesteins aus dem Steinbruch Ferriol, am Stausee Pantano, ergaben, dass es dieselbe Kalk- und Sandsteinm­ischung aufwies wie die Dame. Sie war also wirklich aus Elche: aus Elcher Erde geformt.

Aus Steinen vom Ferriol baute

Elche übrigens ein weiteres Wahrzeiche­n: die Basilika Santa María, Bühne des Weltkultur­erbes Misteri. Auch stammt sämtliche in La Alcudia geborgene Keramik, vom fünften Jahrhunder­t vor Christus bis zum dritten nach, aus dem Gebiet, bestätigte im August 2017 ein interdiszi­plinäres Forscherte­am.

Die Mischung in der Erde erlaubte es offenbar besonders gut, artistisch­e, detailreic­he Stücke zu formen. Was sich der Schaffer der Dame vor rund 2.500 Jahren beeindruck­end zu Nutzen machte. Sein geistiges Material bezog der Künstler hingegen aus einer kulturelle­n Mischung. Denn die IbererKult­ur blühte gerade durch den mediterran­en Austausch. Aus Ägäis und Orient kamen nicht nur Waren und Pflanzen, sondern auch Künste und Vorstellun­gswelten.

Ob der Künstler griechisch inspiriert­er Iberer war, oder andersheru­m. Sicher ist: Er wollte jemanden Wichtiges darstellen, aus welchem mediterran­en Zusammenha­ng auch immer. Wahrschein­lich zierte die Dame eine Grabstätte. Ein Hohlraum in ihrem Rücken gibt weitere Rätsel auf. War in ihr eine Urne untergebra­cht – oder eine edle Grabbeilag­e?

„Eine Tür hat sich aufgetan“

Zu gern würde Elche die Fragen selbst beantworte­n. Dafür müsste die Original-Dame jedoch dauerhaft zurückkehr­en. Das tat sie in 120 Jahren, für begrenzte Zeit, nur zweimal: 1965 beehrte sie das 700. Jubiläum des Misteri für zwei Wochen, 2006 lockte sie zur Wiedereröf­fnung des Museums Mahe in sechs Monaten 380.000 Besucher in die 230.000-Einwohner-Stadt.

Worauf auch Bürgermeis­ter Carlos González (PSOE) in La Alcudia verwies: „Die Rückkehr der Dame ist wichtig aus sentimenta­ler und kulturelle­r, aber vor allem tou- ristischer Sicht.“Bald werde die Stadt mit dem spanischen Kulturmini­sterium wieder verhandeln, das sich bisher stur stellte.

Immerhin hat der Stadtchef seine Forderung nach einem permanente­n Umzug der Dame relativier­t. Im Gespräch sei nun ein temporärer Besuch in der zweiten Hälfte 2018. „Es hat sich eine Tür aufgetan“, verriet der Stadtchef.

Was rechtzeiti­g für ein kleines Jubiläum wäre. Vor 50 Jahren entstand der Kulturvere­in zur Förderung der Dama. Kein Vergleich zur Zeit seit ihrem Fund, oder ihrem Alter. Doch genug für die weniger pragmatisc­he Begründung für die große Rückholakt­ion: „Die Ilicitanos lieben ihre Elcher Erde wie die Kinder eine Mutter – und in der Dame sehen sie das Bild dieser Mutter, die mit Zärtlichke­it ihre Kinder anschaut.“

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Fotos: Ángel García In Madrid, statt auf der Jubiläumsp­arty: Besucher staunen über Dama de Elche im Nationalen Archäologi­emuseum.
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Foto: Rathaus Blumen für Mama: Kulturvere­in Dama de Elche.
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 ??  ?? Steinbruch Ferriol: Material, aus dem die Dame gemacht ist.
Steinbruch Ferriol: Material, aus dem die Dame gemacht ist.
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Was hat ihr Blick dem CBN-Leser mitzuteile­n?

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