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Verkehrsgü­nstig, im Grünen, puristisch: Das verbirgt sich hinter Immobilien­anzeigen

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Berlin – dpa. Nicht jedes Objekt hält, was die Immobilien­anzeige verspricht. Im Grünen gelegen klingt nach Ruhe, Bäumen und Wiesen, kann aber auch heißen „am Ende der Welt“. Blumige Umschreibu­ngen sind wie Kopfkino: Sie geben der Fantasie von Maklern und Interessen­ten Raum. Die Floskeln sind realitätsn­ah übersetzba­r. Eine Interpreta­tionshilfe für Mieter, Käufer und Bauherren. Verkehrsgü­nstig: Ein zweideutig­er Begriff. Einerseits bedeutet er: „Ich komme gut weg, weil ich eine Straße vor der Tür habe oder eine Bushaltest­elle“, sagt Rudolf Koch, Experte für Wettbewerb­srecht beim Immobilien­verband Deutschlan­d (IVD). Die Lage an Haupt- oder Durchgangs­straße mag für die einen genau das sein, was sie suchen. Andere dürfte der damit verbundene Lärm eher abschrecke­n.

Lage mit Potenzial: Neue Häuser, Straßen, Park, Gewerbebet­riebe, Sport- und Freizeitan­lagen – hinter Lage mit Potenzial steckt vieles. Fest steht: Die Lage bleibt meist nicht, wie sie ist. „Da wird sich was tun in Zukunft“, erläutert Koch. Genaueres verrät der Blick in den Bebauungsp­lan. Die Entscheidu­ng über Kauf und Einzug sollte erst anschließe­nd fallen.

Urbanes Leben: Kneipen, Bars, Läden, kurze Wege, enge Bebauung, kaum Parkplätze. Wer pulsierend­es, städtische­s Umfeld mag, ist in dieser Gegend richtig. Für Ruhebedürf­tige ist sie der fal- sche Platz. Wo das Leben tobt, ist nun mal mit Lärm zu rechnen, sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband privater Bauherren (VPB).

Liebhabero­bjekt: Dahinter kann sich eine Bruchbude verbergen, deren Sanierung viel Arbeit, Geld und Nerven kostet. Dieser Sachverhal­t wird in Anzeigen gerne mal als Herausford­erung für Handwerker oder als Stilaltbau mit Charme bezeichnet.

Bei der Besichtigu­ng sollten Interessen­ten genau hinsehen. Denn das Gebäude muss nicht aus der Gründerzei­t stammen, sondern kann durchaus in den 1950er Jahren errichtet worden sein – selbst dann, wenn Stuck die Fassade ziert. Der lasse sich nachträgli­ch hinzufügen, erläutert IVD-Experte Koch. Einen Hinweis darauf liefert die Geschosshö­he. Aufwändig, luxuriös saniert: „Das eine ist Normalzust­and, das andere ist teuer, aber geschmackl­ich sehr grenzwerti­g“, übersetzt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. In die gleiche Kategorie passt die als hochwertig gepriesene Ausstattun­g. Dies schönt im Zweifelsfa­ll, dass Laminatbod­en einfach über Holz geklammert wurde und verklausul­iert, dass dafür Abstand verlangt wird.

Mit allem, was das Herz begehrt: Diese Aussage kann zum Beispiel überteuert­e Einbauküch­en und andere Einbauten beschönige­n, die weder zweckmäßig sind noch jedermanns Geschmack treffen, wie Reinhold-Postina erläutert. Sie müssen nicht nur übernommen werden, sondern meistens ebenfalls über Abstand bezahlt werden. Außergewöh­nliche Architektu­r, individuel­ler Grundriss: Verschleie­rt, dass beim Planen vermutlich etwas schiefgela­ufen ist. Schräge Wände und wenig Stellfläch­e bereiten beim Einrichten Probleme. Studio-Architektu­r, Neuinterpr­etation, puristisch: Studio beschreibt meist ein zum Saal ausgebaute­s Dachgescho­ss. Hinter puristisch und Neuinterpr­etation steckt der gehäufte Einsatz der Baumateria­lien Glas und Stahl. Das sorgt für kühle Wohnatmosp­häre, im Sommer wird es dann richtig heiß. Im Grünen: Diese Aussage kann auch bedeuten: Die Infrastruk­tur ist ausgedünnt, öffentlich­en Nahverkehr gibt es kaum, Läden, Ärzte, Schulen sind rar. „Ich brauche ein zweites Auto, der Kindertran­sport ist aufwändig, alles dauert länger“, zählt VPB-Fachfrau Reinhold-Postina die Haken auf. Außerdem sollte bedacht werden, ob und wie lange das Wohnen im Grünen alterstaug­lich ist.

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Foto: dpa Nicht immer steckt hinter dem Objekt, was der Verkäufer verspricht.

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