Keiine Fatta Morrgana
Palmen der Costa Blanca von der Antike bis heute – Wie man sie kultivierte, verehrte und gefährdete
Zum Erquicken laden die Palmenhaine der Costa Blanca ein. Berühmt sind die von Elche, doch auch in Orihuela oder Alicante haben sie lange Tradition. Seit der Antike verewigten sich mit den Palmen, jeweils auf ihre Weise, die Völker.
Bei Hitze durchstreift der Reisende das trockene Land Alicantes. Wasser und Kräfte sind verbraucht, die Luft dunstig. Am Horizont verschwimmen das Blau des Himmels und das Gelb der Erde. Da mischt sich plötzlich Grün hinein: Hohe Gewächse, abertausende, um eine Stadt. Eine Fata Morgana, denkt der Reisende. Doch es ist Elche, die Stadt der Palmen. Auf deren Kronen sind Gärtner dabei, halbreife Dattelbündel festzuschnüren. Geschickt gehen sie vor, wie auch der grüne Halbring um den Ortskern perfekt als Oase angelegt ist.
Obgleich sie heute etwas hinter Schichten moderner Stadtentwicklung zurücksteht, ist Elches Oase die größte Europas. 70.000 Palmen zählte hier der letzte Zensus allein im Stadtzentrum. 2014 war das, längst trieb der Palmrüssler sein Unwesen (siehe Kasten). Die Plage platzte in einen Hype um Elches Palmen. 2000 hatte die Unesco sie zum Weltkulturerbe erklärt.
Es war nicht der erste Hype. Als Attraktion entdeckte die Palmen schon die Aufklärung. Mit dem Eifer der neuen Naturwahrnehmung bereisten gebildete Europäer auf ihren „Grand Tours“ab Ende des 18. Jahrhunderts auch die Costa Blanca. 1820 schwärmte Alexandre de Laborde: „Palmen und Datteln gibt es in anderen Teilen des Reichs, aber besonders viele in Elche. Die Bewohner bauen sie mit besonderer Sorgfalt an, was ihr größter Reichtum ist.“
Waren die Ilicitanos sich dieses Reichtums bewusst? Ganz natürlich war doch die Palme in den Alltag integriert, nicht nur wegen der Früchte. Überall stolperte de Laborde über aus Palmen gemachte Gegenstände: „Fußmatten, Körbe, Stühle und andere Utensilien“.
Als großen Schatz nahm man die Dinge wohl nicht wahr. Dabei ist die Palme ganz eigen, ist kein Baum und liefert kein Holz. Ihr Geflecht aus Pflanzenfasern ist zu- gleich hart und biegsam. Fast alle ihre Teile können im Laufe des Jahres genutzt werden – laut einem antiken Lied auf 360 Weisen.
Dass sie in der Region heimisch wurde, sagt David Maciá, Stadt-Palmerer in Elche, liege aber vor allem am Boden: „Der ist hier trocken und salzig, ungünstig für viele Pflanzenarten. Also baute man einfach das an, was möglich war.“Für hiesigen Grund sei die Dattelpalme, Phoenix dactylifera, wie gemacht. „Sie schlägt tiefe Wurzeln, wächst in den ersten Jahren fast nur nach unten – bringt dann aber so reiche Frucht, dass sie daran fast selbst zerbricht.“ Die Dattel, reich an Zucker und Nährstoffen, stillte günstig Hunger, gab Kraft und Gesundheit. „Brot der Wüste“nannten sie die Araber, und brachten aus dem Süden auch ihre Oasentechniken mit. Die nutzen Palmerers noch heute,