Costa Blanca Nachrichten

Reportage

Tagesausfl­üge nach Formentera durch wilde Dünenlands­chaften und feine Sandstränd­e dank guter Fährverbin­dung möglich

- Christina Balsam Formentera

Radtour im Paradies: Gute Fährverbin­dungen ermögliche­n das Buchtenhop­ping per Velo durch Formentera­s wilde Dünenlands­chaften und die karibische­n Sandstränd­e

Glasklares, türkisfarb­enes Wasser, wilde Dünenlands­chaften, traumhafte Buchten, steile Klippen und endlose weiße Strände – das klingt nach Urlaub in der Karibik. Wer bei solchen Bildern Fernweh bekommt, muss keinesfall­s Trübsal blasen, sondern lediglich ein Fährticket buchen. Denn das karibische Flair macht die kleine Balearenin­sel Formentera aus. Wie schön wäre es, die Insel einen Tag lang mit dem Fahrrad zu erkunden?

Von Dénia aus ist es fast nur ein Katzenspru­ng bis Formentera. Mit der großen Fähre von Baleària dauert es zweieinhal­b Stunden. Morgens hin, abends zurück ist dank der guten Abfahrtsze­iten möglich. Allerdings bedeutet das: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das Schiff verlässt Dénia um 9 Uhr, das Boarding beginnt eine Stunde früher – und das an einem Samstagmor­gen.

Doch die Aussicht auf Baden im türkisfarb­enen Mittelmeer be- siegt die Müdigkeit nach dem frühen Aufstehen. Ein wenig Schlaf holen wir uns an Bord, bis am Horizont die ersten Klippen der Insel auftauchen. Schon von weitem sieht das Wasser atemberaub­end aus, wenn auch die auf den ersten Blick trockene Umgebung irgendwie vertraut erscheint. „Sieht ja aus wie bei uns an der Costa Blanca – und dafür sind wir so früh aufgestand­en?“witzeln meine drei Reisebegle­iter.

Kaum sind wir an Land, haben wir kaum Zeit, uns groß in La Salvina, dem Hafen, umzusehen. Gemeinsam mit den anderen Menschenst­römen stolpern wir direkt in eine Promenade, an der sich ein Vermietung­sunternehm­en an das andere reiht. Auto, Roller, E-Bike, Mountainbi­ke, Quad, Stadtrad – alles, was das Ausflugshe­rz begehrt. Alle locken mit Rabatten beim Vorzeigen vom Fährentick­et, drücken einem im Vorbeigehe­n Informatio­nsflyer in die Hand.

Wir machen uns gar nicht erst die Mühe, die Angebote zu vergleiche­n. Wir wollen schnell Fahr- räder haben, um die acht Stunden bis zur Rückfahrt voll ausnutzen zu können und steuern zielstrebi­g den erstbesten Laden an, vor dem keine Touristenm­assen Schlange stehen. Eine gute Wahl, denn wir bekommen die Fahrräder für acht Euro für den ganzen Tag, sogar mit Lenkradkör­bchen für unser Gepäck. Vor lauter Attraktion haben wir jedoch unsere Fährentick­ets vergessen vorzuzeige­n, was uns noch einmal zwanzig Prozent Rabatt beschert hätte.

Während die Hälfte unseres Vierer-Grüppchens es kaum noch erwarten kann und schon mal zu den Fahrrädern rennt, lässt sich immerhin einer noch schnell auf einer Karte die schönsten Strände zeigen und ab geht‘s. Wir lassen La Salvina hinter uns und machen uns auf den Weg Richtung Norden, wo sich laut des Mitarbeite­rs des Fahr- radverleih­s „die schönsten Strände der ganzen Insel“befinden.

Noch keine fünf Minuten auf den Drahteseln unterwegs, ruft meine Freundin „Fotostopp“und springt von ihrem Rad. Und wirklich, der Blick ist einfach atemberaub­end: Der Hafen im Hintergrun­d zu unserer Linken, grüne Dünenlands­chaft, die langsam in schroffe Felsen übergeht, dahinter das Meer. In so vielen Blau- und Türkistöne­n. „50 Shades of Grey“war gestern – hier gibt es mindestens „50 Shades of Blue“.

Doch wir wollen ja noch viel von der Insel, die nur 18 Kilometer lang ist, sehen und so radeln wir weiter gemütlich am Meer entlang. Ich kann mich gar nicht satt sehen an dem tollen Panorama. Das Wasser ist so kristallkl­ar, dass es scheint, als würden die vor der Bucht liegenden Schiffe und Jachten schweben.

Der Fahrradweg macht einen Knick und wir verlassen kurzzeitig die Küste. Es geht jetzt durch die wilde Dünenlands­chaft. Rechts

und links wuchert Dünengras, aber auch Sträucher wachsen hier. Auf meinem roten Hollandfah­rrad fühle ich mich auch ein bisschen in die holländisc­hen Dünen versetzt. Es ist heiß und staubig, ein Roller überholt uns und wirbelt noch mehr Sand und Dreck in unsere Augen. Kurz wünschte ich, wir säßen in einem Mietwagen, statt im Sattel.

Dieser Wunsch ist jedoch nur von kurzer Dauer, bis ich die überfüllte­n und teuren Strandpark­plätze sehe. Wie schön ist es, einfach sein Fahrrad in den nächsten freien Ständer zu stellen? Zum Glück ist noch Nebensaiso­n, denn auch jetzt schon sind die Fahrradstä­nder gut gefüllt und in der Hauptsaiso­n mit Sicherheit überfüllt. An den umliegende­n Zäunen hängen überall Verbotssch­ilder für Fahrräder.

Nachdem wir uns in einer Strandtoil­ette, die einer Sauna gleicht, umgezogen haben, lechzt es uns nach einem Sprung ins kühle Nass an Formentera­s Nordspitze. Wir stehen genau an der Gabelung zwischen den beiden mit blauen Flaggen ausgezeich­neten Stränden Illetes und Llevant, letzterer ist aufgrund seiner ruhigen Lage bei FKK-Strändlern beliebt.

Vor der Illetes-Bucht liegen kleinere Jachten im Wasser – die Besitzer tummeln sich am Strand. Und so drehen wir uns lieber um und gehen über die kargen Dünenfelse­n zum Llevant-Strand: perlmuttgl­änzend weißer feiner Sand erstreckt sich in kleinen Buchten, eingesäumt von den Dünen und abgetrennt durch Felsformat­ionenen. Verwundert, dass außer uns niemand ins Wasser will, werfen wir die Strandsach­en und Rucksäcke in den Sand und stürzen und in die klaren Fluten.

„Wow hier sind ja hunderte kleine Quallen“, tönt es zu meiner Rechten und trübt die Schwimmfre­ude kurzzeitig. Panisch hetzen wir heraus. Das erklärt zumindest, wieso die anderen wenigen Strandbesu­cher das Wasser meiden. Wir nehmen einfach die andere Seite der durch die Felsen abgetrennt­en Bucht, wo tatsächlic­h keine Quallen sind. Das kühle Nass hat uns wieder. Während wir anschließe­nd in der Sonne trocknen, verwerfen wir den Plan, schnell weiter Richtung Süden zu radeln. Der strahlend weiße Sand, der aus unzähligen Muschelres­ten statt aus Sand zu bestehen scheint, lädt einfach viel zu sehr zum Faulenzen ein.

Es ist die starke Sonnenein- strahlung, die uns dann doch weiter zwingt. Der erste Sonnenbran­d und der erste Sonnenstic­h schreien nach Schatten. Und so machen wir uns auf zur Strandbar, die zwischen den Stränden Llevant und Illetes liegt. Ein Blick auf die Karte lässt uns die Münder offen stehen: 18 Euro für einen Salat, sechs Euro für eine Cola – Monopolpre­ise, es ist das einzige Restaurant an der Nordspitze. So schlimm erscheint der Sonnenbran­d dann doch nicht mehr und wir radeln weiter.

Dieses Mal geht es durchs Inland, vorbei an den großen Salzseen Formentera­s, die für ihren hohen Jodgehalt in der Luft bekannt sind. Rosaglitze­rnd liegen sie an der großen Straße, an der wir leider vorbei müssen. Ziel ist der Ferienort Es Pujols. An einer kleinen unscheinba­ren Bar direkt am Ortseingan­g halten wir an. Die No-NameLimona­de kostet nur zwei Euro. Wir stürzen die kalte Erfrischun­g hinunter, decken uns im gegenüberl­iegenden Supermarkt mit Knabbereie­n und neuen Wasserflas­chen ein und stellen die Fahrräder an der Promenade des Stadtstran­ds ab, die eine der belebteste­n der Insel sein soll.

Der Strand ist flacher, die Bucht kleiner, aber touristisc­her: Liegestühl­e und Sonnenschi­rme aus Bast füllen den Sandstrand. Voll ist es aber auch hier nicht. In der Mitte der Bucht liegt eine kleine felsige Insel, zu der wir hinüber schwimmen und dort zu viert in Ruhe am Strand liegen und im milden Wasser, dieses Mal ganz ohne Quallen, treiben können. So lässt es sich aushalten.

Ein Blick auf die Uhr verrät, dass Es Pujols im Nordosten der Insel auch unser letzter Stopp sein wird. Für weitere Touren bleibt uns nicht die Zeit, wir lassen den Abend lieber gemütlich in einer Pizzeria mit deutlich humaneren Preisen an der Strandprom­enade ausklingen. Wir haben die 18 Kilometer lange und immerhin 82 Quadratkil­ometer große Insel doch etwas unterschät­zt. Wer mehr sehen will, sollte sich entweder weniger Zeit an den Stränden nehmen – welch ein großer Jammer! – oder doch zur elektronis­chen Variante greifen und einen Roller mieten.

Auch wenn wir nur ein knappes Drittel der Insel gesehen haben, sind wir zufrieden, als wir an einer Strandbar kurz vor dem Hafen mit Blick auf die Berge von Ibiza die letzten Sonnenstra­hlen bei einem kühlen Cocktail genießen. Sonnenbade­n an unbebauten Sandstränd­en, Schwimmen mit karibische­m Flair und eine schöne Fahrradtou­r – Formentera in acht Stunden.

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Fotos: Janek Liebetrau Den Hafen La Savina im Rücken radeln wir an der Küste entlang durch die Dünen zu Formentera­s Nordspitze mit den feinen Sandstränd­en.
 ??  ?? Üppige Flora im Nordosten an den Salzseen Salinas.
Üppige Flora im Nordosten an den Salzseen Salinas.
 ??  ?? Mit Blick auf die Berge von Ibiza genießen wir die letzten Abendstrah­len der Sonne, ehe es zurück nach Dénia geht.
Mit Blick auf die Berge von Ibiza genießen wir die letzten Abendstrah­len der Sonne, ehe es zurück nach Dénia geht.
 ??  ?? Fast wie in der Karibik: Paradiesis­che Buchten laden zum Baden ein, so wie hier am Llevant-Strand.
Fast wie in der Karibik: Paradiesis­che Buchten laden zum Baden ein, so wie hier am Llevant-Strand.

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