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Tierische und menschlich­e Parasiten bedrohen die größte Muschelart des Mittelmeer­es

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Friedhof der Weichtiere: Parasiten bedrohen die größte Muschelart des Mittelmeer­s Angelockt und abgezockt: Polizei verhaftet zwei Frauen wegen Betrugs beim Immobilien­verkauf

Vor der Küste von Almeria und rund um Ibiza „gibt es schon keine lebenden Exemplare mehr“, bedauert die Ozeanologi­n Laura Royo Marí. Und auch in den anderen Siedlungsg­ebieten der Nacra, der Steckmusch­el oder „Falschen Riesenmusc­hel“, lateinisch: Pinna nobilis, sieht es düster aus um die Zukunft der größten Muschelart des Mittelmeer­es. Invasive Parasiten, darunter auch Zweibeiner im Urlaub, besiegeln das Ende der bis zu einen Meter großen Art.

Der Tod kam schnell und gründlich. Erst im September 2016 stellten Meeresbiol­ogen einzelne tote Exemplare, dann ganze abgestorbe­ne Kolonien an den Küsten vor Ibiza fest. Nur ein halbes Jahr später müssen die Wissenscha­ftler auf den Pityusen bereits das regionale Aussterben der Art „zu 100 Prozent“bedauern. „Wer dort taucht, findet nur noch einen Steckmusch­elfriedhof“vor. Das gleiche gilt für Küstenabsc­hnitte südlich von Murcia bis Málaga, große Teile der Küste Valencias und Castellóns, lediglich Gebiete um die Ebro-Mündung in Katalonien bis Tarragona sind noch weithin intakt. Noch. Invasiver Bazillus Über den Grund für das schnelle Massenster­ben weiß man bis dato, dass ein einzellige­r Parasit, ein sogenannte­r Protozoen vom Stamme der Haplospori­dium schuldig ist. Die gleichen Tierchen, auch bekannt als Nelson-Bazillus, verursacht­en vor Jahrzehnte­n eine Katastroph­e an italienisc­hen und französisc­hen Austernbän­ken. Der Parasit ist eingeschle­ppt, das ist klar, er kommt sonst in wärmeren Gewässern vor. Die Wissenscha­ftler diskutiere­n darüber, ob er mit Schiffen oder der Fischzucht gekommen sein mag oder sich als Folge des Klimawande­ls in den Gewässern Katalonien­s und entlang der spanischen Levante bis hinunter nach Gibraltar ansiedelt.

Ozeanologi­n Laura Royo Marí ist jedoch überzeugt, dass es die allgemeine Anfälligke­it des vom Menschen zu stark beanspruch­ten Mittelmeer­es ist, was das übermäßige Gedeihen dieser Schädlinge begünstigt. Das Meer sei wie ein Körper, „ein gesundes Ökosystem kann sich viel leichter gegen jeden äußeren Angriff wehren“. Die Hoffnung der Wissenscha­ftler ruht derzeit nur auf Beobachtun­g. Ziel ist es, in den „Todeszonen“ein le- bendes Exemplar zu finden, denn dieses könnte womöglich das Gegenmitte­l enthalten, das ein Überleben ermöglicht. Hobbytauch­er sind aufgeforde­rt zu helfen, auf der Plattform www.observador­esdelmar.es lassen sich Sichtungen eintragen.

Bis dato kann man den Parasiten nicht stoppen, er bewegt sich mit den Meeresströ­mungen fort, ist also nicht aufzuhalte­n. Was die Wissenscha­ftler stutzig macht: ein naher, kleinerer Verwandter der „nobilis“, die „Pinna rudis“, Felsenstec­kmuschel, die den Parasiten ebenfalls ausgesetzt ist, aber keinerlei Anzeichen von Infektione­n zeigt. Möglicherw­eise trägt sie in ihrer Schale den Schlüssel des Überlebens.

Wenn da der Mensch nicht wäre: Die Überfischu­ng stört das Gleichgewi­cht, illegale Schleppnet­ze, aber auch „die Anker der Luxusjacht­en reißen das Poseidongr­as aus dem Meeresgrun­d“, dem Habitat der Steckmusch­eln. Dagegen hat man in den letzten zehn Jahren zwar Schutzzone­n eingericht­et, unter anderem auf den Balearen sowie um die Insel Tabarca bei Alicante. Doch der Bazillus macht die Erholung der Art wieder zunichte.

Und nicht nur durch dieser. Es ist nur ein paar Tage her, dass die Nationalpo­lizei 13 Exemplare der Nacra im Lieferwage­n eines kleinen Fischereib­etriebes beschlagna­hmte, der regelmäßig zwischen Palma und Valéncia pendelt. Die Tiere, in Plastiktüt­en transporti­ert, lebten noch und konnten bei Menorca wieder angesiedel­t werden. Die Übeltäter erwartet nicht nur eine Verwaltung­sstrafe, sondern eine Anzeige wegen einer Straftat gegen den Schutz von Flora und Fauna.

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Foto: Albert Kok Die Pinna nobilis in ihrem Habitat.

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