Turmbau zu Torrevieja
Polemik im Vorfeld des „Europäischen Tags der Sprachen“
Dialekte erhalten mit den Autonomiebestrebungen neue Brisanz
Auf Initiative des Europarats in Straßburg wird seit dem Jahr 2001 am 26. September der Europäische Tag der Sprachen gefeiert. Dienstag ist es wieder soweit: Dann soll in Torrevieja die sprachliche Vielfalt Europas gefördert werden – mit einem Konzert von Pep Gimeno „Botifarra“und des marokkanischen Musikers Ahmed Touzani in den Eras de la Sal ab 20.30 Uhr. Das Repertoire von Botifarra umfasst traditionelle Lieder im valencianischen Dialekt, begleitet von Lauten, Kastagnetten und Gitarren. Touzani soll stellvertretend stehen für den Sprachreichtum der 120 in Torrevieja beheimateten Nationalitäten.
Organisiert worden ist dieser Tag der Sprachen vom Land Valencia, dem Rathaus von Torrevieja und der Universität von Alicante, gefördert wird der Festtag vom Europarat. Im Werbevideo auf YouTube parlieren ausgewählte Einwohner der Strandstadt mit ihrem Ausländeranteil von über 52 Prozent nicht nur auf Spanisch und Valencianisch, sondern auch auf Finnisch, Englisch und Russisch.
Multikulti könnte ja so schön sein – das Bild der glücklich an einem Tisch versammelten europäischen Familie, wo jeder mit verschiedener Zungen spricht und sich alle irgendwie prächtig verstehen. Allein, in Torrevieja herrscht seit Jahrhunderten eine Aversion gegenüber dem „Valenciano“. In Brüssel mag das Valenciano eine anerkannte eigene Sprache sein, ebenso wie das „Català“(Katalanisch). Linguistisch müsste man zu den beiden „Sprachen“auch noch das „Mallorquín“der Balearen zählen. In Europa gehören rund 60 Dialekte der insgesamt 200 Sprachen dieser Gruppe der Minderheitensprachen an.
Waren unter der Franco-Diktatur die Dialekte der spanischen Regionen marginalisiert, so erhalten sie heute im Zeichen von Autonomiebestrebungen wie in Katalonien Brisanz. Tatsächlich läuft die Schulausbildung im Land Valencia heute bilingual: Um das Fach „Valenciano“kommt kein Schüler herum, außer er lässt sich seitens der Eltern von der Benotung befreien. Absitzen muss er die Zeit dennoch, fünf Wochenstunden sind Pflicht.
Im Süden der Region sind kaum sieben Prozent der Einwohner des Valencianischen mächtig – gegenüber 70 Prozent der Einwohner der Landeshauptstadt Valencia. Die Sprachgrenze verläuft histo- risch bedingt bei Guardamar del Segura, da die Christen das Land weiter südlich erst Jahrzehnte später von den Mauren zurückeroberten.
Nun wird zum ersten Mal der „Europäische Tag der Sprachen“(kurz ETS) gerade in Torrevieja groß gefeiert. Nicht zuletzt aufgrund der Initiative von Ministerpräsident Ximo Puig (PSOE), vormals Lehrer und überzeugter Verfechter regionaler Dialekte. Seitens der Volkspartei (PP) wurde das Konzert in den Eras de la Sal als „pankatalanisch“apostrophiert.
„Torrevieja feiert mit Stolz seinen Europäischen Tag der Sprachen!“, konterte Stadtkämmerer José Hurtado (Die Grünen, LV). Dass Torrevieja auserwählt worden sei, sei eine Chance, um die Stadt „auf europäischem Niveau einem Publikum von 800 Millionen Menschen in 47 Staaten bekannt“zu machen.