Im Burgenland Valencias
Von alten Burgen und frischen Kaninchen: Ein Ausflug ins Vinalopó-Tal mit Abstechern nach Novelda und Monóvar
Die Anfahrt in unser Ausflugsgebiet ist zunächst ernüchternd, fast abschreckend. Von Alicante geht es Richtung Albacete auf der A-31 rund 40 Kilometer in eine zerklüftete Hügellandschaft kurz vor der endgültigen Verwüstung. Vergilbte Gesteinsschichten, zusätzlich zerfurcht von Marmorund Natursteinfabriken, die hier die dominierende Industrie darstellen. Wir suchen Burgen und Reben. Wir finden erst mal Staub.
Die Gipfel des Natuschutzgebiets der Sierra del Maigmó im Hintergrund zeichnen etwas Verheißung in die Landschaft. Dazwischen die Weingärten des Valle Vinalopó, jene zuverlässigen Lieferanten der unverzichtbaren Silvester-Trauben. Sie trotzen ihr Grün noch in die Dürre, dieser stillen, unaufhaltbaren Erobererin Spaniens. Ein paar Kirchtürme lassen inmitten der Zersiedlung alte Ortskerne erahnen. Durchfahrtsgebiet. Das soll die Heimat des großen El Cid sein?
Wir lassen Novelda und Monóvar zunächst links liegen, wo wir am Abend die Menschen kennenlernen werden, die diese Land- schaft prägen, ertragen und lieben. Zwei offizielle Touristenrouten kreuzen sich: die Festungen des Vinalopó-Tals und die Alicantiner Weinstraße.
Eine Wanderung ließe, was zu bedauern ist, zu viel Zeit im Nirgendwo zwischen Asphalt und Poligonen liegen. Ein kleiner Selbstbetrug, denn das Wesen der Burg war, schwer erreichbar auf einem Berge zu wachen, um vom Menschen Schritt um Schritt erobert werden zu müssen. Ein Wesen, das für alle Zeiten an der Leine des Tourismus liegt.
Castillo de Biar
Das Castillo de Biar, in dem der „Befreier Valencias“, Rodrigo Díaz de Vivar, genannt El Cid,, mutmaßlich 1045 geboren wurde, ist sozusagen die Mutter aller Burgen der Gegend. Nicht weil sie die älteste wäre, sondern weil sie alle geschichtlichen Stränge zusammenhält wie die Kinder einer Familie. Und auch, weil sie sich präsentiert, wie jedes Kind eine Burg malen würde: mit Türmen, Zinnen, Höfen, einer dicken Mauer drumherum und das alles auf einem Berg, hier 750 Meter hoch, an dessen Fuße ein müdes Dorf um Schatten fleht.
Das Vinalopó, heute einer der Binnenkreise der Provinz Alicante, war über Jahrhunderte Aufmarschgebiet für Schlachten, Grenzzone zwischen dem christlichen und maurischen Herrschaftsgebiet, aber auch Zankapfel der nimmersatten spanischen Granden untereinander. Nachdem Jaime I., der Eroberer, und König von Aragón, die Gegend 1245 für das Kreuz befreit hatte, blieb wenig Zeit zum Feiern, denn der König von Kastilien, Ferdinand III., hatte auch ein Auge auf die Gegend geworfen. Ein hal- bes Jahrhundert später war das Königreich Valencia der lachende Dritte, dem die Gegend, sozusagen als befriedende Interimslösung zufiel, bis Spanien sich als ein Ganzes konsolidierte.
Umkämpft und entvölkert
Das Schicksal des als sagenhaften Ritters durch die spanische Literatur vagabundierenden Cid war ähnlich chaotisch: Im Dienste der Katholischen Könige, dann aus der Reihe getanzt, von Alfons VI. zunächst verbannt, dann um Hilfe ge- rufen, zwischendurch Söldner für die Araber, später grausamer Diktator von València und Verteidiger gegen die arabische Rückeroberung der Stadt, in der er 1099, in einen Hinterhalt gelockt und bald zur Legende geformt, umkam.
Das Vinalopó wurde 1609 praktisch entvölkert. Dank der ethnisch-religiös motivierten Säuberungen des Königs, die nicht nur die maurische Mehrheit betraf, sondern auch Konvertiten (Morisken), Juden und Zigeuner mit betraf. Die dann notwendigen Ansiedlungen aus dem Norden lassen sich bis heute an kastilischen oder aragonesischen Nachnamen nachweisen.
Die Traditionen dieser Einwanderer schmeckt man bis heute in der typischen Küche der Gegend, in der das Valencianische ganz allmählich ins Kastilische wechselt, auch in der Sprache. Das Castillo de Biar, das all den geschilderten Szenen Kulisse bot, ist eine steinerne Zeitleiste: Ein kunstvolles maurisches Gewölbe belegt die Urherberschaft der massiven Feste, gut beschildert werden für Laien schwer erkennbare Nutzungsdetails der Anlage erklärt, das clevere Zisternensystem, geheime Gänge, der „Torre maestra“, der Haupt-