Referendum zeigt Wirkung
Am Tag danach: Staatsanleihen steigen, Börse knickt ein, deutsche Industrie warnt
Das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat stattgefunden. Wenngleich Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy noch immer das Gegenteil behauptet. Die Auswirkungen wird er nicht leugnen können. Obwohl der Volksentscheid verboten war und am Sonntag ziemlich irregulär vonstatten ging, zeitigte die Abstimmung nämlich ihre Wirkung: So geriet der Kurs des Euro am Montag unter Druck, die Rendite für spanische Staatsanleihen legte zu, und an der Börse kam es im frühen Handel zu Einbußen.
Als am Mittwoch sich eine Unabhängigkeitserklärung im katalanischen Parlament für kommenden Montag abzeichnete, erlebte die Börse in Madrid ihren stärksten Kursverfall seit dem Brexit-Votum im Juni 2016. Der Leitindex Ibex gab um 2,85 Prozent nach und fiel unter die 10.000-Punkte-Marke. Vor allem katalanische Banken wie Caixabank und Sabadell waren die Leidtragenden. Beide Institute haben fertige Pläne in der Schublade, um im Falle eines Falles kurzfristig den Hauptsitz auf die Balearen zu verlegen.
Am Montag zeigte sich vor allem bei Staatsanleihen eine spürbare Marktreaktion. Die Rendite für richtungsweisende zehnjährige Papiere stieg zeitweise um zwei Prozent. Später beruhigte sich die Lage etwas. Am Aktienmarkt sackte der Leitindex Ibex 35 um bis zu 1,38 Prozent, bevor er sich wieder berappelte. Schlusslicht waren auch am Montag die Aktien der Banco Sabadell mit einem Minus von mehr als drei Prozent.
Unterdessen wird eine Diskussion über die wirtschaftlichen Folgen einer Unabhängigkeit Kataloniens geführt. Schließlich steuert die Region knapp ein Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Spaniens bei – mit 16 Prozent der Einwohner des Königreichs. Laut katalanischem Unternehmerverband hat schon 2016 infolge der separatistischen Politik der Regionalregierung eine Firmenflucht eingesetzt. Bei einer Trennung von Spa-
„Die Idee eines unabhängigen Kataloniens erschreckt den Investor nicht“
nien werde die katalanische Wirtschaft um bis zu 20 Prozent einbrechen, befürchtet der Verband.
Auch bei den klein- und mittelständischen Unternehmen in Katalonien geht die Furcht vor einer Trennung von Spanien um. Unlängst erst wandte sich deren Verband gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen, weil der größte Teil des Geschäfts mit Spanien abgewickelt werde.
Auch die deutsche Industrie meldete sich zu Wort und warnte vor einer Trennung vom spanischen Staat. „Die politische Instabilität gefährdet unmittelbar die wirtschaftliche Entwicklung“, teilte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Montag in Berlin mit. „Ein Bruch der Region mit Spanien würde für beide Seiten tiefe Einschnitte bedeuten und zu Verunsicherungen in der stark exportabhängigen Wirtschaft führen“, ergänzte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.
Nach BDI-Angaben gibt es in Spanien rund 1.600 Unternehmen mit deutscher Beteiligung. Der DIHK spricht vom 1.300 Unterneh- men, von denen etwa 40 Prozent in Katalonien tätig seien. „Die Ungewissheit, ob Katalonien weiter zu Spanien und damit auch zur EU gehört, verunsichert deutsche Unternehmen“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Die katalanische Vertreterin in Deutschland, Marie Kapretz, widersprach der Sichtweise der beiden Spitzenverbände: Eine Abspaltung Kataloniens von Spanien würde keine Verschlechterung der wirtschaftlichen Beziehungen der Region bedeuten. „Die Statistiken belegen, dass die Idee eines unabhängigen Kataloniens den Investor nicht erschreckt und den Touristen auch nicht“, sagte Kapretz. Auf wirtschaftlicher Ebene werde die Unabhängigkeit keinen Unterschied bedeuten. In Deutschland sind etwa 300 katalanische Unternehmen aktiv.