Schiller. Don Carlos. Ab Vers 155.
El Escorial. Schemenhaft erkennt man den Regenten. Marquese de Posa tritt ein, zurück von den Flandrischen Unabhängigkeitskriegen. Quittierte den Dienst.
König: Euch kam’s zu, Das Auge Eures Königes zu suchen. Weßwegen thatet Ihr das nicht? Marquese: Ich genieße die Gesetze. K: Dies Recht hat auch der Mörder. M: Wie viel mehr der gute Bürger! K: (für sich). Viel Selbstgefühl und kühner Muth, bei Gott! Doch das war zu erwarten – Stolz will ich den Spanier!
K: Aus meinen Diensten tratet Ihr. M: Ich kann nicht Fürstendiener sein. (Der König sieht ihn mit Erstaunen an.) M: Können Sie In Ihrer Schöpfung fremde Schöpfer dulden? Ich aber soll zum Meißel mich erniedern, Wo ich der Künstler könnte sein? K: (etwas rasch). Ihr seid Ein Protestant. M: (nach einigem Bedenken) Ich werde mißverstanden.
M: Jüngst kam ich an von Flandern und Brabant. So viele reiche, blühende Provinzen! Ein kräftiges, ein großes Volk – Das, dacht‘ ich, das muß göttlich sein! – Da stieß Ich auf verbrannte menschliche Gebeine... K: (ihm ins Wort fahrend) Sehet In meinem Spanien Euch um. Hier blüht Des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden; Und diese Ruhe gönn‘ ich den Flamändern. M: (schnell). Es ist die Ruhe eines Kirchhofs! Schon flohen Tausende Aus Ihren Ländern froh und arm.
M: (mit Feuer). Ja, beim Allmächtigen! Geben Sie, Was Sie uns nahmen, wieder! Lassen Sie Großmüthig, wie der Starke, Menschenglück Aus Ihrem Füllhorn strömen. Alle Könige Europens huldigen dem spanischen Namen. Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu Erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit. – (Sich ihm zu Füßen werfend.) Der König verharrt kurz. Dann schaut er auf. Sie prusten los, brechen in schallendes Gelächter aus. „Der war gut, Carles, besonders das mit der Freiheit.“– „Hihi, ja. Aber du mit deinem `Bürgers Glück´, ein Schenkelklopfer Mari.“Beide treten, -– getrennt voneinander – vor die Presse.