Abtauchen in die Freiheit
Abschluss eines Projekts: Sechs einjährige Meeresschildkröten in La Mata ausgesetzt
Mit seinen Flossen robbt Tobi ungelenk über den Strand von La Mata Richtung Meer. Die erste Welle spült die kleine Meeresschildköte etwas zurück. Das Schildkrötenjunge paddelt kräftig weiter, schwimmt im flachen Uferwasser zielstrebig hinein in die Brandung und taucht dann ab. Tobi ist eine von sechs Meeresschildkröten, die am 5. Oktober in Torrevieja ausgewildert worden sind.
Schüler der Grundschule Ciudad del Mar haben den Jungtieren ihre Namen gegeben – Tobi, Huellas, Boby, Melodi, Esmeralda und Marina. Im Wasser werden sie über Tage und Hunderte von Kilometern ins Meer hineinschwimmen, auf der Suche nach Seegraswiesen, in denen sie über Jahre heranwachsen. Nur jeweils eine von 1.000 Schildkröten erreicht ihr 20. Lebensjahr und hat dann die Möglichkeit, sich fortzupflanzen.
Am Strand haben sich Dutzende von Schaulustigen versammelt. Der Bürgermeister ist da, Wissenschaftler der Uni Alicante, Meeresbiologen der Stiftung Oceanografic aus València, Fischer, Reporter, die Guardia Civil, mehrere Schulklassen. „Es war ein Kraftakt erforderlich, diese sechs Schildkröten wieder ins Meer frei lassen zu können,“, erklärt Bürgermeister José Manuel Dolón (Die Grünen, LV). Über ein Jahr lang seien die Jungtiere zuvor in den Meeresaquarien von Valencia und Sevilla aufgepäppelt worden.
Die Aktion fand statt im Rahmen des Programms zum Schutz der Meeresschildkröten, organisiert vom valencianischen Umweltministerium in Zusammenarbeit mit den Universitäten von València und Alicante sowie der Stadt Torrevieja. Dass die Schüler und Schülerinnen bei der Freilassungs- aktion mitmachen, sei wichtig. „So lernen sie von klein auf, dass der Schutz der Ozeane eine Aufgabe von uns allen ist“, ssagte Dolón.
Auch Celia Calabuig als Vorsitzende der Stiftung Oceanografic freute sich über das junge Publikum. „Ihr seid die zukünftigen Wächter“, sagte sie, „dass die Ozeane nicht weiter mit Plastik kontaminiert werden, das alle marinen Lebewesen bedroht, inklusive dieser Schildkröten“. Sie forderte mehr „Respekt für unseren Planeten.“
Als die Meeresschildkröten aus den Eiern schlüpften, hätten sie nur 19 Gramm gewogen und seien nur vier Zentimeter lang gewesen. Bei ihrer Freilassung jetzt wogen sie anderthalb Kilo bei 18 Zentimetern Länge. Ausgewachsen kann die Unechte Karettschildkröte (lat. Caretta caretta) ein Gewicht von bis zu 110 Kilo erreichen und 1,20 Meter lang werden.
Eine Reihe an glücklichen Umständen hatte Tobi und seinen Geschwistern das Leben gerettet. Im Juli vergangenen Jahres hatten Touristen das Muttertier beim Nestbau am Strand von Les Palmeres bei Sueca entdeckt und die 112 ge- rufen. Es war eines von nur vier Nestern von Meersschildkröten, die in den vergangenen 200 Jahren an der Küste des Landes Valencia dokumentiert wurden. Umweltschützer verlegten das Nest mit seinen 82 Eiern an einen weniger frequentierten Strand bei El Saler, wo die meisten Schildkröten schlüpften und ins Meer abtauchten.
Meeresbiologen des Oceanografic, des größten MeerwasserAquariums in Europa hielten 16 der Eier aus dem Gelege bewusst zurück, um im Rahmen des Programms „Head starting“das Verhalten und die Entwicklung der Jungtiere studieren. In den letzten Monaten des Projekts wurden die Schildkröten mit Quallen, Algengelatine, Fisch und Krebsen gefüttert, ihrer natürlichen Mahlzeit in Freiheit.
„Ihr seid die zukünftigen Wächter, dass die Ozeane nicht weiter mit Plastik kontaminiert werden“