Costa Blanca Nachrichten

Mensch unter Wert

„Sklaverei des 21. Jahrhunder­ts“an der Costa Blanca – Wie dagegen gekämpft, wie Opfern geholfen wird

- Stefan Wieczorek Alicante

„Sklaverei des 21. Jahrhunder­ts“nennen Hilfswerke und Ermittler den Menschenha­ndel unserer Zeit. Die Ausbeutung schutzlose­r Opfer beschränkt sich nicht nur auf die Prostituti­on und auf Entwicklun­gsländer, sondern existiert auch an der Costa Blanca in vielfacher Form.

In einer belebten Einkaufsst­raße der Provinz: Unter vielen Menschen ist Berti. So stellt er sich vor, wenn jemand fragt. Seit Monaten ist er hier. Nicht, weil er einkauft. Er bettelt. Eines seiner Kinder in seiner Heimat sei schwer krank, erklärt er. Mehr zu erfahren ist schwierig. Sein Spanisch ist schlecht, er wirkt verwirrt. Allein ist er aber nicht. Andere Bettler berichten, wenn sie sich auf Bertis Platz setzen wollten, würden sie von Unbekannte­n bedroht. Denen gebe Berti sein gesammelte­s Geld. Anwohner, die ihn manchmal versorgen, fragen ihn. Berti erzählt.

„Das Geld muss ich abgeben. Und die Kinder? Ich habe gar keine.“Er spricht nun klarer, Gefühle regen sich in seinem Gesicht. „Vor drei Jahren brachte mich eine Frau nach Spanien. Ich wollte Geld verdienen, es meinen Eltern schicken. Doch die Frau ist eine Prostituie­rte. Und geschickt habe ich in mein Land bis heute nicht ein Brot.“

Geschichte­n wie die kennt Pablo Domínguez zu gut. Im kirchliche­n Hilfswerk Asti, für Migranten in irreguläre­n Situatione­n an der Costa Blanca, leitet er den Bereich Trata de seres humanos – Menschenha­ndel. „Die Sklaverei des 21. Jahrhunder­ts ist auch hier in vielen Formen präsent“, sagt er. Die Opfer seien ausgegrenz­te oder geistig schwache Menschen aus ärmeren Ländern. „Ihre Verletzlic­hkeit wird ausgenutzt, es werden Verspreche­n gemacht. Beteiligt ist oft eine Kette aus Tätern, von denen einige zugleich Opfer sind.“

Betroffen seien Bettler, Aushilfen in Läden oder Häusern. „Meist sind es aber sexuell ausgebeute­te Frauen. Vor allem hier: Spanien ist das Land Europas mit der höchsten Nachfrage nach Prostituti­on.“Die Vorstellun­g, die Kunden seien nur „alte, eklige Männer“sei falsch. „Der Konsum geht quer durch die Alters- und Gesellscha­ftsgruppen.“

Dominguez beunruhige die zunehmende Popularitä­t der Prostituti­on unter Jugendlich­en. „Es gibt den Trend, dass Freunde Geld sammeln, von dem jede Woche einer ins Bordell geht.“Bei Kampa-

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Foto: CBN-Archiv Vor unseren Augen, doch unsichtbar: Menschenha­ndel funktionie­rt dank komplexem Netz aus Tätern und Passivität der Gesellscha­ft.
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Foto: Stefan Wieczorek Für Gefangene im Paradies: Domínguez half zwei Jahre Opfern in Nicaragua, tut es nun im Land Valencia.

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