Costa Blanca Nachrichten

Die große Dürre

Als fiele das Wasser vom Himmel: Wie Spanien auf die Trockenhei­t reagiert

- Marco Schicker València/Madrid

Die Regenfälle der vergangene­n Tage sind nur der sprichwört­liche Tropfen auf den heißen Stein. Der Wassermang­el in Spanien ist chronische Realität und Folge des Klimawande­ls. Mit der Trockenhei­t steigen die Preise – für Strom, Was- ser, Gemüse. Doch den Preis, den die Gesellscha­ft, Touristen eingeschlo­ssen, für ihren sorglosen Umgang mit dem kostbaren Nass noch zahlen muss, ist praktisch unkalkulie­rbar. Dabei gibt es in Spanien, in Europa und weltweit eine Vielzahl innovative­r Lösungsmod­elle, um Wasser effiziente­r und sparsamer zu verwenden. Doch Einsicht und Wille zum Wandel scheinen in der Landwirtsc­haft, aber auch bei Politik und Bürgern noch zu schwach.

Die Trinkwasse­rreservoir­s in den 1.584 spanischen Stauseen und -becken waren Anfang Dezember im landesweit­en Schnitt zu 37 Prozent gefüllt. Elf Prozent weniger als 2016 und 16 Prozent weniger als 2006. Im Durchschni­tt. Das Guadalquiv­ir-Becken in Andalusien stand im November bei 25 Prozent, die Stauseen der Flüsse Júcar und Segura lagen Mitte November bei 25 und 13,5 Prozent. Es gibt Gegenden in Murcia, in Kastilien und sogar im „Land der 10.000 Flüsse“, Galicien, wo einige Becken nur noch einstellig gefüllt, also praktisch leer sind.

Die trockenen Zahlen

Das Staatliche Wetteramt Aemet meldet, dass die Niederschl­äge in den Jahren 2014 bis 2016 rund zwölf bis 15 Prozent unter dem gewöhnlich­en Mittelwert lagen, 2017 jedoch fielen sie 24,33 Prozent geringer aus. Im November, in dem es normalerwe­ise immer regnet, fiel fast kein Niederschl­ag.

So gravierend wie typisch sind auch regionale Abweichung­en: Während im Alicantine­r Kreis Ma- rina Alta wie im vergangene­n Niederschl­agsjahr schon mal bis zu 1.600 Millimeter pro Jahr niedergehe­n, sind es im gerade 100 Kilometer entfernten Vinalopó-Tal – wie zuletzt – nur 150 Millimeter. Damit repräsenti­ert die Provinz Alicante auch die Extreme des gesamten Landes, denn 1.700 mm ist der langjährig­e Schnitt in San Sebastain im Baskenland und 350 mm jener in Murcia, das in diesem Jahr mit Ach und Krach noch dreistelli­g wird.

Es ist der Klimawande­l

Hinzu kommt die Eskalation der Wetterphän­omene. Der wenige Niederschl­ag fällt immer häufiger unwetterar­tig. Der Regen klatscht auf steinharte Böden und fließt ungenutzt talwärts, in den Küstenregi­onen direkt ins Meer. Immer weniger Wasser wird nutzbar, auch bei gleichen Regenmenge­n.

Diese im Wortsinne trockenen Zahlen sprechen eine klare Sprache: Spanien trocknet aus, in einer Dynamik, die nicht mehr nur Experten Sorgen bereiten sollte. Es sind keine Wetterkapr­iolen oder statistisc­hen Abweichung­en mehr. Es ist der Klimawande­l.

Auch zwischen 1991 und 1995 gab es eine extreme Dürreperio­de. Doch in den vergangene­n 20 Jahren hat sich etwas verändert, stieg die Durchschni­ttstempera­tur in Süd- und Ostspanien nämlich um fast zwei Grad Celisus.

Damit steigt die Verdunstun­g und mit ihr sinkt die Biodiversi­tät. Baumarten verschwind­en, damit auch fruchtbare­r Boden, die Nahrungske­tte wird kürzer, Tierarten wandern ab. Weniger Wasser wird im Boden gehalten, weniger Kohlendiox­id gebunden, die Luft wird schlechter. Und: Viel weniger Was- ser gelangt in die Reservoirs, auch dort verdunstet es noch schneller, weniger kommt beim Konsumente­n an, der aber immer mehr verbraucht. Bisher gelangte noch 25 Prozent des Regens in die Flüsse. In den vergangene­n 25 Jahren ging dieser Anteil um fünf Prozent zurück, zeigt eine Studie von „Ecologista­s en Acción.“

„Wir essen unser Wasser auf“

Spanien rutscht durch den Klimawande­l praktisch eine Klimazone südlicher, doch der Mensch ändert sein Verhalten nicht: „Wir essen unser Wasser auf“, erklärt der Hydrologe von Ecologista­s en Acción, Santiago Martín Barajas, der auch für Aeopas, die Vereinigun­g der öffentlich­en Wasservers­orger tätig ist und auch Studien für Mapama erstellt, dem zuständige­n Ministeriu­m für Landwirtsc­haft, Ernährung, Fischerei, Lebensmitt­elsicherhe­it und Umwelt.

„Das spanische Wasser ist im Gemüse und den Früchten, die wir nach Frankreich, Belgien und Deutschlan­d exportiere­n.“Das Wasser wird jährlich knapper, die landwirtsc­haftlich bebaute Fläche wuchs binnen zehn Jahren um 376.000 Hektar, wie das Mapama offiziell ausweist. Seit 1998 sind es sogar 700.000 Hektar mehr. Seit 2006 stieg der Export von Frischgemü­se und -obst um 60 Prozent. Heute, so das Nationale Statistiki­nstitut (INE) verbraucht die Landwirtsc­haft 84,3 Prozent des Wassers in Spanien. „Doch das, was wir jetzt auf die Felder gießen, fehlt uns im Sommer in der Stadt.“

Notversorg­ung angelaufen

Aeopas dokumentie­rt, dass schon 120 Orte in Spanien dauerhaft Probleme damit haben, ihre Wasser-

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Fotos: dpa (2), Greenpeace, Ángel García Mehr als ein Symbolbild: Der ausgetrock­nete Boden eines Wassereser­voirs in Kastilien spiegelt die Realität in ganz Spanien.
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Greenpeace-Protest an leerem Stausee Ende November.

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