Costa Blanca
Zwickmühle Baños de la Reina: Stadt will römische Ausgrabungsstätte gegen Baugrund im Saladar tauschen
Zwischen Natur- und Kulturerbeschutz: Um die Ausgrabungsstätte Baños de la Reina vor Bebauung zu bewahren, will Calp den Grund gegen Areale im Saladar tauschen – das ist umstritten
Zwischen Calps zahlreichen mehrstöckigen Apartment- und Hotelgebäuden fallen zwei Bereiche auf, die bislang von Baukran und Betonmischer verschont geblieben sind: der Salzsee entlang der Avenidas Ejércitos Españoles und Juan Carlos I sowie die römische Ausgrabungsstätte Baños de la Reina an der Promenade des Bol-Strands.
Das Rathaus will die Anlage aus dem 1. bis 7. Jahrhundert n. Chr. wegen seines archäologischen Werts von Gebäuden freihalten, die Eigentümer wollen, was ihnen per Gerichtsentscheid zugesagt wurde: das Recht zu bauen.
Das sollen sie bekommen – wenn es nach dem Rathaus geht, im Tausch der Ausgrabungsstätte gegen Grund im Saladar-Gebiet rund um die Salinen. Die Eigner sind bislang nicht sonderlich von dieser Idee überzeugt. Und so nimmt das Tauziehen um die römische Ausgrabungsstätte Baños de la Reina vorerst kein Ende.
Mehrere Stadtregierungen haben sich bei der Suche nach einer Lösung bereits den Kopf zerbrochen. Der Streit um die als Bauland ausgeschriebenen, privaten Grundstücke auf dem Ausgrabungsgelände hat Gerichte aller Instanzen beschäftigt – bis Spaniens Oberster Gerichtshof 2009 endgültig entschied, den speziellen Schutzplan des Rathauses für das Gelände abzulehnen, und es zwang, die Eigentümer entsprechend zu entschädigen.
Eine Enteignung des archäologisch wertvollen Areals kommt für die Regierung César Sánchez’ nicht infrage. Die hoch verschuldete Stadt kann sich die entsprechende Ausgleichszahlung schlicht nicht leisten. Die Eigentümer wollen insgesamt 45 Millionen Euro für die vier Parzellen.
„Das ist viel zu hoch angesetzt, da wird natürlich hoch gepokert“, sagt Gerardo Roger Fernández. Der renommierte Architekt und Stadtplaner aus València, der auch den Tauschvorschlag mit den Grundstücken im Saladar für das Calper Rathaus erarbeitet hat ( sie
he Interview, Seite 4), schätzt den Wert des bebaubaren Geländes aktuell auf rund 13 Millionen Euro.
Bei einer Sitzung des zuständigen Sonderausschusses mit den Grundstückseigentümern lehnten letztere den Tauschvorschlag ab, den Fernández erarbeitet hatte. Auch, weil ihre Entschädigungszahlung davon abhinge, ob – und wenn ja, wann – auf den getausch-
Eine klassische Enteignung mit Entschädigung kommt nicht infrage
ten Grundstücken im Saladar tatsächlich gebaut wird. Die Idee ist, künftigen Bauträgern im Saladar die Errichtung von bis zu 15 Prozent höheren Gebäuden als vorgesehen zu gestatten und mit den entsprechenden Mehreinnahmen durch Lizenzgebühren an das Rat- haus die Eigner der Baños de la Reina zu entschädigen. Für die Eigentümer „inakzeptabel“, wie sie über ihren Anwalt mitteilen ließen. Noch in dieser Woche wollen sie einen Gegenvorschlag vorbringen.
Auch Calps Compromís-Sprecher Ximo Perles traut dem Ganzen nicht: „Es ist unklar, ob die 15 Prozent auf einzelne Parzellen aufgeteilt werden müssen, oder ob die Bauträger sie sich so zurechtschustern können, dass auf einem Grundstück plötzlich doch ein viel höheres Gebäude entsteht.“
Die Alternative – eine klassische Enteignung mit finanzieller Entschädigung – wie sie sonst in solchen Fällen üblich ist, sei undenkbar, sagte Calps Regierungssprecherin Ana Sala: „Wir können die Mittel dafür nicht aufbringen, es handelt sich um Grundstücke in erster Strandlinie, deren Wert zu hoch veranschlagt ist.“Bürgermeister Sánchez (PP) betonte, der Schutz der Baños und eine schnelle Lösung für die Eigentümer seien erste Priorität.
Im Zuge der Debatte hatte Calps Stadtrat mit den Stimmen der Regierung (PP, APPC und GdC) bereits im Juli vergangenen Jahres die Abschaffung des Höhenlimits für Gebäude im SaladarGebiet beschlossen. Die Opposition aus PSOE, Sí se puede (SSPC) und Compromís, die das Vorhaben aufgrund der ebenfalls schützenswerten Salinen kritisierte, enthielt sich der Abstimmung. Mit der abgeschafften Bebauungshöhe im Saladar seien der Schutz der Baños de la Reina sowie auch die Rechte der Eigentümer garantiert, hieß es damals aus dem Rathaus.
Wie sich nun allerdings herausstellte, haben die Grundstückseigner diesen Vorschlag noch gar nicht akzeptiert. Profitiert hätte von der unbegrenzten Gebäudehöhe bislang somit lediglich das geplante doppeltürmige AR Hotel in der Avenida Juan Carlos I, kritisierte Calps Umwelt- und Kulturverein Acec. „Wenn die Eigentümer nicht einverstanden sind, war das ein Bluff der Regierung und sie haben uns wieder belogen“, tönte Acec in seinem FacebookAuftritt. „Man könnte das Problem ähnlich lösen wie bei den Baños de la Reina in El Campello“, schlägt Guillermo Sendra, Acec-Vorsitzender und hauptberuflich Anwalt, vor. „Auch die befanden sich in Privatbesitz, die Eigentümer wurden ausbezahlt.“
Uneinig über Grundstückswert
Allerdings scheitert das neben der fehlenden Liquidität des Calper Rathauses momentan schon allein an der Uneinigkeit über den Preis: Ein von der Stadt beauftragter Gutachter schätzte den Wert der vier Grundstücke an den Königsbädern einst auf rund 15 Millionen Euro. Die Eigentümer fordern hingegen 45 Millionen Euro. „Das ist völlig überzogen“, sagt Sendra, „sie wollen das Gelände zu einem Preis verkaufen, als wäre es bereits bebaut“.
Dabei könnten die Eigner ihre Pläne an den Baños de la Reina vermutlich nie so umsetzen, wie sie es gerne hätten: Rathaus und Landeskulturministerium wollen den archäologischen Wert des Geländes bewahren und wenn überhaupt, sei das Erdgeschoss wohl nicht bebaubar. „Man müsste es behutsam umbauen und die Ausgrabungen, etwa mit einer Glasplatte, sichtbar machen“, meint Sendra. Käme es tatsächlich zu Bauarbeiten auf den Grundstü-
cken, würde wegen der schwierigen rechtlichen Lage womöglich jahrelang nichts vorangehen, vermutet Sendra. Käme es zu einer Enteignung, müsste man sich in der Mitte – etwa bei 20 Millionen Euro – treffen, glaubt er. Stadtplaner Gerardo Roger hingegen schließt diese Lösung aus. „Dann hätte man sich sicher bereits geeinigt“, glaubt er.
„Ich vertraue auf das Verhandlungsvermögen von Rathaus und Ministerium“, sagt Archäologin Alicia Luján, die die Ausgrabungen an den Baños de la Reina leitet, gegenüber der CBN. „Wir schieben das Thema schon so lange vor uns her, das beeinträchtigt sowohl die Grundstückseigentümer als auch uns Archäologen“, so Luján.
In dieser Woche machte dann auch noch der Abriss einiger Bungalows, der sogenannten Neptun-Häuser, direkt neben den Baños de la Reina, Schlagzeilen. Der Umweltverein Acec vermutet, dass auch dort archäologische Reste im Boden liegen könnten und fürchtet, dass nun erneut darauf gebaut wird, ohne das zu berücksichtigen.
„Alle Lizenzen werden gemäß vorschriftsmäßiger Studien des Rathauses und der anderen zuständigen Behörden erteilt. Der Abriss der Neptun-Gebäude beseitzt die Erlaubnis der dafür zuständigen Generaldirektion für Kulturerbe. Dem Rathaus bleibt nichts anderes übrig, als die Anweisung des Ministeriums zu erfüllen“, so das Rathaus in einer Stellungnahme.