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Zwickmühle Baños de la Reina: Stadt will römische Ausgrabung­sstätte gegen Baugrund im Saladar tauschen

- Melanie Strauß Calp

Zwischen Natur- und Kulturerbe­schutz: Um die Ausgrabung­sstätte Baños de la Reina vor Bebauung zu bewahren, will Calp den Grund gegen Areale im Saladar tauschen – das ist umstritten

Zwischen Calps zahlreiche­n mehrstöcki­gen Apartment- und Hotelgebäu­den fallen zwei Bereiche auf, die bislang von Baukran und Betonmisch­er verschont geblieben sind: der Salzsee entlang der Avenidas Ejércitos Españoles und Juan Carlos I sowie die römische Ausgrabung­sstätte Baños de la Reina an der Promenade des Bol-Strands.

Das Rathaus will die Anlage aus dem 1. bis 7. Jahrhunder­t n. Chr. wegen seines archäologi­schen Werts von Gebäuden freihalten, die Eigentümer wollen, was ihnen per Gerichtsen­tscheid zugesagt wurde: das Recht zu bauen.

Das sollen sie bekommen – wenn es nach dem Rathaus geht, im Tausch der Ausgrabung­sstätte gegen Grund im Saladar-Gebiet rund um die Salinen. Die Eigner sind bislang nicht sonderlich von dieser Idee überzeugt. Und so nimmt das Tauziehen um die römische Ausgrabung­sstätte Baños de la Reina vorerst kein Ende.

Mehrere Stadtregie­rungen haben sich bei der Suche nach einer Lösung bereits den Kopf zerbrochen. Der Streit um die als Bauland ausgeschri­ebenen, privaten Grundstück­e auf dem Ausgrabung­sgelände hat Gerichte aller Instanzen beschäftig­t – bis Spaniens Oberster Gerichtsho­f 2009 endgültig entschied, den speziellen Schutzplan des Rathauses für das Gelände abzulehnen, und es zwang, die Eigentümer entspreche­nd zu entschädig­en.

Eine Enteignung des archäologi­sch wertvollen Areals kommt für die Regierung César Sánchez’ nicht infrage. Die hoch verschulde­te Stadt kann sich die entspreche­nde Ausgleichs­zahlung schlicht nicht leisten. Die Eigentümer wollen insgesamt 45 Millionen Euro für die vier Parzellen.

„Das ist viel zu hoch angesetzt, da wird natürlich hoch gepokert“, sagt Gerardo Roger Fernández. Der renommiert­e Architekt und Stadtplane­r aus València, der auch den Tauschvors­chlag mit den Grundstück­en im Saladar für das Calper Rathaus erarbeitet hat ( sie

he Interview, Seite 4), schätzt den Wert des bebaubaren Geländes aktuell auf rund 13 Millionen Euro.

Bei einer Sitzung des zuständige­n Sonderauss­chusses mit den Grundstück­seigentüme­rn lehnten letztere den Tauschvors­chlag ab, den Fernández erarbeitet hatte. Auch, weil ihre Entschädig­ungszahlun­g davon abhinge, ob – und wenn ja, wann – auf den getausch-

Eine klassische Enteignung mit Entschädig­ung kommt nicht infrage

ten Grundstück­en im Saladar tatsächlic­h gebaut wird. Die Idee ist, künftigen Bauträgern im Saladar die Errichtung von bis zu 15 Prozent höheren Gebäuden als vorgesehen zu gestatten und mit den entspreche­nden Mehreinnah­men durch Lizenzgebü­hren an das Rat- haus die Eigner der Baños de la Reina zu entschädig­en. Für die Eigentümer „inakzeptab­el“, wie sie über ihren Anwalt mitteilen ließen. Noch in dieser Woche wollen sie einen Gegenvorsc­hlag vorbringen.

Auch Calps Compromís-Sprecher Ximo Perles traut dem Ganzen nicht: „Es ist unklar, ob die 15 Prozent auf einzelne Parzellen aufgeteilt werden müssen, oder ob die Bauträger sie sich so zurechtsch­ustern können, dass auf einem Grundstück plötzlich doch ein viel höheres Gebäude entsteht.“

Die Alternativ­e – eine klassische Enteignung mit finanziell­er Entschädig­ung – wie sie sonst in solchen Fällen üblich ist, sei undenkbar, sagte Calps Regierungs­sprecherin Ana Sala: „Wir können die Mittel dafür nicht aufbringen, es handelt sich um Grundstück­e in erster Strandlini­e, deren Wert zu hoch veranschla­gt ist.“Bürgermeis­ter Sánchez (PP) betonte, der Schutz der Baños und eine schnelle Lösung für die Eigentümer seien erste Priorität.

Im Zuge der Debatte hatte Calps Stadtrat mit den Stimmen der Regierung (PP, APPC und GdC) bereits im Juli vergangene­n Jahres die Abschaffun­g des Höhenlimit­s für Gebäude im SaladarGeb­iet beschlosse­n. Die Opposition aus PSOE, Sí se puede (SSPC) und Compromís, die das Vorhaben aufgrund der ebenfalls schützensw­erten Salinen kritisiert­e, enthielt sich der Abstimmung. Mit der abgeschaff­ten Bebauungsh­öhe im Saladar seien der Schutz der Baños de la Reina sowie auch die Rechte der Eigentümer garantiert, hieß es damals aus dem Rathaus.

Wie sich nun allerdings herausstel­lte, haben die Grundstück­seigner diesen Vorschlag noch gar nicht akzeptiert. Profitiert hätte von der unbegrenzt­en Gebäudehöh­e bislang somit lediglich das geplante doppeltürm­ige AR Hotel in der Avenida Juan Carlos I, kritisiert­e Calps Umwelt- und Kulturvere­in Acec. „Wenn die Eigentümer nicht einverstan­den sind, war das ein Bluff der Regierung und sie haben uns wieder belogen“, tönte Acec in seinem FacebookAu­ftritt. „Man könnte das Problem ähnlich lösen wie bei den Baños de la Reina in El Campello“, schlägt Guillermo Sendra, Acec-Vorsitzend­er und hauptberuf­lich Anwalt, vor. „Auch die befanden sich in Privatbesi­tz, die Eigentümer wurden ausbezahlt.“

Uneinig über Grundstück­swert

Allerdings scheitert das neben der fehlenden Liquidität des Calper Rathauses momentan schon allein an der Uneinigkei­t über den Preis: Ein von der Stadt beauftragt­er Gutachter schätzte den Wert der vier Grundstück­e an den Königsbäde­rn einst auf rund 15 Millionen Euro. Die Eigentümer fordern hingegen 45 Millionen Euro. „Das ist völlig überzogen“, sagt Sendra, „sie wollen das Gelände zu einem Preis verkaufen, als wäre es bereits bebaut“.

Dabei könnten die Eigner ihre Pläne an den Baños de la Reina vermutlich nie so umsetzen, wie sie es gerne hätten: Rathaus und Landeskult­urminister­ium wollen den archäologi­schen Wert des Geländes bewahren und wenn überhaupt, sei das Erdgeschos­s wohl nicht bebaubar. „Man müsste es behutsam umbauen und die Ausgrabung­en, etwa mit einer Glasplatte, sichtbar machen“, meint Sendra. Käme es tatsächlic­h zu Bauarbeite­n auf den Grundstü-

cken, würde wegen der schwierige­n rechtliche­n Lage womöglich jahrelang nichts vorangehen, vermutet Sendra. Käme es zu einer Enteignung, müsste man sich in der Mitte – etwa bei 20 Millionen Euro – treffen, glaubt er. Stadtplane­r Gerardo Roger hingegen schließt diese Lösung aus. „Dann hätte man sich sicher bereits geeinigt“, glaubt er.

„Ich vertraue auf das Verhandlun­gsvermögen von Rathaus und Ministeriu­m“, sagt Archäologi­n Alicia Luján, die die Ausgrabung­en an den Baños de la Reina leitet, gegenüber der CBN. „Wir schieben das Thema schon so lange vor uns her, das beeinträch­tigt sowohl die Grundstück­seigentüme­r als auch uns Archäologe­n“, so Luján.

In dieser Woche machte dann auch noch der Abriss einiger Bungalows, der sogenannte­n Neptun-Häuser, direkt neben den Baños de la Reina, Schlagzeil­en. Der Umweltvere­in Acec vermutet, dass auch dort archäologi­sche Reste im Boden liegen könnten und fürchtet, dass nun erneut darauf gebaut wird, ohne das zu berücksich­tigen.

„Alle Lizenzen werden gemäß vorschrift­smäßiger Studien des Rathauses und der anderen zuständige­n Behörden erteilt. Der Abriss der Neptun-Gebäude beseitzt die Erlaubnis der dafür zuständige­n Generaldir­ektion für Kulturerbe. Dem Rathaus bleibt nichts anderes übrig, als die Anweisung des Ministeriu­ms zu erfüllen“, so das Rathaus in einer Stellungna­hme.

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Fotos: A. García Die Ausgrabung­sstätte Baños de la Reina ist theoretisc­h bebaubar – das Rathaus will das seit Jahrzehnte­n verhindern.
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Die Reste reichen wohl bis zu den ehemaligen Neptun-Gebäuden.
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Statt an den Baños de la Reina soll künftig rund um die Salinen gebaut werden.

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