Ghandi aus Girona
Kataloniens designierter zweifacher ExPräsident Puigdemont verlangt aus seiner belgischen Zuflucht „Garantien von Madrid“. Die hat er. Lässt er sich per Skype krönen, garantiert ihm das Verfassungsgericht die Absetzung. Erscheint er persönlich im katalanischen Parlament, garantiert ihm Großinquisitor Zoido die Überstellung ins Soto del Real. Er könnte dann nicht mal mehr telematisch präsidieren, sondern höchstens telepathisch.
Das Ende als Märtyrer in Ketten ist Carles’ Sache nicht. In Brüssel Muscheln schlürfen, in Kopenhagen Politikstudenten auf den Geist gehen und einmal die Woche per Videomessage auf die revolutionäre Tränendrüse drücken: schon eher. Doch Puigdemont wäre nicht Puigdemont, überraschte er uns nicht doch wieder und stünde am 31. Januar persönlich im Parlament oder wenigstens vor den Toren Barcelonas.
Szenarien dafür gibt es in der Historie einige: Fidel Castro landete mit einer Handvoll karibischer Jordis und Ches 1956 an der Playa Girón und marschierte, die Zigarre cool im Mundwinkel, bis Havanna durch, um den Tyrannen zu stürzen. Das dauerte damals ganze zwei Jahre. Vom Hafen Barcelonas bis zum Parlament braucht es heute eine knappe halbe Stunde...
Ein gewisser Wladimir Iljitsch Uljanow reiste vor 101 Jahren mit einem Freifahrtsschein der Deutschen Bahn und zwei Kisten Silbermünzen aus der Schweiz nach Petrograd. Mit Verspätung, natürlich, aber doch beseitigte er als Lenin die Monarchie und prügelte den Russen 70 Jahre Glück und Wohlstand ein. Putin könnte heute mit seinem Geld, vielleicht diesmal über Andorra, die Revolution in Katalonien... Oder hat er schon?
Vielleicht muss es gar nicht so viel Pulverdampf sein. Unser friedlich gesinnter Carles, der Ghandi aus Girona, könnte sich von seinem Parlament zum Diplomaten ernennen und, so immunisiert, an die katalanische Botschaft in Tabarnia entsenden lassen, das sich mit Katalonien die Hauptstadt Barcelona teilt. Oder er regiert vom dortigen belgischen Generalkonsulat aus, so wie Julian Assange aus der ecuadorianischen Botschaft in London das Internet regiert. So wäre er im Lande, wie es König und Verfassungsgericht wollen, aber gleichzeitig auch in Sicherheit.