Kruste, die nicht abfällt
Vierter Versuch: „Kreuz der Gefallenen“von Callosa de Segura soll am 29.Januar fortgeschafft werden
Vierter Anlauf: „Kreuz der Gefallenen“in Callosa de Segura soll endgültig weg
Callosa de Segura – sw. Einen Showdown erwartet Callosa am Montag, 29. Januar. Das Rathaus will das unter Diktator Franco aufgestellte Marmorkreuz „Cruz de los Caídos“von der Plaza de España entfernen lassen. Dreimal hat dies eine Anwohnerinitiative verhindert. Tag und Nacht wacht eine Gruppe über das Denkmal, ohne das sie sich ihren Ort nicht vorstellen kann. Das wird sie nun wohl müssen. Bürgermeister Fran Maciá (PSOE) will auf Nummer sicher gehen.
Mit der Regierungsvertretung in Alicante hat er ausgemacht, dass die Genehmigung für den Protest der „Defensa de la Cruz“am Sonntag ausläuft. Am Folgetag soll ein Polizeiaufgebot den Platz weiträumig absperren. Medienrummel ist garantiert.
2017 flimmerte Callosas Platz dreimal voller aufgewühlter Men- schen über Spaniens FernsehSchirme. Die Abrissfahrzeuge kamen nicht durch. Mittendrin: Bürgermeister Maciá.
Zu gern wäre er aus anderen Gründen in den Schlagzeilen. Gefragt wird Maciá jedoch vorwiegend nach „dem Kreuz“. Dessen Entfernung war eine Bedingung für den linken Regierungspakt der Sozialisten mit der Izquierda Unida und Podemos. Auch die Landesregierung aus PSOE und Compromís hat das Kreuz satt, wie die Generaldirektorin für Kulturerbe, Carmen Amoraga, bekräftigte. Es störe den Blick auf die Renaissance-Kirche San Martín – ein Gut von kulturellem Interesse (Bic). Bereits 2016 hatte das Gericht von Elche geurteilt, bei dem Kreuz handle es sich um kein kulturelles Gut, sondern um ein Symbol der Franco-Zeit. Man könne es also wegschaffen.
Zugrunde liegt dem Schritt das Gesetz zur Vergangenheitsbewältigung, das Ministerpräsident José Luis Zapatero (PSOE) 2007 eingeführt hatte. Die damals in Callosa regierenden Konservativen unternahmen nichts. Auch die Pfarrei San Martín nicht. Die meint bis heute, das Denkmal stünde auf ihrem Grund – ein Abriss wäre somit Hausfriedensbruch. Vor einem Jahr ließ die Pfarrei pikante Inschriften vom Denkmal entfernen, die die faschistische Falange und ihren Gründer José Antonio Primo de Rivera huldigten.
Keineswegs religiöses Symbol
Nun sei das Kreuz nur noch ein religiöses Symbol, meinen seine Fürsprecher. Dass es nicht so ist, zeigen Auseinandersetzungen mit radikalen Gruppen, Schmierereien auf den Wänden, Fotos in sozialen Netzwerken, auf denen mit erhobenem rechten Arm salutierende Falangisten vor dem Cruz de los Caídos zu sehen sind. Auch am Montag werden Extremisten erwartet.
Derweil bemüht sich Stadtchef Maciá um einen moderaten Ton. Die 81 noch heute auf dem Kreuz stehenden Namen erinnerten nicht an Franquisten, „sondern Bürger Callosas“, sagte er. Einen würdigen Ort wünsche er sich für das Kreuz, den Friedhof oder das Museum. Der Verteidiger-Plattform habe er sogar angeboten, auf den Ort des Mals ein Kreuz aus dem 18. Jahrhundert zu stellen.
All die Vorschläge hätten die Protestierenden abgelehnt. Selbst Morddrohungen gingen Ende 2017 übers Internet bei Maciá ein. Zu deutlich wird, dass das Kreuz wie eine Kruste über einer nicht verheilten Wunde liegt. Ob der Abriss der Kruste die Wunde heilen wird, kann sich nur zeigen, wenn sie fällt.