Kein Seepferdchen in Sicht
Besorgniserregende Zahlen: Bestand des kleinen Fisches im Mar Menor um 90 Prozent geschrumpft
Cartagena – sg. Das Seepferdchen könnte bald aus dem Mar Menor verschwunden sein. Der Bestand des kleinen Fisches, der das Markenzeichen von Europas größtem Binnenmeer darstellt, ist seit 2012 um 90 Prozent geschrumpft. Die besorgniserregenden Zahlen gab die Vereinigung Hippuscampus bekannt, das ist der wissenschaftliche Name des Seepferdchens. Die Organisation aus 25 Freiwilligen setzt sich für den Erhalt des Fisches ein, der im Roten Buch für Wirbeltiere der Region Murcia geführt wird.
Die Mitarbeiter führten im Jahr 2017 15 Stichproben durch. Dazu tauchten sie ins Mar Menor ab und zählten die Seepferdchen in einer abgesteckten Zone. Sie wurden nur selten fündig. Registrierten die Taucher im Jahr 2013 noch elf Seepferdchen pro Hektar, waren es 2015 nur noch sieben. 2017 waren neun von zehn Exemplaren von der Bildfläche verschwunden.
Die Untersuchungen sollen im Sommer 2018 abgeschlossen werden. Doch das Zwischenergebnis, das Hippocampus Anfang Dezember auf seiner Jahresversammlung präsentierte, deutet auf einen enormen Schwund hin.
Die Bedrohungen für den kleinen Fisch im Mar Menor sind groß und vielfältig, allen voran die Verschmutzung der Lagune mit Nährstoffen aus den benachbarten intensiv gedüngten Anbaugebieten. Die daraus resultierende explosionsartige Vermehrung von Algen an der Wasseroberfläche im Jahr 2016 ließ kein Licht mehr durch, so dass die Vegetation am Meeresgrund starb, der Lebensraum des Seepferdchens.
Der Fisch bewohnt sein Leben lang dasselbe Gebiet, ohne es zu verlassen. Er ist angewiesen auf intakte Seegraswiesen, in denen er Nahrung findet und seinen Nachwuchs zur Welt bringt. Doch 90 Prozent der Neptungräser sind laut einer Studie des Ozeanographischen Instituts in San Pedro del Pinatar zerstört. Weitere Gefahren stellen Anti-Quallen-Netze im Sommer dar. Das Seepferdchen hakt sich mit seinem Schwanz in die Maschen ein. Im Oktober werden die Netze wieder eingeholt mit den festgeklammerten Seepferdchen, die dann sterben.
Bedrohung aus dem Mittelmeer
Auch tierische Einwanderer machen dem kleinen Fisch zu schaffen. Die so genannten Invasoren gelangen über künstliche Kanäle aus dem Mittelmeer in die Lagune, wie der gefräßige Wolfsbarsch oder die aggressive Blaukrabbe. In Zukunft könnte sich die Zahl der Eindringlinge noch erhöhen. Die Landesregierung von Murcia plant, die Verbindungskanäle zwischen Mittel- und Binnenmeer zu vergrößern, um mehr frisches Wasser in die Lagune zu führen. Die Maßnahme ist unter Wissenschaftlern jedoch umstritten, da die Folgen für das Ökosystem im Mar Menor nicht absehbar sind. Ziel der Vereinigung Hippocampus ist es, dass das Seepferdchen in den Spanischen Katalog für bedrohte Arten aufgenommen wird. Dann ist die Erhaltung und der Schutz des Bestandes verpflichtend. Voraussetzung ist jedoch, zu belegen, dass die Population in den vergangenen 50 Jahren um 40 Prozent abgenommen hat. Hippocampus ist davon überzeugt, das dies längst der Fall ist. Nur können sie keine konkreten Zahlen vorlegen, weil ihnen die Mittel fehlen. In den 1960er und 70er Jahren gab es im Mar Menor reichlich Seepferdchen. Damals wurden sie nur von Urlaubern und Händlern bedroht, die sie einfach aus dem Wasser nahmen, trockneten und dann als Souvenir verkauften.