Endstation Deponie
Video über tonnenweise unbehandelten Müll in Jijonas Deponie legt schlechtes Management offen
Ein 40-Tonner schiebt und presst ein wildes Durcheinander von unbehandeltem Unrat aus seinem langen Trailer auf die Halde, ein Müllwagen lädt Plastik, Matratzen, Schränke und sonstigen Sperrmüll ab. Ein der Tageszeitung „Información“zugespieltes und auf YouTube veröffentlichtes Video über die Mülldeponie Piedra Negra in Jijona hat hohe Wellen geschlagen.
Im Jahr 2017 soll die Anlage, die seit 2015 privat vom Unternehmen Reciclados y Compostaje Piedra Negra S.A. verwaltet wird, 218.574 Tonnen Abfälle aufgenommen haben. Dabei handele es sich um Abfälle aus der Industrie sowie Haushaltsmüll aus 37 Gemeinden der Kreise L’Alacantí, L’Alcoià, El Comtat, La Foia de Castalla und – nach der Schließung der Anlage bei Crevillent – auch aus der Vega Baja (siehe Seite 21). Die ursprünglich festgelegte maximale Menge für Piedra Negra liegt bei 173.000 Tonnen pro Jahr.
Für noch mehr Empörung sorgte, dass die Vorgänge offenbar von der valencianischen Landesregierung gebilligt werden. Dieses Müllmanagement sei „wenig vorbildlich“, gab der Landessekretär für Umwelt und Klimawandel, Julià Álvaro, gegenüber der Zeitung zu. Aber, „dass die Materialien unter diesen Bedingungen ankommen, ist nicht verwunderlich“, meinte Álvaro. Es fehle an Investitionen, Anlagen und einer besseren Mülltrennung. Schuld sei das miserable Abfallmanagement wäh- rend der vorhergehenden Legislaturen, in denen die konservative Volkspartei die Region regierte.
Ins gleiche Horn stieß die Landtagsabgeordnete Beatriz Gascó Verdier (Podem). „Die Situation in Jijona ist leider keine Ausnahme, sondern die Regel in den meisten Deponien und Resultat der schlechten Abfallwirtschaft im Land Valencia in den vergangenen 20 bis 30 Jahren“, erklärte Gascó in einem Kommuniqué.
Ob Ausnahme oder Regel, bei den 15 Prozent der Bürger, die nach Aussage von Carlos Arribas vom Umweltschutzverein Ecologistas en Acción in ihren Haushalten Müll trennen, wird das Video Zweifel geweckt haben, ob sich ihre Mühe überhaupt lohnt. „Was seitens der Bürger in den Containern für Plastik, Glas und Papier gesammelt wird, landet nicht in den Deponien, sondern in den Verwertungsanlagen“, beruhigt Arri- bas. Das Problem liege vielmehr darin, dass die Menge des Haushaltsmülls zu groß sei und über lange Strecken zu den wenigen Deponien gekarrt werde, die aus allen Nähten platzten. „Dort wird nur ein winziger Teil, etwa fünf Prozent, wiederverwertet, der Rest wandert meist, ohne überhaupt irgendwie behandelt zu werden, auf der Halde“, berichtet der Umweltschützer.
Statt in der Verbesserung der bestehenden Anlagen liege die Lösung vielmehr darin, das Müllsammelsystem generell zu verbessern. „Beispielhaft ist hier das österreichische Modell“, meint Arribas. „So sollten Bioabfälle direkt vor Ort in entsprechenden Anlagen kompostiert werden können“, sagt er. „Diese Abfälle bestehen zum Großteil aus Wasser, das heißt, wir karren momentan tonnenweise Wasser Dutzende Kilometer zur Deponie.“
Leider mangele es an Willen – auch bei den Bürgern. „Es fehlt das nötige Bewusstsein“, meint Carlos Arribas. Deshalb müsse die Politik per Gesetz eine bessere Mülltrennung erreichen – sei es durch finanzielle Anreize für eine vorbildliche Trennung oder Bußgelder. „Zuckerbrot und Peitsche“, resümiert der Aktivist. Bis 2020 müssen laut einer EU-Richtlinie 50 Prozent der Abfälle recycelt oder kompostiert werden. „Das ist in weniger als zwei Jahren“, gibt der Umweltschützer zu bedenken, „in Spanien sind wir mit 33 Prozent weit davon entfernt – und im Land Valencia noch weiter.“
„Wir karren Wasser Dutzende Kilometer bis zur Deponie“