Die lebenslange Freiheitsstrafe
Mit der Volkspartei-Mehrheit nahm das Parlament am 21. Januar 2015 den Gesetzesentwurf der Regierung Rajoy zur Reform des Strafrechts an. Wichtigste Neuerung: die „revidierbare lebenslange Freiheitsstrafe“. Sie sollte fortan Anwendung finden bei besonders brutalen Mordfällen oder Terroranschlägen mit Todesopfern. Revidierbar bedeutet, dass nach 25 oder 30 Jahren Gefängnis das Strafmaß neu verhandelt werden kann. Bei einer günstigen Sozialprognose ist eine Entlassung möglich.
Unbekannt war „lebenslang“in Spanien allerdings nicht. Bis 1928 gab es das sehr wohl. Danach kannte das spanische Recht keine lebenslange Freiheitsstrafe mehr. Allerdings konnten – und können immer noch – Verbrecher mit der Addition von Strafen für mehrere Straftaten zu jahrhunderte- oder gar jahrtausendelanger Haft verurteilt werden. Wie im Fall der Urheber der islamistischen Terroranschläge vom 11. März 2004, die jeweils zu 34.715 Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Ein derartiges Strafmaß ist allerdings eher symbolisch zu verstehen. Tatsächlich wurde vor der Reform jeder Verurteilte nach maximal 30 beziehungsweise 40 Jahren (bei Terrorakten) aus der Haft entlassen.
Die lebenslange Freiheitsstrafe rief damals Kritiker auf den Plan. Noch immer ist eine Verfassungsklage anhängig. Die Diskussion aber nahm jetzt wieder Fahrt auf, als die gemäßigten baskischen Nationalisten von PNV einen Antrag auf Gesetzesänderung im Parlament einbrachten.
Die Debatte darüber fiel zusammen mit dem Fund der Leiche der 18-jährigen Diana Quer, die im Sommer 2016 spurlos verschwunden war, und der Festnahme ihres mutmaßlichen Mörders im Dezember. Der Vater der Toten initiierte eine Unterschriftenaktion gegen jegliche Lockerung der lebenslangen Freiheitsstrafe. Mit Stand 3. Februar kamen zwei Millionen Unterstützer zusammen. PP und Ciudadanos sind auf der Seite von Juan Carlos Quer und wollen die Liste der Straftaten sogar verlängern, für die lebenslänglich in Frage kommt
Namhafte Rechtswissenschaftler in Spanien dagegen meinen, die lebenslange Freiheitsstrafe helfe nicht, brutale Verbrechen zu vermeiden. Ihre Einführung sei „strafrechtlicher Populismus“gewesen. (tl)