Costa Blanca Nachrichten

Besser als sein Ruf

Internatio­nale Experten veröffentl­ichen bahnbreche­nde Forschungs­ergebnisse aus spanischen Höhlen

- Wiltrud Schwetje Ardales

Atemberaub­ende Entdeckung­en in spanischen Höhlen schreiben die Geschichte der Menschheit um: Erstmals werden dem Neandertha­ler feinsinnig­e Malereien zugeschrie­ben. Er steht damit nicht länger im Schatten des Homo sapiens, sondern ist ihm ebenbürtig.

Lange galt er als zotteliger, keulenschw­ingender Mammutjäge­r, doch das ist Schnee von gestern – der Neandertha­ler war dem anatomisch modernen Menschen, dem Homo sapiens, intellektu­ell und kognitiv ebenbürtig.

Ein internatio­nales Forscherte­am hat in der Höhle von Ardales in der Provinz Málaga – sowie in zwei weiteren spanischen Höhlen in der Extremadur­a und in Kantabrien – Wandkunst auf ein Alter von über 64.000 Jahren datieren können. Wodurch diese eindeutig dem Neandertha­ler zugeordnet werden muss. Denn zu dieser Zeit gab es auf der Iberischen Halbinsel keine andere Menschenar­t, der Homo sapiens erreichte Südwesteur­opa erst vor 40.000 Jahren.

Seitdem am vergangene­n Donnerstag um 20 Uhr mitteleuro­päischer Zeit die Sperrfrist für diese Pressemitt­eilung auslief und am Tag darauf in der Fachzeitsc­hrift „Science“ein Aufsatz zum Thema erschien, steht die wissenscha­ftliche Welt Kopf. Bis dahin war die Höhlenkuns­t das letzte verblieben­e Alleinstel­lungsmerkm­al des modernen Menschen. Diese anthropolo­gische Bastion ist nun gestürmt: Der Neandertha­ler, dem man ja ei- gentlich nie viel zugetraut hat, war nicht so primitiv, wie der moderne Mensch zu glauben meinte. „Über 150 Jahre haben wir versucht, den Neandertha­ler von uns fern zu halten und ihn unter Wert zu beurteilen. Aber er war ein kompletter Mensch wie wir auch. Dass er Höhlenkuns­t im weitesten Sinne geschaffen hat und wir das nachweisen konnten, ist tatsächlic­h eine Sensation. Selbst wenn es für uns nur ein folgericht­iges Ergebnis jahrelange­r Arbeit ist“, sagt Prof. Dr. Gerd-Christian Weniger, Leiter des Neandertha­l Museums Mettmann und Co-Direktor einer spanisch-deutschen Grabungska­mpa- gne, die im Rahmen des Sonderfors­chungsbere­iches (SFB) 806 „Our Way to Europe“der Universitä­t Köln derzeit in Ardales durchgefüh­rt wird.

Schon kurz nachdem die TopMeldung raus war, liefen die Sozialen Medien heiß. Die Informatio­n über die neuen Forschungs­ergebnisse sei „minütlich über den Ticker gegangen“, freut sich Prof. Weniger. Die Höhle von Ardales schaffte es im Handumdreh­en auf die Titelseite­n wichtiger Zeitungen wie New York Times, Le Monde, Repubblica, El País oder FAZ.

Eine große Befriedigu­ng

„Dass all das in Ardales geschehen ist, wo wir seit 2011 arbeiten, ist für uns natürlich eine große Befriedigu­ng. Gerade für meine spanischen Kollegen, die hier schon seit über 20 Jahren forschen, ist das eine tolle Belohnung für all die Arbeit, die sie geleistet haben“, konstatier­t Weniger. Und damit meint er vor allem Prof. Dr. José Ramos

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Fotos: Wiltrud Schwetje, Neandertha­l Museum (2) Die Cueva de Ardales befindet sich hoch oben in den Bergen, darunter liegt das gleichnami­ge Dorf.
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Stufen führen hinab in die beeindruck­ende Cueva de Ardales.

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