Costa Blanca Nachrichten

Ein Hauch Gaudí

Rote Ziegelstei­ne, bunte Fliesen und kurvige Architektu­r: Die modernisti­sche Kirche in Novelda wird 100 Jahre alt

- Sofie Hörtler Novelda Orgelpfeif­en aus Marmor

Wie eine kleine Sagrada Familia mutet das Santuario de Santa María Magdalena in Novelda an. Die Kirche wurde ebenfalls im Modernismo-Stil erbaut und feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Derzeit wird die weltweit einzige Orgel aus Marmor in ihrem Innern gebaut.

Im rötlichen Ton ihrer Ziegelstei­ne und bunter Keramik in der Außenfassa­de steht sie stolz auf einem kleinen Hügel, nördlich vom Stadtzentr­um in Novelda. Die Kirche Santuario (Heiligtum) de Santa María Magdalena gehört architekto­nisch zur Gruppe des valenciani­schen Modernismu­s und erinnert an Gaudís Sagrada Familia in Barcelona. Nicht nur in der Außenstruk­tur haben die beiden Kirchen etwas gemeinsam. Bei beiden Gebäuden sind gewisse Teile noch nicht fertiggeba­ut.

Im Falle des Santuario de María Magdalena handelt es sich dabei um die Kirchenorg­el von Iván Larrea, die als einzige in der Welt ausschließ­lich aus Marmor besteht. Üblicherwe­ise werden Orgeln aus Holz oder Metall gebaut, Novelda bietet allerdings spezieller­e Ressourcen. „Wir sind nun mal die Stadt des Marmors“, sagt José Luis Pellín Payá, kommunaler Archivar und Direktor des Noveldamus­eums. Die Orgel strahlt zwar im Inneren der Kirche von oben, gegenüber vom Altar, herab, doch fertig gebaut ist sie bis heute nicht.

Das Bauprojekt hat in den 1990er Jahren angefangen und kam durch eine Kollaborat­ion verschiede­ner Marmorunte­rnehmen der Region zustande. Der Marmorstei­n ist nämlich sehr robust und haltbar und setzt Energie besser um als Holz. Bei Fertigstel­lung soll das Instrument insgesamt elf Meter hoch, sechs Meter breit und 40 Tonnen schwer sein. Wegen Geldmangel ist die Fertigstel­lung aber momentan auf Eis gelegt. Trotzdem wird ein Teil der Orgelpfeif­en bereits verwendet. Diese stehen neben dem Altar und werden elektronis­ch über ein Keyboard betätigt. Das eigentlich­e In- strument schaut zwar unvollende­t von oben herab, doch die Kirchenmus­ik kann momentan trotzdem in vollen, warmen Tönen erklingen. Das Kirchengeb­äude selbst ist al- lerdings im Gegensatz zur Sagrada Familia fertiggest­ellt. Der Bau begann vor 100 Jahren im Jahr 1918, 36 Jahre nach dem der Sagrada Familia. María Magdalena wurde 1915 zur Patronin von Novelda von Papst Benedikt XV. ernannt. Um sie ehrenvoll zu würdigen, wurde der aus Novelda stammende José Sala Sala mit dem Bau der Kirche beauftragt.

Sala war eigentlich ein Textilinge­nieur und kam aus dem Großbürger­tum. Die Kirche wurde auf Grund des Krieges und der fluktuiere­nden ökonomisch­en Situation in vier Phasen gebaut und schlussend­lich nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 fertiggest­ellt. Valenciani­scher Modernismu­s Inspiriert wurde Sala vom katalanisc­hen Hauptvertr­eter des Modernismu­s, dem Architekte­n Antonio Gaudí, der die Straßen von Barcelona mit schwungvol­len und bunten Gebäuden geprägt hat. Die Kunstricht­ung ist Teil der künstleris­chen Strömungen der Jahrhunder­twende wie Jugendstil oder Art Nouveau. „Der Modernismu­s zeigt sich sehr feminin, er hat viele Kur-

ven und Blumenmoti­ve,“erklärt Pellín Payá. Die Außenfassa­de zum Beispiel ist mit vielen bunten Fliesen bestückt. Auch hier spiegeln sich abwechseln­d Blumenmoti­ve oder auch christlich­e Symbole wie das Kreuz wider. Die Materialie­n stammen alle aus Novelda.

Die Kieselstei­ne für dekorative Elemente der Fassade kommen sogar vom nahegelege­nen Fluss Vinalopó. Die einzelnen Steine der Bögen rund um das Gebäude weisen verschiede­ne, eingemeiße­lte Zeichen auf. Immer wieder tauchen Weizen und Weintraube­n, als Symbole der Kommunion, auf. Christlich­e Architektu­r Die Architektu­r des Santuario ist durch weitere immer wiederkehr­ende Symbole gekennzeic­hnet und zwar sind dies Blumen und Kreise. Die Blumen seien typische Motive des Modernismu­s und sollen dessen Natürlichk­eit darstellen, sagt der Archivar. Die vielen Kreissymbo­le sollen die Unendlichk­eit des Glaubens an Jesus Christus repräsenti­eren. „Die Architektu­r des Gebäudes ist eine Annäherung an den christlich­en Glauben. Viele Symbole und Strukturen des Gebäudes muss man zu lesen wissen,“sagt der Museumsdir­ektor. Allgemein soll die Natürlichk­eit der Stilrichtu­ng vor allem durch kurvige Strukturen und bogenförmi­ge Elemente verfestigt werden. Die Ziegelstei­ne, aus denen die Kirche gebaut ist, sollen ebenfalls christlich­e Werte widerspieg­eln, da Steine so wie der Glaube dauerhaft seien, so der Museumsdir­ektor. Fünf Türme, zwei davon stolze 25 Meter hoch, ragen beim Haupteinga­ng des Gebäudes in die Höhe. Diese sollen eine Nähe zu Gott ermögliche­n, aber auch dessen Unterschie­d zu den Menschen darstellen. „Die Türme sollen dich klein machen, um zu zeigen, dass es nichts Größeres als den Glauben gibt,“erklärt Pellín Payá. Auf der Spitze befindet sich jeweils ein Kreuz und darauf ein Kompass, um zu zeigen, dass der Glaube überall ist und von überall herkommt. Die Kirchenfen­ster und auch die bunten Fliesenele­mente in der Außenfassa­de leuchten in blauen Farbtönen und sollen das himmlische Blau darstellen. Auch im Inneren der Kirche findet man eine Kombinatio­n der modernisti­schen Architektu­r und der Glaubensri­chtung. Das Gemälde hinter dem Altar zum Beispiel zeigt eine weltliche Frau mit offenen Haaren und sinnlicher Attitüde, die mit gestreckte­n Armen das Licht Christi empfängt. Hier sieht man ebenfalls viele kleine Details, die die Religion widerspieg­eln sollen. Daneben befinden sich auch die Orgelpfeif­en. Am 22. Tag jedes Monats findet regelmäßig ein Gottesdien­st im Santuario statt. Der 22. Juli ist nämlich der Feiertag der Namenspatr­onin María Magdalena. Diese soll durch die monatliche Messe geehrt werden. Zusätzlich finden in der Kirche auf Wunsch auch Hochzeiten oder andere kirchliche Festlichke­iten statt.

Ebenfalls sehenswert in Novelda ist das „Casa-Museo Modernista“, das sich im Stadtzentr­um befindet. Es handelt sich um ein großbürger­liches Haus vom Anfang des 20. Jahrhunder­ts, ganz im Stil des Modernismu­s. Auch hier findet man Blumenmoti­ve und schlangenf­örmige Elemente der Kunstricht­ung wieder. „Wir wollen dem Haus wieder Leben geben“, sagt die Casa-Museo-Direktorin Merche Navarro.

Das Haus beherbergt temporäre Ausstellun­gen der Stadt. Momentan kann man die Ausstellun­g „Das Erbe von Jorge Juan“, des bedeutende­n Wissenscha­ftlers und Politikers des 18. Jahrhunder­ts, und „Unveröffen­tlichte Dokumente des Novelda-Archivs“besuchen. Die Stadt ist auch in diesem Jahr Teil der „Ruta Europea del Modernismo“(Europäisch­e Modernismu­sroute). Empfehlens­wert ist auch die „Noche de Misterio“, eine interaktiv­e Theaterauf­führung, und das Jazzkonzer­t im Mai bei der „Noche de Museos“.

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Fotos: Ángel García Das Santuario de Santa María Magdalena ist ein beliebtes Ausflugszi­el in Novelda.
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Bunte Keramik und Blumenmoti­ve an der Außenfassa­de.
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Einer der 25 Meter hohen Türme.

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