Vor einer neuen Immobilienblase?
Vor allem in Städten wie Madrid und Barcelona gibt es Zeichen einer Überhitzung des Marktes
Madrid – tl.
Die starken Preissteigerungen bei Immobilien und Mieten in den ersten Monaten des Jahres lassen die Alarmglocken schrillen: Steht Spanien vor einer neuen Immobilienblase? In einigen Städten des Landes liegen die Preissteigerungsraten bereits wieder im zweistelligen Bereich. Fakt ist: Der Immobiliensektor brummt und ein Ende scheint nicht absehbar.
In der Hauptstadt Madrid beispielsweise haben sich die Immobilienpreise im ersten Quartal des Jahres um 17 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 verteuert, wie die Taxierungsgesellschaft Tinsa ermittelt hat. In der Mallorca-Hauptstadt Palma betrug der Anstieg 14,7 Prozent. Auch Barcelona (11,0), Pamplona (10,4) und Logroño (10,0 Prozent) liegen im zweistelligen Bereich. Valencia und Sevilla nur knapp darunter. Diese Preissteigerungsraten fallen extrem höher aus als der landesweite Schnitt von 3,8 Prozent.
Obwohl die Immobilienpreise deutlich ansteigen, wird gekauft. Im Februar betrug die Zahl der Transaktionen 41.480. Das entspricht einem Anstieg um 16,2 Prozent im Vergleich zu Februar 2017. Im Januar hatten Kauf und Verkauf von Häusern und Wohnungen sogar um 23 Prozent zugenommen.
In der vergangenen Woche nahm Wirtschaftsminister Román Escolano vor dem Parlament Stellung zu der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Man sei „weit entfernt, um von einer Blase sprechen zu können“, sagte der Minister. Von der Zeitung „El País“befragte Experten sehen das ähnlich. Was passiere, sei keine Blase, sondern „eine Gentrifizierung, die zum Handeln zwingt“, sagte etwa José Luis Suárez, Professor an der IESE Business School (Barcelona).
Andere Fachleute sehen noch nicht einmal dieses Problem. „Es gibt keine Blase, weder auf nationaler noch auf lokaler Ebene. Wir sind von Null gestartet, da erscheinen die Preissteigerungen spektakulär. In Wahrheit sind die Preise aber noch weit entfernt von der Boomzeit vor zehn Jahren“, äußerte José Luis Ruiz Bartolomé, Direk- Zwangsräumungen infolge von Mietschulden nehmen immer mehr zu tor von Chamberí AM, gegenüber „El País“. Es handele sich lediglich um eine „schnelle Erholung“.
Gegen eine neue Immobilienblase spricht auch, dass in 23 Provinzhauptstädten laut Tinsa die Immobilienpreise im ersten Quartal unter den Vorjahreswerten liegen. Am stärksten gefallen sind die Preise in Ciudad Real (minus 11,9), Cáceres (minus 9,2) und Guadalajara (minus 6,3 Prozent).
Es gibt aber auch warnende Stimmen. „Es hat keinen Wert, von einer Immobilienblase zu sprechen, wenn sie bereits kurz vorm Platzen ist“, sagte Juan Fernández-Aceytuno, Geschäftsführer der Taxierungsgesellschaft ST-Sociedad de Tasación. In Madrid und Barcelona gebe es sehr wohl eine Überhitzung und Überbewertung des Marktes, was durchaus in eine Blase münden könne.
Tinsa-Marketingdirektor Pedro Soria gehört ebenfalls zu den Warnern. In Madrid und mit Abstrichen auch in Barcelona gebe es Wohngegenden, in denen die Preise über 20 Prozent angezogen hätten. „Das sind langsam schon besorgniserregende Werte“, sagte Soria. Zumal sich diese Tendenz auch in den Städten abzuzeichnen beginne, „die touristisch attraktiv sind“.
Analog zu den Immobilienpreisen sind die Mieten gestiegen, was zunehmend zu einem sozialen Problem wird. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen, doch Plattformen wie Fotocasa oder Idealista gehen aufgrund ihrer Immobilienanzeigen davon aus, dass die Mieten im vergangenen Jahr zwischen 8,9 und 18,4 Prozent gestiegen sind. Und so häufen sich die Zwangsräumungen, weil die Miete nicht gezahlt werden kann.
Inzwischen gehen im Schnitt sechs von zehn Zwangsräumungen in Spanien darauf zurück, wie aus Daten des Obersten Justizrats (CGPJ) hervorgeht. In Madrid und Barcelona, wo in einigen Wohngegenden die Mieten schon längst wieder über dem Niveau von 2007 liegen, machen Zwangsräumungen infolge von Mietschulden sogar schon 80 Prozent der Fälle aus.
In bevorzugten Städten des Landes müssen Wohnungssuchende bereits ein „Casting“über sich ergehen lassen, wie man es in Deutschland von Berlin, München oder Hamburg kennt.